Gunzenhäuser Bahnleiche: Lebenslange Haft für Haupttäter

3.6.2015, 18:29 Uhr
Gunzenhäuser Bahnleiche: Lebenslange Haft für Haupttäter

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Für diese Tat im Juni 2014 muss der Haupttäter Alek­sandr. M. wegen Mordes lebenslänglich hinter Gitter, sein Mittäter Viktor H. wegen gefährlicher Körperverletzung 18 Monate, und die zur Tatzeit erst 16 Jahre alte Gunzenhäuserin Claudia T. (Name geändert) wurde im Prozess um die „Gunzenhäuser Bahnleiche“ zu einem Jahr Jugendstrafe wegen gefährlicher Körperverletzung verurteilt – auf Bewährung.

Damit ging Richter Jürgen Krach teilweise über die Forderung von Oberstaatsanwalt Alfred Huber hinaus: Der hatte für Aleksandr M. 15 Jahre Haft wegen Totschlags, für Viktor H. dreieinhalb und für Claudia T. eine Bewährungsstrafe gefordert.

Der 36 Jahre alte Hauptangeklagte habe in der Obdachlosenunterkunft ein wahres „Terrorregime“ errichtet, er sei der „Herrscher“ in dem Haus in der Nürnberger Straße gewesen, so Huber. In der Sozialeinrichtung habe es ein „Klima von Angst und Gewalt“ gegeben. Zeugen hatten während des Prozesses erzählt, dass Aleksandr M. immer wieder unter Androhung von Gewalt Geld von Bewohnern eintrieb. Sein späteres Opfer Frank G. habe sich zeitweise gar nicht mehr in die Unterkunft gewagt, sagte die Wirtin seines Stammlokals aus.

Die „Freundin des Chefs“

Viktor H., ebenfalls 36, sei, so Huber, lediglich ein Helfer seines russischen Landsmanns gewesen, ein Mitläufer, aber eben auch gewaltbereit. Für ihn forderte der Oberstaatsanwalt dreieinhalb Jahre Haft. Claudia T. sei als „Freundin des Chefs“, also des Hauptangeklagten, aufgetreten.

Die stämmige junge Frau, die die Schule in Gunzenhausen abgebrochen hatte, habe nach Problemen mit dem Elternhaus und mit diversen Heimen eine laut Gutachter „schwer nachvollziehbare Faszination für das Obdachlosenmilieu“ entwickelt, ist Huber überzeugt. Bei ihr plädierte er auf eine Jugendstrafe von zwei Jahren auf Bewährung.

Ein weiterer psychiatrischer Gutachter attestierte dem Hauptangeklagten eine Alkohol­abhängigkeit und einen „Lebensstil von Gewalt“. Der 36-Jährige sei es gewohnt, Konflikte mit Gewalt zu lösen.

Der Angeklagte habe in Russland die Schule ohne Abschluss verlassen und mit 18 Jahren in einer Wodka-Fabrik gearbeitet. Sein Alkoholkonsum habe sich dadurch auf ein bis zwei Flaschen Wodka am Tag erhöht. Obwohl der 36-Jährige auch bei der Tat im Juni 2014 betrunken war, habe er ein „planvolles Verhalten“ gezeigt, so der Gutachter. Sprich: Er habe noch begriffen, was geschah, und konnte die Geschehnisse aus psychiatrischer Sicht noch wahrnehmen.

Die Idee, das Opfer auf die Bahngleise zu zerren und so die Tat wie einen Unfall aussehen zu lassen, stammte freilich von Claudia T., wie sie im Verlauf des Prozesses einräumte.

Vor dem Prozess untergetaucht

Das Verfahren machte nicht nur wegen des jugendlichen Alters der weiblichen Angeklagten Schlagzeilen, sondern auch, weil die am ersten Prozesstag nicht vor Gericht erschienen war.

Auf der Zugfahrt von einer Jugendhilfeeinrichtung in Niederbayern zum Prozess nach Ansbach war sie untergetaucht, nach wenigen Stunden aber im Umfeld der Obdachlosenunterkunft in Gunzenhausen von der Polizei geschnappt und in Untersuchungshaft genommen worden. Als einzige der Prozessbeteiligten hatte sie vor Gericht umfassend ausgesagt und dabei auch eingestanden, auf das spätere Opfer eingetreten zu haben. Ihre Begründung damals: „Ich wollte auch dazugehören.”

Überhaupt seien in dem Obdachlosenheim „alle so nett gewesen“, sodass sie sich dort wohler fühlte als zu Hause bei ihrer Familie. Auch das Opfer des tödlichen Streits, bezeichnete Claudia T. als „einen netten Kerl“.

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