Kleine Kinobetreiber wehren sich

25.4.2015, 10:00 Uhr
Kleine Kinobetreiber wehren sich

© Wolfgang Dressler

Im Internet war zuletzt zu lesen, dass knapp 700 Lichtspielhäuser das Superhelden-Spektakel boykottieren. „Movieworld“-Chef Johannes Böhm weiß von über 200 Standorten in Deutschland, wo „Avengers: Age of Ultron“ nicht zu sehen ist. Im hiesigen Raum setzt nicht nur Böhm ein Zeichen, sondern auch seine Kollegen und Mitbewerber in Ansbach, Weißenburg und Roth: „Die machen mit und zeigen den Film auch nicht.“ Böhm ist froh, dass sich viele Betreiber von kleineren Häusern in diesem Fall einig sind. Andererseits kann er über den öffentlichen Streit und die Tatsache, dass „Avenger“-Fans bei ihm derzeit leer ausgehen und er sie enttäuscht, nicht gerade glücklich sein.

Normalerweise wird den Kinos in Kleinstädten 45 bis 50 Prozent pro verkaufter Eintrittskarte in Rechnung gestellt. Die genaue Quote muss verhandelt werden. Angeblich hat Disney bisher 47,7 Prozent verlangt und will künftig 53 Prozent erhalten – so viel wie Kinos in Großstädten.

Johannes Böhm macht zu diesen Zahlen keine näheren Angaben. Was ihn ärgert, ist, dass der US-Filmverleih einseitig die Verträge gekündigt und neue Konditionen festgelegt hat. Diese brächten in mehreren Punkten Belastungen für die Kinos im ländlichen Raum. Entscheidend sei dabei der Preis. Würde man jetzt einknicken, dann müsste man die Teuerung an die Kundschaft weitergeben, und das würde etwa zwei Euro mehr je Einzeleintrittskarte bedeuten. Eine solche Anhebung halten die Kinobetreiber für übertrieben und nicht zumutbar. Sie befürchten, dass die Schmerzgrenze bei der Kundschaft überschritten wäre und sich dies beim Umsatz niederschlagen würde. Der Kinobesuch dürfe kein Luxus werden, sagen sie. Man wolle auch weiterhin bezahlbare und faire Preise anbieten können. Außerdem: Wenn sich die kleineren Filmtheater jetzt nicht wehrten, erhöhten demnächst womöglich auch andere Verleiher die Miete. Diese anderen Verleiher beobachteten derzeit genau, ob Disney mit seiner einseitigen Aktion durchkomme.

Eigentlich, so argumentieren Johannes Böhm und seine Mitstreiter, hätten die Mietkosten für Filme zuletzt sogar deutlich gesenkt werden müssen. Die gesamte Branche spare durch die Digitalisierung massiv Kosten bei den Kopien und beim Versand ein. Demgegenüber hätten die Kinobetreiber viel Geld in die Umrüstung auf digitale Projektoren gesteckt. Im „Movieworld“ wurden zuletzt die Säle aufwendig renoviert.

Wie Johannes Böhm darlegt, ist der durchschnittliche Kinoeintrittspreis von 2008 bis 2013 um 28,5 Prozent gestiegen. Die Filmverleiher hätten also Mehreinnahmen erzielt. Die Kinobetreiber müssten dagegen die steigenden Kosten durch Digitalisierung, Energie und Mindestlohn verkraften. Jetzt gelte die Devise: „Man muss uns genug Luft zum Leben lassen!“

Die Boykotteure wollen die Tür zu Walt Disney nicht endgültig zuschlagen – man ist ja aufeinander angewiesen – und erwarten jetzt eine Reaktion von Walt Disney Deutschland mit Sitz in München. Vielleicht ergebe sich doch noch eine Einigung, und dann würde „Avengers: Age of Ultron“ nächste Woche überall laufen. Im Moment sieht sich Johannes Böhm gezwungen, an die Vernunft der Disney-Manager zu appellieren. Er verhehlt nicht, dass ihm die Solidarität unter vielen betroffenen Kinobetreibern gefällt und guttut. Seinen Standpunkt vertritt der „Movieworld“-Chef derzeit in der breiten Öffentlichkeit, auch dem Radiosender Bayern 3 hat er bereits ein Interview gegeben.

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