Nachtfalter-Invasion am Gunzenhäuser Burgstall

4.7.2018, 17:54 Uhr
Nachtfalter-Invasion am Gunzenhäuser Burgstall

© Jürgen Eisenbrand

Ortstermin am Wanderparkplatz in der Frickenfelder Straße: Schon beim Aussteigen aus dem Auto, es ist noch nicht 18 Uhr, wird der Besucher von den ersten Schwammspinnern empfangen, die ihn auf dem kurzen Weg in den Eichenwald von nun an pausenlos umschwirren werden. Bei jedem Schritt scheucht der Wanderer weitere der kleinen Falter auf, überall wuseln die Männchen umher; es müssen Millionen von Tieren sein, die zwischen den kahlgefressenen Bäumen umherflattern.

Ihr Ziel sind aber natürlich nicht Spaziergänger, sondern: die wesentlich größeren, trägen, weitgehend fluguntauglichen Weibchen des Schwammspinners (Lymantria dispar), die sich auf den Eichenstämmen niedergelassen haben. Denn der einzige Lebenszweck der kleineren, graubraunen Männchen (Spannweite: etwa 40 Millimeter) ist es, eines der schmutzig-weißen Weibchen zu befruchten – und so für die Arterhaltung zu sorgen.

Wer genauer hinsieht, erkennt, dass es auch an Weibchen keineswegs mangelt: Auf wenigen Quadratzentimetern drängen sich bisweilen vier, sechs oder noch mehr der plumpen Falter, deren runder Leib in einem Wulst brauner Afterwolle endet, mit der sie nach der Eiablage ihr Gelege einspinnt und damit vor Fressfeinden schützt. Wer weiß, dass schon ein Gelege pro zwei Meter Stamm eine Massenvermehrung im nächsten Frühjahr bedeuten kann, macht sich schon jetzt große Sorgen um die Eichen im Gunzenhäuser "Hauswald".

"Das ist gut so"

Nachtfalter-Invasion am Gunzenhäuser Burgstall

© Jürgen Eisenbrand

Jürgen Stemmer, der Leiter der Forstabteilung des Amtes für Ernährung Landwirtschaft und Forsten (AELF), sieht das natürlich auch mit einer gewissen Besorgnis. Allerdings ist der Gunzenhäuser Forstdirektor zunächst einmal froh darüber, dass sich die vor 14 Tagen noch kahlen Kronen der Eichen derzeit wieder zart grün färben. Der sogenannte "Johannistrieb", frische Blätter, die Ende Juni/Anfang Juli austreiben, fällt den Schwammspinnerraupen, entgegen früheren Befürchtungen, nicht zum Opfer, "und das ist gut so", sagt Jürgen Stemmer.

Zuversichtlich stimmt ihn auch die trockene Witterung der letzten Tage: "Dann ist der Mehltau nicht so aggressiv und tritt auch nicht so massiv auf", weiß der Experte, der "zuversichtlich" ist, "dass der Johannistrieb durchkommt". So könnten die Eichen wieder Nährstoffe per Photosynthese erzeugen und "gut in den Winter kommen". Die Schäden am Baumbestand "halten sich in Grenzen", atmet Stemmer auf, auch wenn "einzelne Eichen oder auch unterständige Hainbuchen absterben könnten".

Fachleute beobachten genau

Klar ist aber auf jeden Fall, dass die Fachleute der zuständigen Landesanstalt für Wald- und Forstwirtschaft (LWF) die Lage am Burgstall in den nächsten Monaten ganz genau beobachten werden. "Die LWF war letzte Woche schon da und hat alles inspiziert", sagt Stemmer im Gespräch mit dem Altmühl-Boten. "Die werden das auswerten und uns dann ihre Pläne mitteilen."

Was bedeuten könnte, dass im nächsten Frühjahr womöglich mit einem per Hubschrauber versprühten Insektizid gegen die gefräßigen Raupen vorgegangen werden muss – um die Eichen am Burgstall zu retten. Und um einen Spaziergang dort wieder zu einem gruselfreien Genuss zu machen.

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