„Lehrlingsimport“ ist gutes Zeichen

23.1.2013, 15:50 Uhr

Diesbezüglich ist die Region Weißenburg-Gunzenhausen gut aufgestellt, so der Tenor bei der ersten Vollsitzung des neu konstituierten Kreisberatungsausschusses im Bayerischen Bauernverband (BBV). An einigen Stellschrauben müsse allerdings noch etwas gedreht werden.

 

 

Bedarf dazu gibt es laut Fritz Rottenberger gleich an der ersten Stufe des Ausbildungssystems, wie der BBV-Kreisobmann im Wachsteiner Gasthaus Oster zu bedenken gab. Denn zum Absolvieren des Berufsgrundschuljahrs müssten die jungen Damen und Herren aus dem hiesigen Landkreis nach Roth fahren. Doch daran werde sich wohl auch künftig nicht rütteln lassen, machte Günther Schühlein deutlich. Was die nächste Lehrstufe zur Agrarfachkraft anbelangt, war der Leiter des Amts für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (AELF) in Weißenburg voll des Lobes für die Bauern. So gebe es etwa einen großen „Lehrlingsimport", was „kein schlechtes Zeichen für unsere heimischen Ausbildungsbetriebe ist."

Beim „Export" sieht es allerdings anders aus. Die altmühlfränkischen Azubis verließen nur ungern die eigene Region. Dabei sei gerade die berufliche Fremderfahrung so wichtig, so der Amtschef. Doch in dem Bemühen, an diesem Zustand der Anhänglichkeit etwas zu ändern, „sind wir relativ erfolglos," gestand Schühlein. Viele wollten eben einfach zuhause bleiben, teils aus hehren Gründen, etwa um Posaunenchorproben nicht fernbleiben zu müssen.

Die Klippen, die es beim Absolvieren von „Fremdlehrjahren" zu umschiffen gilt, sind anscheinend aber auch nicht so ungefährlich. Von denen, die sich auf diesen Kurs wagen, bricht jeder vierte aus der Region die Ausbildung wieder ab. Hier müsse unbedingt Abhilfe geschaffen werden, so Rottenberger, der sich so etwas wie eine Schnupperlehre vorstellen könnte. Oft mangele es an klaren vertraglichen Regelungen zwischen dem elterlichen Betrieb und Ausbildungsbetrieb, betonte Schühlein. Gerade Arbeitszeiten gelte es dezidiert festzulegen. Dem pflichtete zwar auch Günther Engelhardt bei, fügte aber auch hinzu, dass man den Azubis auch nichts Gutes damit tue, sie zu sehr zu entlasten. Sie müssten auch lernen mit Überforderung umzugehen, erklärte der Vorsitzende des mittelfränkischen Meisterprüfungsausschusses für Landwirte.

Elisabeth Forster hingegen brach eine Lanze für die Jugendlichen. „Ausbilden ist eine soziale Aufgabe!", redete die Bezirksvorsitzende des Verbandes landwirtschaftlicher Meister und Ausbilder (VlM) denjenigen Landwirten ins Gewissen, die in der Gefahr stehen, ihren Lehrling mit einer Vollarbeitskraft zu verwechseln.

Der Ausbildungsmarkt im Agrarwesen scheint wie in so vielen Branchen aber sowieso den Azubis in die Hände zu spielen. Dass dennoch keine roten Teppiche ausgerollt werden, dafür sorgt brancheninterne Konkurrenz: Die in Mittelfranken noch junge Ausbildung zur „Fachkraft Agrarservice" erfährt immer größeren Zulauf. Der Absolvent bietet seine qualifizierte Dienstleistung auf heimischen Höfen an, wo auch Arbeiter etwa aus Osteuropa zugleich ihre Muskelkraft zu Markte tragen. Beide Gruppen könnten den klassischen Azubi aus den Betrieben verdrängen, befürchtete Schühlein in Wachstein.

Dass die neue Ausbildungsrichtung so beliebt ist, kommt nicht von ungefähr. Hierbei können die Lernenden einen Bogen um das Thema „Tierhaltung" machen, was auch viele Landwirtschafts-Azubis gerne machen würden – vor allem, wenn im heimischen Betrieb die Biogasanlage Trumpf ist.

Allerdings sei der neue Trend auch mit Vorsicht zu genießen, betonte Fritz Gronauer-Weddige. Der Leiter der Triesdorfer Fachschulen und des dortigen Fortbildungszentrums hält zwar sehr viel von dem neuen Ausbildungszweig. Die Frage sei aber: „Bekommt der Qualifizierte auch eine qualifizierte Anstellung?" Das müsse letztlich der Lohnunternehmermarkt beantworten.

Deutliche Kritik durch den Kreisberatungsausschuss erfuhr die derzeitige Praxis der Ausbildung zum Landwirtschaftsmeister. Sie kann an Landwirtschaftsschulen wie der in Roth absolviert werden und ist dort eng verzahnt mit der dortigen Weiterbildung zum „Staatlich geprüften Wirtschafter im Landbau". Zu eng verzahnt, so die Meinung der Experten. Es gäbe nur einen verschwindend geringen Unterschied zwischen den Lehrinhalten beider Bildungszweige.

Das stößt etwa Elisabeth Forster auf. Denn den hohen Ansprüchen, die man an den Meistertitel stelle, würde man so nicht gerecht werden, meinte die VlM-Chefin. Das sei auch für die Absolventen selbst von Nachteil. Folgender Spruch (von Fritz Rottenberger provozierend formuliert) dürfe eben nicht gelten: „Meister werden ist nicht schwer, Meister sein dagegen sehr!" Lösungen zur stärkeren Differenzierung beider Ausbildungen konnten allerdings auch in Wachstein nicht gefunden werden. Es bleibt also noch ein Stück Arbeit, nicht nur für den Kreisberatungsausschuss.

Keine Kommentare