In Heidenheim Zeitreise ins Mittelalter gemacht

18.3.2018, 07:11 Uhr
In Heidenheim Zeitreise ins Mittelalter gemacht

© Bernadette Rauscher

Alle Wege führen nach Rom und viele in ein Kloster. Und so manch einer nahm im Mittelalter diesen Weg gar nicht freiwillig auf sich: "Zwangsmönchung" lautet das Beitreten in das Kloster als Strafmaßnahme. Auch die Oblation war ein gängiges Verfahren dieser Zeit und bedeutete, dass Familien ihre Kinder an ein Kloster übergaben.

Entschied sich nun ein Mensch aber aus eigener Überzeugung, Teil einer Ordensgemeinschaft zu werden, musste er sich zunächst einer ritualisierten Aufnahmeprozedur unterziehen, deren Ablauf die Benediktsregel festlegte. Seit der Herrschaft der Karolinger sollte sie ein mehr oder weniger einheitliches Leitprinzip in den Klöstern nördlich der Alpen darstellen. Die praktische Umsetzung dieser Richtlinien variierte allerdings von Orden zu Orden.

Stark von Symbolik geprägt begann eine Laufbahn als Mönch bereits vor den Klostermauern. Vier bis fünf Tage musste ein motivierter Anwärter dort verharren, um seine Überzeugung und seine Willensstärke zu beweisen. Nach anschließenden zwei Monaten im Gästebereich begann das eigentliche Noviziat. Hierfür legte der Klosternachwuchs zum ersten Mal den Habit an — und mit ihm seine eigene Kleidung und alle Weltlichkeit ab. Auch das gegenseitige Scheren der Tonsur hatte einen symbolischen Hintergrund: Sie sollte an den Dornenkranz Christi erinnern und somit direkt auf seine Nachfolgerschaft verweisen.

Ein Jahr lang dauerte das Noviziat, in dem der Novizenmeister zu festgesetzten Terminen die Benediktsregel zu verlesen hatte und mit ihm die wichtigsten Grundsätze des mönchischen Lebens: Beständigkeit in der Gemeinschaft, Gehorsam, und ein Leben im Sinne des Klosters.

12 Monate Probezeit

Wenn der Novize nun immer noch fest entschlossen war, in die klösterliche Gemeinschaft aufgenommen werden zu wollen, legte er nach dieser zwölfmonatigen Probezeit die Profess ab und war von nun an offiziell ein Mönch. An dem Vortragsabend wurde klar, dass der Weg vom Novizen zum Mönch höchst verschieden verlief. Es gab nur ein Grundgerüst, dem sich die unterschiedlichen Orden und Klöster mehr oder weniger annäherten. Und es erfolgte nie der Versuch, die Inhalte des Noviziats einheitlich festzusetzen.

Ursprünglich standen die Klostertüren allen offen. Allerdings rückte im Laufe der Zeit für viele Orden zunehmend der freiwillige Beitritt in den Fokus, und ein gewisses Mindestalter wurde zur Aufnahme festgelegt. Um zum Beispiel in den Zisterzienserorden eintreten zu können, musste der angehende Novize vom Abt auf mindestens 15 Jahre geschätzt werden.

Spannend ist, dass sich dieser Umstand bei den angehenden Nonnen ganz anders gestaltete. Sie wurden noch immer auch im jüngsten Kindesalter in das Kloster aufgenommen, die Frage nach Freiwilligkeit oder persönlicher Überzeugung stellte sich nicht. Innerhalb der Klostermauern erhielten die jungen Mädchen eine exzellente Ausbildung in sämtlichen Disziplinen. Ganz entgegen des heute eher verstaubten Image der Kirche stellte das geistliche Klosterleben ein Gegenmodell zum vorherrschenden mittelalterlichen Rollenverständnis und Frauenbild dar.

Nach dieser dichten und informativen Vorlesung schloss sich ein reges Gespräch zwischen Mirko Breitenstein und dem sachkundigen Publikum an. In dessen Namen sprach Dekan Klaus Kuhn dem Referenten seinen Dank aus.

 

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