Junge Ärzte scheuen das Land

9.9.2014, 23:00 Uhr
Junge Ärzte scheuen das Land

© Erich Neidhardt

Der Mitteleschenbacher Facharzt für Allgemeinmedizin, Vorstandsbeauftragter der Kassen­ärztlichen Vereinigung und Sprecher der mittelfränkischen Hausärzte, konfrontierte den CSU-Politiker, der in Begleitung von Bürgermeister Stefan Maul, dessen Stellvertreter Bernhard Lederer und Gemeinderatsmitglied Reinhold Gulden gekommen war, mit dem Ergebnis einer aktuellen Umfrage unter jungen Medizinern. Demnach wollen 46 Prozent von ihnen keinesfalls in einem Ort unter 2000 Einwohner leben und arbeiten. 40 Prozent sehen 5000 Einwohner als Mindestgrenze an und 80 Prozent bevorzugen Städte ab 100 000 bis 500 000 Einwohner. Er machte deutlich, dass bis zum Jahr 2021 bundesweit über 50 000 Haus- und Fachärzte in den Ruhestand wechseln werden. Und es sei äußerst schwierig, die entstehenden Versorgungslücken zumindest teilweise zu schließen.

Von den Bildungspolitikern wünscht sich Singer daher, in Zukunft nicht ausschließlich die Abiturnote als Zugangskriterium für das Medizinstudium herzunehmen. Diese sei ungeeignet, eine zukünftige Arbeit im ländlichen Raum vorherzusagen. Die Erfahrung zeige, dass Ärzte, die auf das Land gehen, auch dort aufgewachsen sind. Daher müsse man sich um diese gut kümmern und emotional an die Gemeinde binden. Wichtig sei auch, dass der Wohn- und Arbeitsort eine gute Infrastruktur mit Schule, Kindergarten, Breitbandversorgung und Einkaufsmöglichkeiten aufweise.

Ebenfalls an die Bildungspolitiker geht Singers Auftrag, an allen bayerischen Universitäten Lehrstühle für Allgemeinmedizin einzurichten. Im Ausland sei dies seit Jahrzehnten Standard. Die ärztlichen Berufsverbände und Körperschaften wie die Kassenärztliche Vereinigung Bayerns, die Bayerische Landesärztekammer und die Bayerische Krankenhausgesellschaft haben für den Mitteleschenbacher Landarzt die Aufgabe, an Kliniken im ländlichen Raum Weiterbildungsverbünde für Allgemeinmedizin zu gründen, um den Studienabgängern eine Weiterbildung aus einem Guss ohne Unterbrechung oder Wohnortwechsel zu ermöglichen.

Aber auch die Gesundheitspolitik selbst ist für Singer gefordert. Sie muss es ermöglichen, dass auf dem Land hausärztliche medizinische Versorgungszentren gegründet werden können, damit die jungen Kollegen auch hier die vielfältigen Möglichkeiten der Berufsausübung nutzen und anwenden können. Wichtig ist für den Mitteleschenbacher Facharzt für Allgemeinmedizin überdies, dass die Kostenträger und die Politik für Planungssicherheit sorgen. Gesundheitsreformen im Ein- oder Zweijahresrhythmus seien nicht geeignet, Vertrauen in die Verlässlichkeit gesundheitspolitischer Entscheidungen aufzubauen. Singer ist davon überzeugt, dass eine Lösung der kommenden Aufgaben nur mit einer gemeinsamen Anstrengung aller Beteiligten möglich sein wird.

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