Gunzenhausen: Hebammen schlagen Alarm

27.4.2017, 06:14 Uhr
Gunzenhausen: Hebammen schlagen Alarm

© Foto: dpa

"Noch mehr Dienst und weniger Bezahlung", so sieht Hebamme Claudia Junge die Neuregelungen. "Es wird positiv verkauft, in Wirklichkeit handelt es sich aber nur um Sparmaßnahmen", ist sie sich sicher. Ihre größte Sorge ist aber die Gefahr, dass schwangere Frauen künftig für die Geburt ihres Kindes bezahlen müssen.

Die geplanten Neuregelungen besagen nämlich neben einer Senkung der Vergütung, dass Beleghebammen im Schichtsystem in einer Klinik zukünftig nur noch zwei Frauen gleichzeitig betreuen dürfen. Jede weitere Leistung, selbst eine telefonische Beratung oder andere Hilfen in der Schwangerschaft und Wochenbettbesuche, sind dann nicht mehr mit den Krankenkassen abrechenbar.

"Der Rest zahlt selbst oder muss weggeschickt werden", befürchtet Junge. Eine kurzfristige Vertretung, beispielsweise bei überlanger Geburtsdauer, ist nicht mehr möglich. "Es kann sein, dass die Frauen oder Familien die Hebammenleistungen in der Klinik selbst bezahlen müssen. Die Frauen bleiben in ihrer Versorgung auf der Strecke."

In Bayern arbeiten 78 Kliniken ausschließlich mit Belegteams, nur 29 Kliniken mit angestellten Hebammen. "Wenn diese Regelungen durchgesetzt werden, steht die gesamte Versorgung in der Geburtshilfe vor dem Kollaps. Im Bezirk Mittelfranken gibt es nur im Klinikum Nürnberg Süd angestellte Hebammen", so die Beleghebamme und fragt weiter: "Was machen die Frauen, wenn sie weggeschickt werden? Wo gehen sie hin? In Kliniken die jetzt schon maßlos überlastet sind?"

2016 betreuten Claudia Junge und ihre Kolleginnen 600 Geburten im Klinikum Altmühlfranken Weißenburg. Die Tendenz ist steigend, auch aus dem Raum Gunzenhausen entbinden viele Frauen in der Großen Kreisstadt. "Bereits jetzt im April sind es 20 Geburten mehr als im Vorjahr", erklärt sie. Ihre Arbeit umfasst dabei viel mehr als die geburtshilfliche Betreuung. Sie beinhaltet die Schwangerenbegleitung, Geburtsvorbereitung, Wochenbettbetreuung und Begleitung der Eltern im Prozess des Elternwerdens.

"Wir sind ein tolles Team"

"Hier in Weißenburg läuft es gemeinsam mit Ärzten und Pflegekräften so gut. Wir sind ein tolles Team. Es ist eine richtige Oase für Familien", schwärmt sie. Und so soll es auch bleiben. Deshalb folgen die Weißenburger Beleghebammen dem Aufruf des Deutschen Hebammenverbandes (DHV), sich gegen die vorgeschlagenen Änderungen zu wehren. Sie bitten um Unterstützung und Solidarität, sich am 5. Mai an der Unterschriften- und Briefaktion an Gesundheitsministerin Melanie Huml und Ministerpräsident Horst Seehofer oder an der Online-Petition unter www.openpetition.de/petition/online/erhalt-der-beleghebammen, zu beteiligen.

Sie fordern, das gegenwärtige Belegsystem zu erhalten, die Vergütung der 1:1-Betreuung anzuheben und die Leistungsmenge nicht vertraglich einzuschränken, sonst könne es geschehen, dass Schwangere zukünftig die Kosten bei Beleghebammenhilfe selbst tragen müssten. Am Freitag, 19. Mai, wird eine Schiedsstelle entscheiden, ob die neuen Regeln kommen.

Als Hebammen am Klinikum Altmühlfranken sind derzeit neben Claudia Junge weitere sechs Frauen beschäftigt.

1 Kommentar