Gunzenhäuser Einzelhandel gegen Fußgängerzone am Marktplatz

30.1.2015, 07:00 Uhr
Gunzenhäuser Einzelhandel gegen Fußgängerzone am Marktplatz

© Atelier Braun

Erika Gruber, die Vorsitzende des örtlichen Einzelhandelsverbands und Vizepräsidentin der Industrie- und Handelskammer Nürnberg für Mittelfranken, bringt die Sorgen der Geschäftsinhaber auf den Punkt: "Eine Fußgängerzone wäre für die Innenstadtbetriebe eine Katastrophe!"

In einem Gespräch mit unserer Zeitung skizzierte Gruber zusammen mit ihrem Stellvertreter Harald Braun und Uwe Werner, dem Bezirksgeschäftsführer des Handelsverbands Bayern (HBE), die negativen Auswirkungen einer Fußgängerzone auf den Handel. Werner verwies dabei auf einschlägige Untersuchungen des Handelsverbands, wonach Ortschaften mindestens 20.000 Einwohner haben müssen, damit sich eine Fußgängerzone möglicherweise rechnet. Gunzenhausen mit seinen rund 16.000 Bürgerinnen und Bürgern sei hierfür einfach zu klein. Das gute Vierteljahr, in dem Urlauber die Stadt bevölkern, reiche nicht aus, um eine Fußgängerzone zu rechtfertigen.

Auch das Verkaufsflächenverhältnis von rund 11.000 Quadratmetern in der Innenstadt und über 35.000 Quadratmetern in den Außenbereichen ist für Werner ein Grund, warum ein Fußgängerbereich in der Altmühlstadt „nicht funktionieren kann“. Es sollte maximal das 1,4-Fache betragen, in Gunzenhausen komme man auf einen über dreifachen Wert.

Multifunktionalität sichern

Und noch eine weitere Voraussetzung, nämlich mindestens ein großer Magnetbetrieb, der Frequenz in das Zentrum „reinschaufelt“, sei nicht gegeben. „Man kann nur eine Fußgängerzone machen, wenn massiv was los ist in der Stadt“, sagte Werner. Dies – und darauf verwiesen auch Gruber und Braun – sei in Gunzenhausen außerhalb der Fremdenverkehrssaison schon jetzt nicht der Fall. Sperre man das Gunzenhäuser Geschäftszentrum für den Fahrverkehr zu, dann nutzten die Kunden vermehrt die Einkaufsmöglichkeiten am Stadtrand oder in benachbarten Städten und die Innenstadt blute aus.

Außerdem müsse man auch an die älteren Mitbürger denken, die ihre Einkäufe nicht weit durch die Stadt schleppen können oder wollen. Die Innenstadt müsse für den Verkehr erreichbar bleiben und die motorisierten Kunden dürften nicht ausgegrenzt werden. Die Erfahrung zeige, dass Einkaufswillige, die ihr Ziel nicht wie gewünscht erreichen können, nur einmal kommen und dann nicht wieder. Wie Harald Braun ergänzte, wurde von der Stadt viel Geld in die Hand genommen, um den Marktplatz attrativ zu machen. Es dürfe nicht sein, ihn jetzt „in Schönheit sterben zu lassen“.

Für die drei Repräsentanten des Handels gilt es, die Multifunktionalität des Stadtzentrums mit den Faktoren Handel, Dienstleistung, Handwerk, Gastronomie, Behörde, Kultur, Wohnen und Verkehr zu sichern. Nur mit der Gesamtheit aller Nutzungen und mit einer ausgewogenen Struktur bleibe die Innenstadt wettbewerbs­fähig und behaupte dauerhaft ihren erfolgreichen Platz in der Region. Es gelte, die Angebotsvielfalt, die das Stadtbild präge, zu erhalten.

Dass kommunalpolitisch Verantwortliche mit ihrem Wunsch nach einer Flaniermeile gründlich danebenliegen können, zeigen für Gruber, Braun und Werner benachbarte Städte wie Roth, Ansbach oder auch Weißenburg, wo die betroffenen Geschäftsinhaber schwer unter der Bürde der mangelnden Kundenfrequenz ächzen oder ihre Läden schon ganz zugesperrt haben. Und wenn sich die Zahl der Leerstände mehre, dann breite sich diese Entwicklung immer weiter aus. Ein Umdenken sei unlängst in Fürth eingetreten, wo ein Teilbereich der Fußgängerzone wieder für den Fahrverkehr geöffnet wurde, um den dortigen Geschäften das Überleben zu sichern.

Gruber, Braun und Werner können sich nicht vorstellen, dass die Gunzenhäuser Innenstadt-Gastronomie von einer Fußgängerzone profitieren würde. Sie lebe auch von der Frequenz, die ein gesunder Handel mit sich bringe. Gut für das Stadtzentrum sei nach wie vor der traditionelle Donnerstag-Markt.

Weitreichende Konsequenzen

Die drei Sprecher der Geschäftswelt legten Wert auf die Feststellung, dass die inhabergeführten Einzelhandelsläden bereits massiv durch den boomenden Online-Handel belastet sind. Zusätzliche Negativ-Faktoren wie eine Innenstadt ohne Autos könne man nicht mehr schultern. Was den Geschäftsinhabern zudem unter den Nägeln brennt, ist laut Harald Braun die fortwährende Planungsunsicherheit. „Wir können so nicht weitermachen“, fordert er verlässliche Rahmenbedingungen für den Handel. Gut wäre es gewesen, wenn sich die SPD mit den Wirtschaftsverbänden zusammengesetzt und deren Meinung zum Thema Fußgängerzone gehört hätte. Stattdessen wolle man in das „Herz der Stadt“ eingreifen, ohne mit den Betroffenen gesprochen zu haben.

Sollten Betriebe wegen der Fußgängerzone mangels Rentabilität zusperren müssen, dann hätte dies nach Überzeugung Grubers, Brauns und Werners weitreichende Konsequenzen. Nicht nur, dass der Stadt Gewerbesteuerzahler verloren gehen, auch der derzeit noch gesunde Branchenmix und damit die Attraktivität der Innenstadt schwinde und es müsse um Arbeits- und Ausbildungsplätze gefürchtet werden. „Schon zehn bis 15 Prozent weniger Kundenfrequenz bedeuten zehn bis 15 Prozent weniger Umsatz und damit die Gefahr, dass man in die Verlustzone kommt“, rechnete Uwe Werner vor. Fehle die Kundschaft, dann sei dies schnell der Fall. Darüber müssten sich die Befürworter der Fußgängerzone im Klaren sein.

Laut Erika Gruber traten nach Bekanntwerden des SPD-Vorstoßes bereits zahlreiche besorgte Geschäftsinhaber an sie und Harald Braun heran. Eine Unterschriftenaktion kontra Fußgängerzone unterstreiche die Bedenken der Betroffenen. Auch vorübergehende Lösungen wie beispielsweise eine Sperrung nur in den Sommermonaten seien nicht zu begrüßen, denn: „Wenn die Kunden weg sind, dann sind sie auf Dauer weg.“ Die Stadt brauche den Handel, und der Handel brauche die Stadt. Wichtig sei, dass die Innenstadt als das Herz des Mittelzentrums Gunzenhausen für Alt und Jung attraktiv bleibt.

Keine Kommentare