Hausmusik von "Hallelujah" bis zum "Postman"

12.6.2018, 06:06 Uhr
Hausmusik von

© Reinhard Krüger

Es fing alles mit einem Glas Wein zur vorgerückten Stunde an. Ekkehard Lindauer feierte seinen Geburtstag und wollte anstelle von Geschenken musikalische Beiträge seiner Gäste. Gesagt und umgesetzt: Es wurde eine lustige, unvergessliche Geburtstagsfeier, und Peter Schnell von der Kulturmacherei Gunzenhausen regte erfolgreich an: "Das müsst ihr öffentlich machen." Herausgekommen ist ein Format, das sich "Hausmusikabend" nennt und bewusst den öffentlichen Raum beansprucht. Musizieren in einer sozialen Gemeinschaft, die eines eint: die Leidenschaft für Musik und die Lust, andere Leute damit zu unterhalten.

Es sprach sich schnell herum, dass Musikanten "beim Kleemanns Karl" aufschlagen, die Straßen waren zugeparkt, und bis auf ganz wenige Ausnahmen waren alle Plätze im Saal restlos vergriffen. Und wer gekommen war, musste es nicht bereuen, im Gegenteil: Sigrid Popp, engagierte Chorleiterin und Organistin in Pfofeld und Thannhausen, neben Ekkehard Lindauer die treibende Kraft dieses Abends, brachte es auf den Punkt: "Zu perfekt ist auch nicht schön." Alles sind Laien, jeder brachte das ein, was er oder sie kann, und oftmals waren gleich mehrere Talente in einer Person vereint.

Mit dem bekannten "Gut, wieder hier zu sein, gut, euch zu sehen" von Liedermacher-Ikone Hannes Wader ging es los. Alle 21 Musikanten und Sängerinnen versammelten sich auf der Bühne, Andreas Drexler und Gerhard Hetzner spielten Gitarre, und die Siggi, wie sie nur gerufen wird, dirigierte. So mancher im Publikum sang leise oder auch laut den Refrain mit, während Uli Philipp, Matthias Witte und Christian Schäble als Solisten fungierten. Ein gelungener Türöffner.

In seiner launigen Begrüßung verriet Ekke Lindauer das Geheimnis der unterschiedlichen Stile und Darbieter. Jede Gruppe, jeder Musiker probte für sich, man sah sich erst bei der Generalprobe, "da passte noch vieles nicht". Den Anspruch, etwas Gehaltvolles zu präsentieren, hatten alle, das spürte man, und wenn trotzdem ein Ton etwas schräg daherkam – Schwamm drüber, weitermachen.

Die Stilrichtungen und Interpreten konnten unterschiedlicher kaum sein, und genau das machte den Reiz aus. Mal ging es "nackig durch den Englischen Garten" beim Gassenhauer "Is wieder Sommer" der Spider Murphy Gang (Gerhard Hetzner und Karl-Heinz Popp), mal sehr gefühlvoll geradezu gehaucht von den beiden Männern das "Hallelujah" des Songpoeten Leonhard Cohen — Gänsehautfeeling im Kleemann-Saal. Dazwischen Eigenkompositionen von Arnold Iffland und Claudia Schlegel am Flügel oder eben altersbedingte Kontraste: Der 71-jährige Gerhard Hetzner an der Gitarre musizierte zusammen mit dem 16-jährigen Niklas Holzinger am Saxofon. Hausmusik pur.

Komödiantisch und sängerisch top präsentierten sich die "Pfofelder Nachtigallen" mit Sigrid Popp, Doris Lutz, Ulla Klapps und Christa Goppel. Ihr bitterböses Lied "Aber mir reichts" erzählt von dem Leid, immer betrogen zu werden — kurzerhand befördern sie ihre treulosen Gatten ins Jenseits. "Wieder mal zu haben", hieß es danach treffend in dem Lied.

Ganz anderes und sehr nachdenklich ging es bei Andreas Drexler an der Bassgitarre und Martin Leiß am Flügel zu. Sie nahmen sich das traurig-nachdenkliche "Jeder Tag zählt" der österreichischen Gruppe STS vor. Sie sangen gegen die Oberflächlichkeit, und davon, wie schnell alles aus sein kann: "I will vom Leben alles kriagn, was i kann. Keine kalte Nacht, keinen Sonnenaufgang versäumen."

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© Reinhard Krüger

Ein Frauenchor mit Margot Mossner und Ulrike Philipp sang hingebungsvoll den Oldie der Gruppe The Marvelettes "Please Mr. Postman" aus dem Jahr 1961, während ein original angezogener Postler Briefe austrug.

Musik-Tausendsassa Ekkehard Lindauer spielte unter anderem Akkordeon, Bratsche, Gitarre und sang natürlich. Diesmal wagte er sich mit tatkräftiger Unterstützung von Matthias Scherzer an der Gitarre an Klezmermusik, die vor allem osteuropäische Juden ins Land brachten. Friesisch-herb ging es zu bei Björn Busse, der das Lied "Dat du men Liebste bist" von Hannes Wader zum Besten gab.

Mal sang ein Chor (Doris Lutz, Monika Iffland, Margot Mossner, Ulrike Philipp, Ulla Klapps, Claudia Schlegel, Alexandra Büchler, Ursula Drexler, Björn Busse, Karl-Heinz Popp, Ekkehard Lindauer, Matthias Scherzer, Matthias Witte, Andreas Drexler, Christian Schäble und Gerhard Hetzner), mal nur wenige, und mal trat Hausherr Karl Kleemann höchstpersönlich auf. Er ließ es sich nicht nehmen, Siggi Popp an seinem eigenen Flügel zu begleiten, während sie ein Stück aus dem "Phantom der Oper" bis in schwindelerregenden Höhen sang. "Hit The Road Jack" sang meisterhaft Alexandra Büchler, während Doris Lutz und Monika Iffland solistisch beim ABBA-Song "I Have A Dream" hervortraten. Es war von allem etwas dabei, und das tat gut.

Musikalisch wie sängerisch brauchten sich die Akteure vor keinem verstecken, was sie mit dem Schlusslied "We Are The World" sichtbar zum Ausdruck brachten. Und damit alles auch gut zu verstehen war, verkabelte Robert Walch Mikrophone und sorgte für gutes Licht. Es hat einfach Spaß gemacht, zuzuhören, zu klatschen und den Leuten zu danken. Die Akteure opferten ihre Freizeit, um anderen eine Freude zu bereiten. Hausmusikabend eben.

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