Konzept des mobilen Hühnerstalls ist voll aufgegangen

2.5.2018, 13:45 Uhr
Konzept des mobilen Hühnerstalls ist voll aufgegangen

© Fotos: Marianne Natalis

15 Hühner für den Eigenbedarf hatten sich Katrin und Martin Lastinger zugelegt, als sie vor Jahren ihr Haus in Dittenheim bezogen. Schnell sprach sich bei Verwandten und Nachbarn herum, dass es in der Alemannenstraße 5 hervorragende "Gaggerli" gibt. Immer öfters mussten die Lastingers sonntags auf ihr Frühstücksei verzichten, was eigentlich nicht Sinn der Sache war. Doch für mehr Hühner bot das ehemalige landwirtschaftliche Anwesen keinen Platz. Denn eines stand für das Paar fest: Die Tiere sollen artgerecht gehalten werden und genügend Auslauf haben.

Konzept des mobilen Hühnerstalls ist voll aufgegangen

Ein Arbeitskollege hatte schließlich die zündende Idee: mobile Freilandhaltung. Schon früher brachten die Bauern ihre Hühner zu den abgeernteten Getreidefeldern. Um die Jahrtausendwende wurde das Konzept der beweglichen Hühnerställe vor allem in der ökologischen Landwirtschaft propagiert und immer beliebter. Tatsächlich können die Tiere so sehr artgerecht gehalten werden. Die Legehennen haben immer ein optimales Auslaufgelände, in dem sie Insekten und Würmer finden, aber auch frisches Gras. Bevor die Wiese ernsthaft unter der sehr intensiven Nutzung durch das Federvieh leidet, wird der Stall einfach verstellt.

Abendschule und Besichtigungsfahrten

Bis allerdings aus dem Oberbrandmeister (bei der Berufsfeuerwehr Nürnberg) und der zahnmedizinischen Fachangestellten (in Heidenheim) professionelle Hühnerhalter wurden, war es ein ganz schöner Weg. "Einfach so kann man das nicht machen", weiß die 32-Jährige, und ihr Mann berichtet von zahlreichen Besichtigungsfahrten, von vielen Lehrgängen und Seminaren in Kitzingen und Triesdorf, von der Abendschule am Rother Landwirtschaftsamt, von zahlreichen Behördengängen. Schließlich konnte das Projekt mobiler Hühnerstall vor gut einem Jahr an den Start gehen.

Längst herrscht im Hause Lastinger kein Mangel mehr an Eiern: Rund 850 davon holen sie täglich aus den Familiennestern ihrer drei mobilen Hühnerställe. Stattliche 946 Hennen samt ein paar Hähnen sind darin untergebracht. Das ist weit mehr, als ihre ursprüngliche Planung vorgesehen hatte, doch die Lastingers wurden im vergangenen Herbst von der aktuellen Entwicklung überrollt.

Ihr mobiler Hühnerstall hatte sich im ersten halben Jahr gut eingeführt, die Vermarktung der Eier stellte kein Problem dar. Förmlich überrannt wurde das Ehepaar nach dem Fipronil-Skandal. Das Insektizid war massenweise in Eiern aus den Niederlanden gefunden worden, die Menschen suchten unbelastete Alternativen.

Kein Bio aber sehr naturnah

Wie etwa die Eier aus Dittenheim. Die Hennen kommen mit möglichst wenig bis keiner Chemie in Berührung. Zwar gehört das "Altmühltaler Wiesen-Ei" keinem Bio-Label an und auch sonst wurde der Betrieb nicht zertifiziert, was für die Lastingers nicht zuletzt eine Kostenfrage ist. Aber sie legen großen Wert auf eine möglichst naturnahe Haltung ihres Federviehs. Staubbäder etwa bieten Schutz vor Parasiten, Oregano in der gentechnikfreien und möglichst regionalen Körnermischung stärkt das Immunsystem der Tiere, der Auslauf auf der grünen frischen Wiese tut sein Übriges.

Das schmeckt man und entsprechend wurden ihnen die Eier im vergangenen Herbst förmlich aus der Hand gerissen. Die Lastingers schafften sich kurzentschlossen einen zweiten mobilen Stall an, zumal genug Land vorhanden ist.

Die 300 zusätzlichen Hennen brachten Entspannung, aber rund um Weihnachten ging die Nachfrage erneut steil nach oben und dem Ehepaar wurde schnell klar: Ein dritter Stall muss her. Der steht seit März auf ihren Wiesen rund um Dittenheim.

Ein mobiler Hühnerstall hat zwei Ebenen: Im "Obergeschoss" finden die Hühner ihre Schlafstangen vor, werden mit Futter und Wasser versorgt und können sich zum gemeinsamen Eierlegen in die mit Dinkelspelzen eingestreuten Familiennester zurückziehen. Der gesamte obere Bereich ist isoliert, dass er im Winter warm und im Sommer kühl bleibt. Unten ist der sogenannte Kaltschaumraum, ein Aufenthaltsraum mit Außenklima. Hier sammeln sich die Hühner morgens, wenn es auf 10 Uhr zugeht. Denn um diese Uhrzeit - und das wissen die Tiere genau - öffnet sich die Klappe und es geht hinaus ins Freie.

Wellnesbereich oder Schattenplätzchen

Dort können die Hühner, je nach Gusto, nach Herzenslust scharren und picken, sich im "Wellnessbereich" einstauben oder einen Schattenplatz aufsuchen. Ein Elektrozaun zeigt den Hennen ihre Grenzen auf, hält aber andererseits auch unwillkommene Gäste wie etwa Füchse ab. Und ganz sich selbst überlassen sind die Tiere ebenfalls nicht: Insgesamt 24 Hähne sorgen für Ordnung in den drei Hühnerställen. Außerdem bilden ein paar Schafe und Ziegen eine "Lebensgemeinschaft" mit dem Federvieh. Sie schützen die Hühner vor Greifvögeln, die im Überflug die großen Tiere sehen und als nicht ins Beuteschema passend bewerten.

Die Hühner auf der Weide sich selbst zu überlassen, das hört sich nach einer wenig stressigen Verdienstmöglichkeit an. Dass dem nicht so ist, macht Katrin Lastinger von Anfang an klar. Es beginnt schon mit dem täglichen Einsammeln der 850 Eier und hört mit der Vermarktung nicht auf. Ohne die Hilfe von Katrins Eltern Manfred und Hildegard Stierhof wäre das alles nicht zu schaffen, zumal auch die drei Kinder im Alter von vier, acht und zehn Jahren versorgt werden wollen.

Nicht alle Eier kommen in den Direktverkauf, ein Teil fließt in die Produktion von Nudeln und Eierlikör. Das und mehr gibt es dann an der hofeigenen SB-Verkaufsstelle. Zudem ist "Altmühltaler Wiesen-Ei" auf dem Gunzenhäuser Wochenmarkt präsent.

Eier aus dem Automaten

Und die Ideen gehen dem Paar nicht aus: Im Mai sollen in Schlungenhof (an der Tankstelle) und Theilenhofen (an der B 13) Automaten aufgestellt werden. Dort kann man sich rund um die Uhr Eier und Nudeln sowie Produkte der Wachsteiner Hofmetzgerei Kamm "ziehen". Zudem wird das Sortiment um Hähnchenfleisch erweitert. Die Masthähnchen — eine langsam wachsende Rasse — brauchen etwa drei Monate bis zur Mastreife und dürfen diese ebenfalls auf der grünen Wiese verbringen.

Ein aufregendes, arbeitsreiches und kostenintensives Jahr liegt hinter den Lastingers, und dennoch würden sie es genau so wieder machen. Die Hühner bereiten ihnen immer noch viel Freude. Und vor allem die mobilen Hühnerställe. Denn mit ihnen haben sie genau das gefunden, sagt Martin Lastinger, was sie gesucht haben: "eine Lösung, die wir mit unserem Gewissen vereinbaren können".

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