Kunst der Kontraste in Markt Berolzheim

1.6.2016, 12:22 Uhr
Kunst der Kontraste in Markt Berolzheim

© Martin Lettenmeier

In dem Rad ist ein Kreis ausgeschnitten. Darin laufen zwei Personen wie in einem Hamsterrad im Kreis. Außen auf dem Rad läuft in gegensätzlicher Richtung eine andere Person. Für die Besucherin Gudrun Bach aus Alesheim zeigt sich gerade in diesem Kunstobjekt das Thema der diesjährigen Ausstellung „Kontraste im Dialog“. Es sei ja so, dass wir oft voneinander nichts wissen und in gegensätzlichen Richtungen unterwegs seien, meint die Betrachterin. „Ich fühle mich verstanden“, freut sich daraufhin Uschi Maurer aus Würzburg, die das Bronzerad mit dem Titel „Gedankengang“ geschaffen hat.

Es sind solche Dialoge zwischen Künstlern und Besuchern, die diese Kunsttage im Altmühltal so einmalig machen. Mittlerweile kommen sehr viele Besucher nicht nur aus dem Ort, sondern aus der ganzen Region. Uschi Maurer ist fasziniert von der Interpretation ihrer Kunst durch die Besucher. Es entstünden Glücksmomente auf beiden Seiten, das mache die Begegnung so wertvoll.

Organisatorin Alexandra Walczyk ist begeistert, dass zu der fünfzehnten „Kunst vor Ort“-Ausstellung so viele Besucher gekommen sind. Bei der Eröffnung am Samstag sind es über 60 Zuhörer, die nach der Eröffnung zu den Lesungen der Autorengruppe „Speckdrumm“ aus Ansbach in der alten Scheune Platz nehmen.

Die Autorin, Künstlerin und Musikerin Sig Mayhew aus Ansbach gibt aus ihrem Buch „Mord mit Garantie“ den Kurzkrimi „Rosen für Rose“ zum Besten. Ein kühl geplanter Mord an einer reichen Frau in Venedig nimmt dabei ein überraschendes Ende.

Kunst der Kontraste in Markt Berolzheim

© Martin Lettenmeier

Auch Horst Prosch aus Wolframs-Eschenbach entführt die Zuhörer in ein intensives Kapitel seines Romans „Frankenruh“. Auch wenn man das Buch noch nicht kennt: Der lebendige und theaterreife Vortrag eines Streites zwischen einem Ehepaar geht den Hörern sichtlich unter die Haut.

Sehr gut in das karge Ambiente der Scheune passen die Geschichte eines Flüchtlingsjungen aus dem Kosovo, der den Tod seiner Familie verarbeiten musste. Geschrieben und gelesen von Sigrid Mayr-Gruber, der ehemaligen Wirtschaftsschullehrerin aus Gunzenhausen.

Reise in eine fremde Welt

Dazu passt auch die lebhafte und intensive Schilderung der Ankunft eines jungen Indianers in einer Pflegefamilie. Alexandra Walczyk zieht die Besucher mit dieser Reise in eine fremde Welt in den Bann. Ihr noch nicht veröffentlichtes Manuskript machte sehr neugierig, wie diese Geschichte um den Teenager wohl ausgehen wird.

Eine eher mysteriöse Erzählung trägt Arzthelferin und Schriftstellerin Roswitha Minnameyer aus Gunzenhausen bei. Ein Mann scheint durch Stress oder Einsamkeit dem Wahnsinn zu verfallen. Er sieht Spiegelbilder von sich und sein Leben endet in einem Drama.

Kunst der Kontraste in Markt Berolzheim

© Martin Lettenmeier

Lockerer und lustiger hört sich das Märchen von Daniela Schmolka aus Ansbach an. Es hat zwar kein Happy End, wie es sich die Kinder gerne wünschen, doch es spiegelt die Realität wider: Eine Königin wartet auf ihren Prinzen. Leider sind ihre Anforderungen an ihn so hoch, dass die Schöne am Ende alt, grau und allein in ihrem Schloss endet. Für die sehr stimmungsvollen musikalischen Überleitungen zwischen den Lesungen sorgen Joseph Ohmann von der Musikschule Hahnenkamm am Klavier und der junge Saxofonist Dominik Kuch.

Für Bürgermeister Fritz Hörner passen die rustikale, reduzierte Umgebung und die ausdrucksstarken Kunstwerke sehr gut zusammen. „Kontraste im Dialog“ habe „das Ohr am Puls der Zeit“. Miteinander zu reden sei wichtiger, als auf den Bildschirm zu starren. Kommunikation vor Ort sei das, was den Menschen als zentrales Wesen ausmache, betonte Hörner.

Der eine oder andere Besucher vermisst eine einheitliche Linie bei den Kunstwerken. So stehen sich die Holzskulpturen von Rolf Rabens und Flechtfantasien von Andrea Mohr aus Redwitz gegenüber, oder die teils surrealistischen Bilder von Wladimir Barantschikov aus Gunzenhausen den Keramikarbeiten von Michaela Schneider aus Schwabach.

Einer der Höhepunkte der Kunsttage in Markt Berolzheim ist das Konzert der beiden indianischen Musiker Mitch Walking Elk und Wade Fernandez. Die beiden Amerikaner gastieren schon zum zweiten Mal in Markt Berolzheim. Besonders der Blues von Mitch Walking Elk lässt Gänsehautmomente entstehen, wenn er seine Gitarre zum Heulen bringt und mit seiner harten Stimme über das Unrecht gegen sein Volk klagt. Wade Fernandez versetzt die Zuhörer mit der indianischen Flöte in das Tipi, das hinter den Musikern an der Wand hängt. Ist man jetzt in Altmühlfranken oder in South Dakota in den USA? Die Grenzen verschwimmen, der Kontrast im Dialog wird verwischt.

Einfach unvergesslich!

Keine Kommentare