Gunzenhausen: Lange Wartezeiten beim Kinderarzt

2.12.2017, 18:29 Uhr
Gunzenhausen: Lange Wartezeiten beim Kinderarzt

© Bernd Wüstneck/dpa

Diese Zukunft der kinderärztlichen Versorgung war auch Thema einer Tagung von Pädiatern in Nürnberg vor wenigen Wochen. Dabei sei laut Frey schnell klar geworden, dass die Kinderärzte im gesamten Freistaat mit ähnlichen Problemen zu kämpfen haben: Die Vorsorgeuntersuchungen sind nicht nur mehr, sondern auch umfangreicher geworden. Neue Anforderungen und Vorgaben kamen hinzu. Auch die Zahl der empfohlenen Impfungen ist gestiegen.

Vor jeder Impfung steht ein Aufklärungsgespräch, das in der Regel etwa fünf Minuten in Anspruch nimmt. Nicht aber, wenn man die Sprache nicht versteht: "Dann dauert es eben eine halbe Stunde", erklärt Frey, der mittlerweile auch viele ausländische Kinder unter seinen kleinen Patienten hat. Teilweise fallen Termine komplett ins Wasser, weil der Dolmetscher oder auch die einbestellte Familie nicht erscheint. "Mit der Bürokratie hapert es da manchmal", so die Erfahrungen des Mediziners, der vor 14 Jahren die Praxis von Dr. Christoph Beck in der Altmühlstadt übernommen hat.

In den vergangenen Jahren zugenommen haben seiner Beobachtung nach auch die sozialen Probleme: Sei es das Einnässen von größeren Kindern, Schulprobleme, Angststörungen oder ein zu hoher Fernsehkonsum: "Da ist es gut und richtig, dass der Kinderarzt draufschaut, um dann eventuell Lösungen zu finden oder weitere Ansprechpartner zu empfehlen", ist der Vater von drei Kindern überzeugt. Solche Gespräche funktionieren aber nicht zwischen Tür und Angel, in der Regel sind dafür 30 Minuten eingeplant. Momentan beträgt die Wartezeit dafür allerdings rund zwei Monate. "Das ist nicht gut, vor allem bei Akutsachen müsste man viel schneller handeln. Sonst verschleppt sich das", gibt er zu bedenken.

Ein weiterer Grund für die große Nachfrage nach Kinderärzten ist eigentlich ein erfreulicher: Es gibt wieder mehr Nachwuchs. Bis November verzeichnet die Praxis im Vergleich zu 2016 ein Plus von 30 Prozent bei der U 3, die in der 4. oder 5. Lebenswoche eines Babys ansteht. Bisher hat Frey auch noch kein Kind abgewiesen: "Jedes Kind hat ein Recht auf Versorgung", lautet seine Prämisse. "Und noch schaffe ich es."

Gunzenhausen: Lange Wartezeiten beim Kinderarzt

© Tina Ellinger

Die Arbeitsbelastung versucht er, auf 50 Stunden pro Woche zu halten. Dabei kann er sich gut mit seinem Kollegen Dr. Johannes Gilles, der seit 2014 in Gunzenhausen praktiziert, verständigen. Dieser hat übrigens einen eingeschränkten Aufnahmestopp verhängt, das heißt, dass aktuell nur noch Geschwisterkinder als neue Patienten eine Chance haben. Seit April 2016 betreiben die beiden eine Praxisgemeinschaft, teilen sich also die Ausstattung in den neu bezogenen Räumen in der Bühringerstraße 13, wobei jeder seine Patienten betreut und sein eigenes Personal beschäftigt. Besonders bei Schließzeiten und Urlaubsvertretungen könne man sich aber gut abstimmen.

"Immer ungeplant"

Apropos Urlaub: Da gibt es in der Altmühlstadt auch noch eine kleine Besonderheit: Die Kinder der Seenlandklinik Lindenhof werden bei Bedarf ebenfalls bei den niedergelassenen Pädiatern vorstellig. Auch, dass im Sommer immer wieder Urlauber vor seiner Tür stehen, "ist hier regional eben so". Die könne man dann genauso wenig wegschicken wie Infekte: "Die kommen immer ungeplant."

Weil viele Eltern berufstätig sind und eine Bescheinigung für den Arbeitgeber brauchen, stünden sie bei Infekten auch schneller bei ihm auf der Matte als noch vor einigen Jahren. Zudem sei das Schulsystem so eng, dass die Jungen und Mädchen kaum mehrere Tage zuhause bleiben können und folglich schnell medizinische Hilfe brauchen.

"Da wird es dann schon manchmal etwas ungeordnet und man wünscht sich mehr Zeit für die Untersuchung und die Gespräche", gibt Frey zu. Trotzdem möchte er seinen Beruf nicht missen. "Ich würde es immer wieder und auch gerne machen", betont er und versucht zusammen mit seinem Kollegen Gilles auch den Mediziner-Nachwuchs von den Vorteilen einer Tätigkeit auf dem Land zu überzeugen.

Rein rechnerisch ist der Landkreis Weißenburg-Gunzenhausen mit fünf Kinderärzten (zwei in Gunzenhausen, zwei in Weißenburg, einer in Treuchtlingen) gut versorgt, die Quote liegt bei 119 Prozent. Die Grundlage für diese Zahlen stammen allerdings aus dem Jahr 1991, erklärt Frey und verweist auf den Treuchtlinger Kollegen, der die Altersgrenze bald erreicht, bisher jedoch keinen Nachfolger gefunden habe.

Einen solchen zu finden, ist gar nicht so einfach: 85 Prozent der Absolventen seien Frauen. "Und sie wollen in Teilzeit in einer Klinik arbeiten. Das geht nur in größeren Städten", weiß der Gunzenhäuser. Eine angestrebte Kooperation mit der Kinderklinik am Nürnberger Südklinikum soll hier ein Schritt in die Zukunft sein: Die Assistenzärzte sollen, so lautet der Plan von Frey und Gilles, einen Teil ihrer Ausbildung außerhalb der Klinik in ihrer Praxis absolvieren. "Das wäre eine Erleichterung für uns. Und vielleicht kann man so den einen oder anderen dauerhaft hierher locken."

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