„Kalber“ ist ein fester Begriff

9.10.2012, 16:28 Uhr
„Kalber“ ist ein fester Begriff

© Horst Kuhn

In seinen Eröffnungsworten warf Vorsitzender Fred Wißmüller nach der Begrüßung zahlreicher Ehrengäste den Blick zurück auf das Jahr 1911. Damals beschloss der Vorstand, eine Brennerei zu erstellen. Eine Institution im Verein war Friedrich (Fritz) Wiesinger, der über 50 Jahre als Schnapsbrenner fungierte und über den heute noch so manche Episode bekannt ist. Ebenso gedacht wurde an Bürgermeister Heinrich Rothgängel, der 48 Jahre lang den Obst- und Gartenbauverein als Vorsitzender repräsentierte. Unter seiner Regie wurden zahlreiche Umbaumaßnahmen durchgeführt. 2004 ist Jürgen Wiesinger in die Fußstapfen seines Vaters als Brennmeister getreten und übernahm die vielfältigen Tätigkeiten – zur vollsten Zufriedenheit der rund 400 Vereinsmitglieder und der Käufer von Schnaps- und Likörprodukten.
Vorsitzender Wißmüller bedankte sich bei dem Kalbensteinberger Thomas Müller dafür, dass dieser neue Flaschenetiketts für die Vermarktung entwarf. So ziert ein „Kalbskopf“-Symbol (was nach der Überlieferung bis ins Mittelalter zurückreicht und von den Siebnern auch als Merkzeichen von Flurgrenzen verwendet wurde) die neu bezeichneten Kalber Schnäpse „Kerscher“ (Kirschwasser), „Apfel“ (Apfelbrand), „Zwetschger (Zwetschgenbrand), „Bierer“ (Birnenschnaps), die alle einen Alkoholgehalt von 50 Prozent haben, und die Kalber Fruchtliköre wie Himbeer, Kirsch, Kirsch mit Rum, Pflaume, Schlehe, Birne, Apfel, die einen

Alkoholgehalt von 25 Prozent aufweisen. Ferner ist seit Kurzem der Obst- und Gartenbauverein der Zukunftsinitiative „altmühlfranken“ im Landkreis Weißenburg-Gunzenhausen beigetreten, die sich für den Erhalt der Obstsortenvielfalt und der regionalen Kulturlandschaft einsetzt. Das neueste Produkt ist der Kirsch-Sherry „Hedlfinger“, für dessen Produktion Süßkirschen aus dem Kalbensteinberger Umland verwendet werden. Ein Dank galt auch Daniel Schönwald. Er hat eine Dokumentation über den Bau und die Erstausstattung der Brennerei aus dem Jahr 1912 neu zusammengestellte.
Landrat Gerhard Wägemann, Bürgermeister Fritz Walter und Gerhard Durst vom Bezirksverband der Obst- und Gartenbauvereine hoben in ihren Grußworten hervor, dass die Obsterzeuger sich auch dem Erhalt von Obstsorten widmen, zur Natur- und Landschaftspflege beitragen und wertvolle Beiträge für den Erhalt von Streuobstwiesen leisten. Die Redner äußerten den Wunsch, dass die regionalen Produkte noch erfolgreicher vermarktet werden können.
Die Gäste nutzten den Besuch im Schnapshaus, um von Brennmeister Jürgen Wiesinger Interessantes über die Produktion von Schnäpsen und Likören zu erfahren. Zwei lange Brennvorgänge sind nötig, um hochprozentiges Alkoholdestillat zu gewinnen. Rau- und Feinbrand werden sie genannt. Die Ausbeute liegt bei etwa fünf Litern pro 50 Kilogramm Maischmasse. Entscheidend ist der Zuckergehalt der Früchte, die verarbeitet wurden. Der abschließende Feinbrand hat ein hervorragendes Fruchtaroma.
Die Gäste erfuhren von Wiesinger auch, dass er Ende Oktober, Anfang November mit dem Brennen beginnt und zuvor die zuständige Zollverwaltung informieren muss. Die Zentrale ist das Nürnberger Zollamt. Bei dieser steuerlichen Aufsichtsbehörde muss jeder Brand im Vorfeld fristgerecht angemeldet und von ihr genehmigt werden. Die Kalbensteinberger Brennerei unterliegt somit einer strengen Kontrolle.
Wiesinger ist besonders stolz, wenn er das Schlauchventil eines der beiden Behälter öffnet und einen Probeschluck in das Probierglas laufen lässt. Erst nach einem persönlichen Geruchs- und Geschmackstest füllt er, unterstützt durch Vereinsmitglieder, die Flaschen und verschließt sie mit einem Naturkorken oder mit Schraubverschluss. Als Krönung und gleichzeitig als Gütesiegel erhalten die Flaschen am Ende des Arbeitsablaufs ihr kunstvoll gestaltetes Etikett.
Im Nebenraum konnten die Besucher 2. Vorsitzendem Stephan Müller beim Schaumosten über die Schulter schauen. Der frisch erzeugte Obstsaft kam dabei in sogenannte Bag-in-Box zu fünf oder zehn Litern zur Abfüllung oder konnte sofort verkostet werden, worüber sich besonders die Kinder freuten.
Von den bereitgestellten Kostproben an Likör- und Schnapsspezialitäten wurde reger Gebrauch gemacht. Für den Nachmittagskaffee stellten Frauen des Vereins hausgemachten Kuchen und Torten zur Verfügung. Geschäftsführer Norbert Metz vom allfra Regionalmarkt Franken „hesselberger“ nutzte die Gelegenheit, um die neue Kreation „Birne-Kirsch-Secco“, einen erfrischenden Aperitif mit schöner Säure und wenig Alkohol (4,5 Prozent), vorzustellen. Gern gesehener Gast war auch Rudolf Jäger vom gleichnamigen Getränkemarkt, dem Hauptabnehmer und Verkäufer von Kalber Schnäpsen und Bränden.

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