In Gunzenhausen über Pflegevorsorge und Patientenverfügung informiert

9.11.2014, 08:00 Uhr
In Gunzenhausen über Pflegevorsorge und Patientenverfügung informiert

Nach den Begrüßungsworten von Sparkassendirektor Jürgen Pfeffer startete Notarin Dr. Heike Stiebitz mit den wichtigsten Merkmalen der Betreuungsvollmacht, der Vorsorgevollmacht und der Patientenverfügung. Die Tatsache, dass sich viele Besucher hierzu Notizen machten, zeigte, wie wenig die Unterschiede bekannt sind. Mittlerweile sind Vollmachten dieser Art tägliches Geschäft, so Stiebitz. Die Kosten hierfür halten sich übrigens im Rahmen. Ab 80 Euro kann jedermann eine Patientenverfügung beim Notar verfassen lassen. Die nächsten Tage und Wochen werden sicherlich viele Besucher des Sparkassenabends ihren Weg ins Notariat finden. Heike Stiebitz stand auch im Anschluss an den offiziellen Teil für Fragen zur Verfügung.

Zweiter Redner im Bunde war Rechtsanwalt Markus Karpinski. Der Jurist aus Westfalen hat sich auf das Thema Pflegefinanzierung spezialisiert – und verfügt zudem über Entertainer-Qualitäten: Mit flotten Geschichten aus seiner offenbar umfangreichen anwaltlichen Erfahrung brachte der 47-Jährige dem Publikum die trockene und schwierige Materie kurzweilig und unterhaltsam näher. Gleich zu Beginn zerknüllte Karpins­ksi einen 50-Euro-Schein, warf ihn auf den Boden und trampelte darauf herum: „Das passiert, wenn Sie nicht aufpassen.“ Wenn Kinder oder deren Eltern die Pflegekosten nicht aus eigenen Mitteln bestreiten könnten, komme das Sozialamt mit ins Boot. In der Region sei das der Bezirk Mittelfranken als Sozialhilfeträger.

Anhand zahlreicher Einzelbeispiele schilderte Karpinski, wie manch gut situierte Familie trotz Wohneigentum und Erspartem auf dem Bankkonto auf Sozialhilfeniveau abrutschen kann. Wenn etwa ein Ehepartner zum Pflegefall werde, „muss der andere das gemeinsame Haus verkaufen, wenn die Wohnfläche größer als 90 Quadratmeter ist, sonst lehnt der Bezirk Mittelfranken es ab, Sozialhilfe zu bezahlen“. Ehepartner müssten auch die Lebensversicherung oder das Auto verkaufen, etwa, wenn ein funktionierender öffentlicher Personennahverkehr existiere. Auch Kinder könnten von den Sozialbehörden für die Pflegekosten ihrer Eltern herangezogen werden. Ein lediges Kind dürfe – je nach Einkommen – minimal 1600 Euro netto für sich behalten, bei verheirateten Kindern seien es 2880 Euro netto. Ihr selbst genutztes Wohneigentum und das selbst genutzte Auto hingegen dürften Kinder behalten. Das Schonvermögen für Kinder in Mittelfranken liegt bei „entweder 35 000 Euro, wenn eine Immobilie vorhanden ist, ohne Immobilie bei 70 000 Euro“, für Ehepartner eines Pflegefalls liege dieser Wert bei 3214 Euro.

Der Anwalt riet jedoch zur Wachsamkeit, wenn Sozialbehörden ein lebenslanges Wohnrecht der pflegebedürftigen Eltern in ihrem bereits vererbten Haus als geldwerten Vorteil für die Kinder berechnen. „Die berufen sich dabei alle – gesetzeswidrig – auf entsprechende Urteile von Oberlandesgerichten, obwohl der Bundesgerichtshof bereits 2007 in dieser Sache anders entschieden hat“, betont Markus Karpinksi. Wer sein Recht in einem solchen Fall durchsetzen wolle, „findet sich also automatisch vor Gericht wieder“. Viele Betroffene zahlten aber trotzdem stillschweigend weiter, weil sie den Weg zum Gericht scheuten.
Nach dem Tod des Patienten habe das Sozialamt das Erstzugriffsrecht auf einen eventuellen Nachlass, um sich das bezahlte Geld für die Pflege zurückzuholen.

Selbst größere Schenkungen wie Autos, Grundstücke oder Häuser, die der Patient oder dessen Ehepartner innerhalb der vergangenen zehn Jahre gemacht haben, könne die Behörde von dem Beschenkten zurückfordern – egal, ob es sich dabei um einen nahen Angehörigen handelt oder nicht. „Der Absturz auf Hartz-IV-Niveau kann nur verhindert werden, wenn Sie rechtzeitig vorsorgen“, erläuterte Karpinksi. Das könne entweder durch rechtzeitige Beratung und entsprechende Vertragsgestaltung bei einem Anwalt geschehen oder durch eine Pflegezusatzversicherung, die das finanzielle Risiko abfedert.

Rechtzeitige Vorsorge tut not, dies wurde den Gästen der Sparkasse an diesem Abend bewusst. Im Anschluss an die Vorträge nutzten zahlreiche Besucher die Möglichkeit, sich bei ihrem Berater der Sparkasse und den Spezialisten der Versicherungskammer Bayern zu informieren. Es gibt Gesprächs- und Beratungsbedarf, über diesen Abend hinaus.

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