Gunzenhausen: "Legionäre" gingen auf Premierenfahrt

3.6.2018, 16:33 Uhr
Gunzenhausen:

© Christoph Haller

Seit dem vorvergangenen Wochenende stand die F.A.N. auf einem dreiachsigen Trailer vor dem Altmühlsee-Café in Schlungenhof. Um es für die Premierenfahrt auf dem Altmühlsee fit zu machen, musste Prof. Boris Dreyer, der die F.A.N. ersann und mit ihrer Hilfe zahlreiche wissenschaftliche Erkenntnisse gewinnen konnte (wir berichteten), es zunächst einmal um etliche hundert Kilo erleichtern: Der schwere Mast musste raus — und auch mehrere hundert Liter Regenwasser, die sich im Rumpf angesammelt hatten. Also betätigten fleißige Helfer die mit Salatöl geschmierte Lenzpumpe, andere schöpften das Nass mit Eimern aus dem Boot.

Bugfahne gehisst

Nachdem die schweren hölzernen Ruder verteilt und die Bugfahne gehisst war, nahm der Schlungenhöfer Schiffsführer und Segelmacher Andreas Talar das Boot ins Schlepptau — wobei der von ihm gesteuerte SUV chinesischer Herkunft erkennbar an seine Grenzen kam.

Ganz langsam, Schritt für Schritt näherte sich der Schwertransport der Slipanlage, und nachdem er zwischen zwei Verkehrsschildern durchgefädelt worden war, ging es rückwärts in Richtung Wasser. Einer Schraube, die dabei auf dem Teer kratzte, rückte ein Helfer mit dem Gabelschlüssel zu Leibe, und so konnte Talar die hölzerne Kostbarkeite Zentimeter für Zentimeter ihrem natürlichen Element annähern — bis es endlich nicht mehr auf den Trailer angewiesen war.

Danach hieß es für 18 kräftige "Legionäre", auf den harten Ruderbänken Platz zu nehmen, wo sie von Dreyer in die Grundlagen der Nautik eingeweiht wurden: "Backbord ist in Fahrtrichtung links, Steuerbord rechts. Und gerudert wird synchron, wobei sich jeder am Schlagruderer orientiert."

Gunzenhausen:

© Jürgen Eisenbrand

Instruktionen, die zum sichtbaren Leidwesen des Professors nicht gänzlich auf fruchtbaren Boden fielen: So manchem Ruderer fiel es nach einigen Minuten schon schwer, steuerbord von backbord zu unterscheiden, und immer wieder kollidierten Ruderblätter, weil es mit der Gleichzeitigkeit der Schläge doch erheblich haperte. Für großes Hallo sorgten zudem mehrere gerissene Schnüre, mit denen die Ruder fixiert waren — was zur Folge hatte, dass die betroffenen Ruderer rückwärts von ihrer Bank purzelten. Und nach Art der Maikäfer nur sehr mühsam wieder nach oben gelangten.

Immerhin hatte Dreyer auch Positives zu vermelden: "Wir sind mit sechs Kilometer pro Stunde unterwegs", verkündete er etwa auf Höhe des Seezentrums, und das Wendemanöver einige hundert Meter weiter klappte bereits erstaunlich gut. Das Boot der Wasserwacht, das die Premierenfahrt der F.A.N. auf dem Altmühlsee begleitete, musste jedenfalls nicht eingreifen.

Mit etwas Mühe und einiger Hilfe vom Ufer aus gelang auch das Anlegen am Ende der etwa halbstündigen Rundfahrt unfallfrei, und die meisten der Ruderer machten Platz für die nächste Schicht. Einigen hatte das Pullen offenbar so viel Spaß gemacht, dass sie gleich noch eine Fahrt dranhängten.

Ob dieses Vergnügen am Altmühlsee freilich von Dauer sein beziehungsweise künftig regelmäßig stattfinden wird, ist noch offen. Zwar sucht Dreyer einen Heimathafen für "sein" Boot, und die Gunzenhäuser Segler sowie der Zweckverband Altmühlsee würden ihn auch gern als weitere Attraktion am See begrüßen. Allerdings führt der Althistoriker derzeit auch mit anderen potenziellen Standorten Gespräche: dem Dechsendorfer Weiher bei Erlangen, dem Sportboothafen und dem Dutzendteich in Nürnberg und dem Rothsee.

"Die hätten natürlich den Vorteil, dass sie näher an der Uni liegen", räumt Dreyer ein. Schließlich sei es schon ein Problem, seine Studenten von Erlangen ins 80 Kilometer entfernte Gunzenhausen zu karren. Er gibt aber auch zu, dass es ein Argument für den Altmühlsee gibt, das gerade für einen Geschichtswissenschaftler von Bedeutung ist: "Der historische Kontext."

Sprich: Da, wo heute der Altmühlsee ist, waren einst tatsächlich Römer ansässig. In Erlangen, Nürnberg oder am Rothsee hingegen nicht.

 

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