Jugendsozialarbeit an der Stephani-Mittelschule Gunzenhausen

21.3.2015, 07:00 Uhr
Jugendsozialarbeit an der Stephani-Mittelschule Gunzenhausen

© Tina Ellinger

Der Umgang mit den sozialen Medien ist denn auch eines der größeren Problemfelder, die der 31-Jährige verstärkt zu beackern hat.

Eigentlich ist die Benutzung des Handys an der Schule verboten, doch Streiten über Whats App ist heute an der Tagesordnung, so seine Erfahrung. Und zwar schon ab der fünften Klasse, wobei gerade diese Altersgruppe „komplett damit überfordert ist“. Weil man nicht mitbekommt, wie die getippten Worte und Beleidigungen beim Adressaten ankommen, weiß man auch nicht, welche Gefühle damit ausgelöst werden. Die Hemmschwelle des persönlichen Kontakts ist schlicht weg. „Es fehlt an sozialem Austausch, an Empathie und an der richtigen Streitkultur“, bringt es Thomas Pfaffinger auf den Punkt.

Sind die Schüler dann ein bisschen älter, nutzen sie ihre digitalen Möglichkeiten, um Fotos sämtlicher Art in Umlauf zu bringen, ohne an die Folgen zu denken. „Das kann in Mobbing ausarten“, gibt der Fachmann zu bedenken, der in seinen Streitschlichterseminaren bewusst handyfreie Zeiten einbaut. Ebenfalls zugenommen hat in den vergangenen Jahren die Zahl der Schüler, die sich selbst verletzen, psychisch auffällig oder gar suizidgefährdet sind. Solche Verhaltensweisen treten meist mit Beginn der Pubertät auf, oft infolge von instabilen Familienverhältnissen, Trennung der Eltern und/oder fehlender Förderung.

Thomas Pfaffinger, angestellt beim Diakonischen Werk Weißenburg-Gunzenhausen, ist Ansprechpartner für alle Schüler der 5. bis 10. Klasse an der Stephani-Mittelschule. Sein Angebot ist äußerst niederschwellig, die jungen Leute sind mit ihm per Du. „Das ist eine gewachsene Vertrauensbeziehung“, erklärt er. Und die kommt nicht von ungefähr: Er ist sowohl vor dem Unterricht als auch in den Pausen für die Schüler immer präsent. Eine erste Kontaktaufnahme läuft in vielen Fällen über seine dienstliche Facebook-Seite.
Die meisten Jungen und Mädchen kommen mit ihren Problemen von sich aus zu ihm, andere werden von den Lehrern in das Büro des Sozialpädagogen geschickt. Denn auch die Lehrkräfte an der Stephani-Mittelschule reagieren sensibel auf Veränderungen im Verhalten ihrer Schüler und können so frühzeitig entsprechende Hilfe und Unterstützung anbieten. Zudem zahlen sich das Vertrauen der Jugendlichen in seine Person und die „Kunst, am Umfeld teilzuhaben“, aus: „Irgendwer erzählt mir immer etwas.“

In der Regel versucht Thomas Pfaffinger, Terminwünsche innerhalb von ein bis drei Tagen erfüllen zu können. Aber momentan hat er eine lange Warteliste. Liegt nicht gerade ein unmittelbarer Notfall vor, kann es aktuell schon mal zwei Wochen dauern, bis die Schüler bei ihm anklopfen dürfen. „Ich muss einfach Prioriäten setzen, auch wenn ich das nicht gerne mache“, erklärt der Sozialpädagoge. Im Moment könne er aber in vielen Fällen nur reagieren und nicht mehr agieren. „Das ist ein bisschen wie Feuerwehr spielen“, bedauert er. Das ist nicht nur für die Kinder frustrierend, wenn sie warten müssen. Schafft man es, an einer Problemlage möglichst frühzeitig dran zu sein, kann man sie umso schneller klären.

Wie Thomas Pfaffinger erläutert, wäre sein Arbeitgeber, das Diakonische Werk Weißenburg-Gunzenhausen, durchaus bereit, die Stunden für die Jugendsozialarbeit an der Mittelschule aufzustocken beziehungsweise diese an der Grundschule einzuführen. Hierzu bräuchte es jedoch Abklärungen und Bedarfsanforderungen seitens des Schulamts, der Regierung und des Jugendamts sowie letztlich eine Klärung der Kostenübernahme.

Besonders wichtig ist ihm, egal bei welchen Schwierigkeiten, nicht über die Köpfe der jungen Leute hinweg zu handeln. „Das hat wenig Sinn, man muss sie mitnehmen auf der Suche nach einer Lösung.“ Auch mit den Eltern und gegebenenfalls mit den Lehrern sucht er das Gespräch. Kommt er alleine nicht weiter, wendet er sich ans Jugendamt, das mit Erziehungsbeistandschaften oder sozialpädagogischen Familienhilfen zur Seite steht. Manchmal, etwa bei Gewalt in der Familie, ist auch eine Inobhutnahme angebracht.

Beschert die Einführung der sechsstufigen Realschule den Mittelschulen sinkende Schülerzahlen in den Eingangsklassen, steigen diese Zahlen in den höheren Jahrgangsstufen wieder an. Das ist auch bedingt durch die Möglichkeit, in den M-Klassen einen mittleren Bildungsabschluss zu erwerben oder die „9+2“-Klassen zu besuchen. Mit der Rückkehr von der weiterführenden Schule an die Mittelschule bringen die betreffenden Schüler oftmals eine gehörige Portion Frust mit und „machen dann hier Stimmung“. Zudem werden sie älter, sodass sich der Sozialpädagoge unter anderem mit Dingen wie Führerschein oder Wohnungssuche befassen muss. Dafür aber, und darauf ist Thomas Pfaffinger durchaus stolz, ist die Drogenproblematik aktuell kein Thema mehr. Genügend zu tun bleibt ihm aber dennoch.

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