Gunzenhausen: Buchhändlerin wird Opfer von Trickbetrügern

21.2.2019, 18:07 Uhr
Gunzenhausen: Buchhändlerin wird Opfer von Trickbetrügern

© Jürgen Eisenbrand

Tatort Gunzenhausen, Weißenburger Straße: Ein hagerer, etwa 1,90 Meter großer Mann betritt Melena Renners kleinen, verwinkelten Buchladen und steigt forsch die wenigen Treppen in Richtung Kasse hoch. "Das war sehr untypisch für einen Kunden", sagt Renner, "normalerweise zögern die Leute etwas und schauen sich um." Und deshalb, sagt sie, "hat sich sofort mein Bauchgefühl gemeldet".

Der etwa 35 Jahre alte Mann spricht die Buchhändlerin in gebrochenem Deutsch an – und wechselt dann sehr schnell ins Englische: "Er sagte, er wolle ein Buch für seinen Großvater", erinnert sich Renner. Deshalb sei sie zum großen Büchertisch im Kassenraum gegangen, um ihn dort zu beraten. "Und weil ich so ein komisches Gefühl hatte, hab’ ich die Kasse abgesperrt und den Schlüssel in die Hosentasche gesteckt."

Der dubiose Kunde in der schwarzen Lederjacke ist jedoch mit dem Ort des "Beratungsgesprächs" nicht zufrieden; er erscheint ihm offenbar zu zentral gelegen. Also schwenkt er rasch um und fragt, nachdem er einen schnellen Blick in die etwas abseits gelegene Kinderbuchabteilung geworfen hat, plötzlich nach Lesestoff für einen 8-Jährigen. "Von dort aus kann ich nicht in Richtung Kasse schauen, er hat mich ganz bewusst ins hinterste Eck gelockt", sagt Renner.

Trotzdem fühlt sich die junge Geschäftsfrau, die die Traditions-Buchhandlung 2016 übernommen hatte, noch auf der sicheren Seite. "Der Mann wirkte nicht bedrohlich, ich hatte keine Angst", sagt sie. Außerdem ist sie sich absolut sicher, mit dem hageren Mann alleine im Laden zu sein. "Denn ich hätte es ja gehört, wenn die Ladentür gegangen wäre; sie quietscht nämlich beim Öffnen immer ein bisschen." Doch das erweist sich als fatale Fehleinschätzung.

Denn vermutlich hatte ein Komplize des "Kunden" schon mit ihm das Geschäft betreten, hatte sich kurzzeitig versteckt — und war dann, als Melena Renner außer Sicht war, auf Beutezug gegangen. Zwar ist die Kasse versperrt, aber in der nur mit einem Vorhang abgetrennten Teeküche liegen die Einnahmen der letzten drei Tage in einem Regal — und der Trickdieb greift zu. Anschließend gibt er dem vermeintlichen Käufer ein Zeichen, der verabschiedet sich abrupt von Renner — und beide machen sich aus dem Staub.

Melena Renner sieht den Komplizen auch beim Weggehen nicht, ahnt demzufolge auch nicht, dass sie gerade Opfer einer Straftat geworden war. Trotzdem greift sie zum Telefon – und ruft bei der Polizei an: "Ich wollte denen eigentlich nur sagen, dass sich hier eine verdächtige Gestalt herumtreibt, die mich gerade ausspioniert hat", sagt sie — und muss dabei unwillkürlich lachen, "weil das alles so makaber ist".

"Das schmerzt schon sehr"

Bei der Gunzenhäuser Polizei ist jedoch gerade die Meldung von einem Trickbetrug in einem Weißenburger Blumenladen eingegangen. Und weil die Beamten einen Zusammenhang vermuteten, soll Melena Renner als Zeugin aussagen und eine Täterbeschreibung liefern. Und erst als sie von diesem Fall hört, schaut die junge Mutter im Nebenraum nach — und entdeckt die Bescherung: Rund 1000 Euro sind verschwunden. "Das schmerzt schon sehr", sagt sie; zumal eine Versicherung dafür nicht aufkommt.

Das "Abenteuer" hat sie sichtlich gut überstanden, im Gespräch mit dem Altmühl-Boten wirkt sie aufgeräumt und entspannt. "Mein Bauchgefühl hat gestimmt", tröstet sie sich. Nur mit dem Komplizen habe sie nicht gerechnet. Sie will jetzt ihre Sicherheitsvorkehrungen weiter verbessern, und sie will offen mit dem Malheur umgehen: "Vielleicht kann ich ja so den einen oder anderen Kollegen vor dem gleichen Ärger bewahren."

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