"Mondscheintarif" bei den Altmühlsee-Festspielen

3.7.2017, 05:56 Uhr

© Kristy Husz

Eigentlich hätte das herzerfrischende Stück unter der Regie von Intendant Christian A. Schnell seine Uraufführung im Schlossgarten des Barons Andreas von Le Suire feiern sollen. Unbeständiges Wetter verhinderte dies zwar, doch innerhalb geschlossener Mauern konnte das Publikum die Irrungen und Wirrungen rund um von Kürthys Heldin Cora Hübsch umso intimer mitverfolgen.

Cora (irre genial: Alexandra Marinescu), 33 ¾ Jahre, hoffnungslose Romantik-Neurotikerin und Single, fotografiert beruflich Wohnlandschaften für Möbelhaus-Kataloge – und sucht nebenher, wie es gemäß gesellschaftlicher Konventionen ungebundene Damen ihres Alters zu tun haben, so verpeilt wie verzweifelt nach Mr. Right. Aber ihr Habitat Berlin ist groß, und selbst ein Traumweib wie Coras beste Freundin Jo Dagelsi (Paraderolle als patente Self-Made-Woman: Tina-Nicole Kaiser) hat das glückliche Los bislang nicht gezogen.

Dann passiert es: Hinter den Kulissen einer Film-Gala stolpert Cora beim grotesken Versuch, das Proletariat zu befreien ("Klofrauen aller Länder, vereinigt euch!"), in Dr. med. Daniel Hofmann (meisterhaft hingelegter Super-Slow-Motion-Stunt: Armin Sengenberger) und erblickt in dem um Haaresbreite nicht kastrierten Arzt die Liebe ihres Lebens. Das Schicksal will es, dass die beiden sich auf dem Umweg über weitere Fettnäpfchen tatsächlich näherkommen, und bald schon landet Cora in Daniels Bett und lauert danach vor dem heimischen Telefon darauf, dass die Sache noch mehr Fahrt aufnimmt.

© Kristy Husz

Allein, mann ruft leider nicht zurück. Und frau verwandelt sich, trotz aller Emanzipationsbestrebungen, in Nullkommanix in ein Häuflein Elend, das von Kumpeline Jo mit klassischen Seelentröstern bei Laune gehalten werden muss – bis zum herrlich trashigen Happy End, das, so viel sei verraten, einem vertrockneten Weihnachtsbaum und einer nuschelnden Lesbe zu verdanken ist.

Erzählt wird die ganze Boy-Meets-Girl-Geschichte in Rückblenden, was den Humorfaktor um ein Vielfaches erhöht. Etliche Male werden dabei Szenen eingefroren, um schräge Kommentare aus dem Off einzuschieben, oder weil Cora die vierte Wand durchbricht und die Zuschauer in direkter Anrede an ihren konfusen Gedanken teilhaben lässt. Diese Illusionsbrüche sind, wie die Dialoge, maximal aufgeladen mit Wortwitz und Spaß am absurden Paarungsverhalten geschlechtsreifer Großstädter.

Fescher Superman-Slip

Vor allem Alexandra Marinescu beeindruckt hier mit der Menge an Text, die sie sich für insgesamt bloß vier Vorstellungen eingepaukt hat, und darüber hinaus mit vollem Körpereinsatz (so ein Superman-Slip ist aber auch gar zu fesch …).

Fantastisch in das Bühnenbild von Martin Riedl hineinchoreografierter Slapstick, die stimmige Chemie zwischen den drei Akteuren sowie die vielen aus realem Beziehungswahnsinn gewonnenen Erkenntnisse ("Männer warten nicht. Die tun stattdessen was anderes.") runden das Vergnügen perfekt ab, das sich weder hinter der Romanvorlage noch deren Verfilmung verstecken muss.

Schade, dass die Gelegenheiten, bei diesem Vergnügen zugegen zu sein, sehr knapp an der Zahl sind. Nach zwei nicht so günstig mit dem Gunzenhäuser Bürgerfest koordinierten Terminen am Schloss Altenmuhr ist am 9. Juli mit einem Sondergastspiel im Markgräflichen Falkengarten bereits Schluss mit lustig.

Vielleicht resultiert die vornehme Zurückhaltung ja aus einem Bühnenwort, demzufolge es aufregender sei, sich einander vertraut zu machen, als einander vertraut zu sein – das Theaterensemble will uns also schlichtweg nicht durch Dauerpräsenz langweilen. So oder so: Man sollte unbedingt die Chance ergreifen und sich diese "Mondscheintarif"-Adaption ansehen, und das nicht nur, um mal wieder ordentlich die Lachmuskeln anzuspannen.

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