Gunzenhäuserin feiert "Nierenjubiläum"

7.10.2017, 07:08 Uhr
Gunzenhäuserin feiert

© Tina Ellinger

Schließlich wusste bei der Transplantation niemand, wie lange das fremde Organ hält. "Im Durchschnitt sind es elf Jahre", hat Sabine Fischer-Kugler rechecheriert. Ein zentrales Register gibt es allerdings nicht und mit ihren 25 Jahren hat sie auch noch längst nicht die älteste Spenderniere. Wie sie im Erlanger Transplantationszentrum erfahren hat, wurden dort im Sommer 1980 zwei Patienten transplantiert, die heute 74 und 84 Jahre alt sind und nach wie vor mit ihrer neuen Niere leben. "Da muss ich mich noch ein bisschen anstrengen", lacht die lebenslustige 50-Jährige.

Regelmäßige Untersuchungen

Die Gefahr, dass das Organ abgestoßen wird, ist immer da – auch nach 25 Jahren sieht der Körper es als fremd an, erklärt Sabine Fischer-Kugler, die täglich eine Vielzahl von Medikamenten schlucken muss, um genau das zu verhindern. Dafür muss unter anderem das Immunsystem heruntergefahren werden. Ein echter Balanceakt, darf es doch nicht zu viel, aber auch nicht zu wenig "gedrückt" werden. Um sicher zu gehen, dass sämtliche Werte im grünen Bereich liegen, steht alle acht Wochen eine Blutuntersuchung an. "Da denkt man dann wieder an die Niere, ansonsten lässt es einen der Alltag eigentlich vergessen", erzählt die leidenschaftliche Musikerin, die seit Jahren mit viel Herzblut den Posaunenchor Gunzenhausen leitet.

Aufgefallen ist ihre Krankheit bei der Einstellungsuntersuchung vor Beginn ihrer Ausbildung. Die Ärztin stellte eine Nierenerkrankung bei der damals 16-Jährigen fest. Weitere Tests ergaben, dass sie an einer Nierenkörperchenentzündung leidet, die zunächst mit Medikamenten behandelt wurde. Leider ohne Erfolg. Als ihre Nieren schließlich den Dienst komplett versagten, blieb ihr mit 20 Jahren nur der Gang zur Dialyse. Fünf Jahre lang musste sie dafür drei mal die Woche nach Ansbach fahren. Fünf Stunden dauerte die Blutwäsche jedes Mal. "Das war wie ein Arbeitstag."

Wirklich gerne erinnert sie sich nicht an diese Zeit, war sie doch mit riesigen Einschränkungen sei es beim Essen oder der Freizeit- und Urlaubsgestaltung verbunden. "Das zehrt am Körper", erklärt die quirlige Sozialversicherungsfachangestellte, die sich nicht vorstellen möchte, was weitere 25 Jahre an der Dialyse mit ihr gemacht hätten.

Doch so weit musste es nicht kommen: Nach fünf Jahren erhielt sie den erlösenden Anruf, dass ein geeignetes Organ für sie gefunden wurde. Die gespendete Niere schenkte ihr 1992 eine ganz neue Lebensqualität und vor fast 17 Jahren ging dann auch noch einer ihrer größten Wünsche in Erfüllung: Sohn Lukas kam auf die Welt. Für Sabine Fischer-Kugler steht daher fest: "Es lohnt sich, sich über Organspende Gedanken zu machen und das auch mal in der Familie zu thematisieren." Letzteres sei schon alleine deshalb so wichtig, damit man die Einstellung der nächsten Verwandten einschätzen könne.

In Deutschland gilt die sogenannte Entscheidungslösung (siehe gelben Kasten), das heißt: Wer spenden will, muss diesen Wunsch ausdrücklich formulieren. Seit November 2012 sind Krankenkassen verpflichtet, die Versicherten ab 16 Jahren regelmäßig über das Thema zu informieren. Auch ein Organspendeausweis ist diesem Schreiben jedes Mal beigefügt.

Andere Länder regeln Organspende über die Widerspruchslösung oder die Zustimmungslösung – und ihre Zahlen sprechen für Sabine Fischer-Kugler eine eindeutige Sprache: Während in Deutschland im letzten Jahr laut der Deutschen Stiftung Organtransplantation (DSO) rund 7600 Menschen auf eine neue Niere warteten, waren es im Nachbarland Österreich nur 574 und in Belgien 742.

Lange Warteliste

"Man bräuchte auch bei uns ein anderes System, das ließe sich sicherlich regeln", ist die 50-Jährige überzeugt, die aber auch genau weiß, dass "da viel Geld dahintersteckt" — und deshalb wohl unterschiedlichste Interessen. So sind pro Sitzung an der Dialyse etwa 200 Euro fällig, plus Fahrtkosten, die ebenfalls von der Kasse übernommen werden. Die Kosten für eine Transplantation werden mit rund 50 000 bis 65 000 Euro angegeben, was grob zwei Jahren an der Dialyse entspricht. Die durchschnittliche Wartezeit für eine neue Niere beträgt momentan zwischen sieben und neun Jahren, vor 25 Jahren, als Sabine Fischer-Kugler noch auf der Liste stand, waren es drei bis fünf Jahre.

Egal, wie die persönliche Einstellung zur Organspende aussieht, der Wunsch des Betroffenen müsse respektiert werden, betont sie. Angehörige seien sonst mit der Situation schnell überfordert, im Fall des Falles eine Entscheidung treffen zu müssen.

Dafür aber sollte man seinen Willen kundtun und im Idealfall schriftlich festhalten. Sabine Fischer-Kugler jedenfalls ist sehr dankbar für die vergangenen 25 Jahre: "Meine Spenderin war 35 Jahre alt und irgendwie lebt sie in mir weiter."

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