Gunzenhausen: Stadtbuslinie 642 wird eingestellt

20.3.2017, 17:36 Uhr
Gunzenhausen: Stadtbuslinie 642 wird eingestellt

© Tina Ellinger

Roland Dücker hatte im Haupt- und Finanzausschuss des Gunzenhäuser Stadtrats eine undankbare Aufgabe: Der kaufmännische Leiter der Stadtwerke, dem Betreiber des Öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) in der Altmühlstadt, musste ein deprimierendes Zahlenwerk präsentieren.

Denn: Nur 20 000 Fahrgäste nutzen die Linie 642 pro Jahr — lediglich ein Zehntel des Aufkommens der beiden anderen Linien (640 und 641). Während Letztere von täglich 588 beziehungsweise 470 Kunden genutzt werden, lassen sich aus "Worma" pro Tag nur 47 Personen in die Stadt chauffieren, aus Schlungenhof gar nur 17. Pro Fahrt tummeln sich also in den gut genutzten Linien 21 beziehungsweise 17 Passagiere, während sich im "Worma"-Express gerade mal vier Mitfahrer verlieren.

Entsprechend ernüchternd fallen die finanziellen Aspekte des Modellversuchs aus. Das für 2016 ohnehin bereits einkalkulierte Rekord-Defizit von 361 000 Euro (2015 waren es 300 000, 2014 "nur" gut 200 000), wurde noch einmal deutlich übertroffen: Da laut Dücker, anders als erhofft, keine Zuschüsse der Regierung flossen, wird es bei "über 400 000 Euro" liegen.

8 Euro Zuschuss je Ticket

Das bedeutet, dass die Stadtwerke — und damit die Stadt – jedes Busticket in Gunzenhausen mit 2,18 Euro subventioniert;kalkuliert waren lediglich 1,67 Euro (nach 1,53 Euro im Jahr 2015). Dabei unterscheiden sich die Zuschüsse, aufgeschlüsselt nach den drei Linien, gewaltig: Die "alten" benötigen eine Unterstützung von 1,50 Euro je Ticket, bei der "neuen" schießen die Stadtwerke nach neuesten Berechnungen satte 8 Euro je Fahrt zu. Und noch eine interessante Zahl: Während auf den Linien 640 und 641 immerhin 50 Prozent der Kosten über den Ticketverkauf wieder erwirtschaftet werden, sind es auf der 642er nur vier, laut Dückers aktuellsten Kalkulationen sogar lediglich ein Prozent.

"Die tatsächliche Nutzung der Lienie ist gering", fasste Dücker sein Zahlenwerk nüchtern zusammen. Und "selbst bei einer Steigerung um 10 Prozent läge die Frequentierung weit hinter den Erwartungen". Diesen Zuwachs halten erfahrene VGN-Experten für das maximale Wachstum, das auf einer Buslinie zu erwarten sei. "Fahrgastzahlen und Defizit stehen in keinem vertretbaren Verhältnis", sagte der Stadtwerke-Chef abschließend und empfahl "als Betreiber des Stadtbusverkehrs in Gunzenhausen, den Linienbetrieb nach der Probephase nicht fortzuführen".

Ein Urteil, dem sich die sichtlich enttäuschten Stadträte letztendlich nicht verschließen konnten. "Ich kämpfe ja seit langem für einen bedarfsgerechten ÖPNV für die Ortsteile", sagte Dr. Werner Winter. Aber auch der Unterwurmbacher musste vor den "klaren Zahlen" kapitulieren. Dennoch: "Abschaffen alleine ist zu wenig", sagte der Freie Wähler, denn er ist sich sicher: "Es gibt den Wunsch nach einer ÖPNV-Anbindung, auch wenn sie derzeit nicht so stark genutzt wird." Deshalb bat er darum zu untersuchen, ob es nicht andere Modelle gebe, die für Gunzenhausen sinnvoll seien, etwa Rufsysteme wie den "Flexibus", der in Schwaben offenbar erfolgreich unterwegs ist.

"Sehr ernüchternd"

CSU-Stadtrat Friedrich Kolb nannte Dückers Zahlen "sehr ernüchternd" und zeigte sich "überrascht, dass das Angebot so wenig genutzt wird". Der Grüne Peter Schnell konstatierte: "Die Zahlen sprechen eine deutliche Sprache." Wie seine Vorredner forderte auch er, dass "eine Beerdigung nicht das letzte Wort sein" könne. Hans-Peter Neumann (SPD) nannte die Fahrgast-Bilanz "relativ eindeutig" und stellte die Frage nach den Ursachen.

Die Schlungenhöfer Ortssprecherin Ella Reichardt fand es schlicht "schade, dass das Angebot nicht angenommen wird", obwohl "wir es mords beworben haben". Darin war sie sich mit Bürgermeister Karl-Heinz Fitz sicher einig, der freilich betonte, dass man nun "den Realitäten ins Auge blicken" müsse. Er nutzte die Diskussion auch für deutliche Kritik am Landkreis: Die Einstellung sei ein Signal, dass der sich mehr einbringen müsse. Denn: Er erhalte ÖPNV-Zuschüsse von der Regierung, die er je zur Hälfte (40 000 Euro) an die Städte Weißenburg und Gunzenhausen weiterreiche. Und das, obwohl deren Aufwand im Verhältnis von 25:75 zueinander stehe.

Der Ausschuss beschloss eine Empfehlung an den Stadtrats, die Buslinie 642 im Herbst einzustellen. Die Verwaltung soll sich nach einer Alternative umzusehen.

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