In Absberg mehr als eine Bleibe gefunden

7.5.2017, 07:15 Uhr
In Absberg mehr als eine Bleibe gefunden

© Tina Ellinger

Es war unter anderem der Glaube, weshalb das Mädchen und seine Familie den Iran verlassen mussten. Shamims Vater Vahab hat sich im August 2015 taufen lassen — heimlich, gilt das Konvertieren in seiner Heimat doch als Kriegserklärung an den Islam.

Ebenso im Verborgenen finden die Treffen der Christen statt, in sogenannten Hauskreisen kommen sie zusammen, reden über Gott und beten gemeinsam. Doch solche Hauskreise sind verboten, lässt Vahab über den Dolmetscher, einem Freund aus Berlin, der über das Handy zugeschaltet ist, erklären. Seiner Frau Monire wird vorgeworfen, in ihrem Friseursalon islamische Frauen für den christlichen Glauben zu gewinnen. Auf dieses "aktive Evangelisieren" stehen harte Strafen.

Ferienwohnung bezogen

Die Situation spitzte sich immer mehr zu, sodass die Familie Ende 2015 Richtung Deutschland aufbrach. Nie habe er gedacht, sein geliebtes Land verlassen, seine gesicherte Existenz aufgeben zu müssen, denkt Vahab an diese weitreichende Entscheidung zurück. "Ein Jahr, fünf Monate und sieben Tage" sind sie nun schon hier, kommt es von Shamim wie aus der Pistole geschossen. Die 14-jährige fühlt sich sichtlich wohl am großen Küchentisch der Familie Walter aus Absberg. Dort haben die Iraner im Januar 2016 eine der vier Ferienwohnungen bezogen. "Eigentlich wollten wir nur über den Winter Flüchtlinge aufnehmen", erinnert sich Helga Walter schmunzelnd.

Doch dann habe sich die Sache ganz anders entwickelt: Die Walters — vom Ehepaar Fritz und Helga bis zu den drei Töchtern Sandra, Steffi und Katrin — freundeten sich mit Shamim, ihren Eltern und ihrem zwölfjährigen Bruder Aryan an. "Sie gehören jetzt zur Familie", betont Steffi Walter. Deshalb war es für sie und ihre Mutter auch keine Frage, das Patenamt für Shamim, Monire und Ayran zu übernehmen, die sich Ostern 2016 haben taufen lassen. Und selbstverständlich waren sie auch bei Shamims Konfirmation letzten Sonntag in der Absberger Christuskirche mit von der Partie. Gefeiert wurde, wie es in der Region üblich ist, mit einem Festgottesdienst, mit Mittagessen und Kaffeetrinken. Nicht zu vergessen die Geschenke: "Sie hat viel Post bekommen", freut sich Altbürgermeister Fritz Walter, dass die Flüchtlingsfamilie in Absberg gut aufgenommen wird.

Vor allem die Kinder haben schnell Anschluss gefunden: Shamim spielt in der Gitarrengruppe von Pfarrer Dietmar F. Schuh mit, Ayran verstärkt die Reihen der Fußballer und ist zusammen mit seinem Vater bei den Bogenschützen aktiv. Auch die Sprachbarriere wird immer kleiner: Der Nachwuchs kann sich nicht zuletzt dank des Schulunterrichts in Gräfensteinberg mittlerweile sehr gut verständigen, und die Erwachsenen sind ebenfalls eifrig am Lernen. Viermal in der Woche besuchen sie den Deutschkurs in Gunzenhausen und machen große Fortschritte.

Nach Ende des Kurses könnte sich Vahab eine Arbeit suchen, außerdem möchte der Automechaniker seinen Führerschein machen. Inzwischen hegt und pflegt er einen kleinen Gemüsegarten, den er sich bei den Walters angelegt hat. Die Zukunftsaussichten wären also gar nicht so schlecht, würde da nicht das Damoklesschwert der Abschiebung über der Familie schweben. Der Antrag auf Asyl wurde bereits abgelehnt. Unterstützt von ihren Vermietern, haben sie eine Anwältin eingeschaltet und Einspruch eingelegt. Nun warten sie auf die Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht Ansbach.

Die Aussicht, zurück in den Iran zu müssen, treiben Monire die Tränen in die Augen. Niemand am Tisch möchte sich vorstellen, was dort mit den Rückkehrern passieren könnte, sind sie doch sogar hier im eigentlich beschaulichen Altmühlfranken wegen ihrer Hinwendung zum Christentum ab und an Anfeindungen von hier lebenden Muslimen ausgesetzt.

Noch aber gibt es Hoffnung. "Ich will hier bleiben, studieren und vielleicht Zahnärztin werden", gibt sich Shamim zuversichtlich und hofft auf eine Zukunft ohne Furcht und Verfolgung.

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