„Ohne Toleranz kein Frieden“

10.11.2013, 19:18 Uhr
„Ohne Toleranz kein Frieden“

So lautete die Botschaft des Festakts in der Synagoge in Hainsfarth zum 75. Jahrestag der sogenannten „Reichskristallnacht“.
Siegried Atzmon, Vorsitzende des Freundeskreises der Synagoge, ermahnte, dass Toleranz eine „aktive Einstellung“ sein müsse, und Kultusstaatssekretär Georg Eisenreich würdigte die restaurierte Hainsfarther Synagoge als „bewusstseinsbildenden Ort“ mit der Aufgabe und Verpflichtung, dem Vergessen entgegenzuwirken.
Vor fast genau 300 Jahren wurde in Hainsfarth eine der ersten Synagogen Bayerns durch die jüdische Gemeinde erbaut. Im 19. Jahrhundert renoviert und vergrößert, wurde das jüdische Gotteshaus vor 75 Jahren in der Reichspogromnacht geplündert und verwüstet. Zugleich wurden viele jüdische Bürger aus Hainsfarth und der Region in Konzentrationslager verschleppt. Im Jahr 1943 war die gesamte jüdische Gemeinde Hainsfarths deportiert und ermordet.
Mahnen, erinnern und wachrütteln stehen nach Ansicht von Bürgermeister Franz Bodenmüller angesichts des Datums im Mittelpunkt. Bodenmüller dankte zunächst dem Freundeskreis der Hainsfarther Synagoge für die Erinnerungskultur. Er forderte alle Bürgerinnen und Bürgern zur Bewusstseinsbildung auf. Nie wieder dürfe so viel Hass entstehen, so Bodenmüller.


Einen geschichtlichen Abriss der jüdischen Gemeinde spannte Werner Eisenschink von den Anfängen im 15. Jahrhundert bis zu den unsäglichen Ereignissen durch das Nazi-Regime. Die Gäste erfuhren, dass sich Wassertrüdinger SA-Leute eine „lustige Aktion“ an der Hainsfarther Synagoge mit deren Brandschatzung versprachen, jedoch die Gemeinde und Hainsfarther Bürger dem entgegenwirkten. Dem damaligen Bürgermeister August Wiedemann sei es zu verdanken, dass die Thora-Rollen gesichert wurden, und in der Folgezeit konnte Bürgermeister Max Engelhardt eine Zerstörung verhindern. Eisenschinks Wunsch zum Schluss der Ausführungen war, die jetzige „Jurastraße“ wieder in ihren ursprünglichen Namen „Judengasse“ umzubenennen.
Als eine in Deutschland lebende Jüdin vertraut die Vorsitzende des Freundeskreises Siegried Atzmon auf die Jugend. „Ohne Toleranz kein Frieden und ohne Frieden keine Zukunft“, so Atzmon. Gleichwohl fand sie angesichts unschöner Ereignisse in Fußballstadien oder auf Schulhöfen mahnende Worte. Der „Menschenfeindlichkeit und antisemitischem Gegröle“ müsse rechtzeitig Einhalt geboten werden.
Für Kultusstaatssekretär Eisenreich sei der 9. November 1938 ein Tag der Trauer, der den Übergang von Diskriminierung zur Verfolgung darstellte. Ein unvorstellbarer Zivilisationsbruch durch eine Maschinerie des Schreckens sei initiiert worden, und umso wichtiger seien Orte wie die Synagoge in Hainsfarth, die die Erinnerung lebendig erhalten. Der Tag mahne zur Vorsicht, Besinnung und Wachsamkeit und zu Toleranz und Mitmenschlichkeit, so Eisenreich.
Den Festreden schloss sich ein beeindruckendes Konzert im festlichen Ambiente der Synagoge an. Das „Shalom-Ensemble“ der Bayerischen Staatsoper, geleitet von Generalmusikdirektor Kirill Petrenko, das sich die Erinnerung an Leben und Werk im Holocaust verfolgter und ermordeter Komponisten zur Aufgabe gemacht hat, eröffnete mit der Ouvertüre zur Oper „Brundibár“, bevor der Kinderchor der Bayerischen Staatsoper diese Oper intonierte. Frisch, mit nachdenklichen und melancholischen Zügen, brachten die Kinder diese Geschichte dar. Zum Inhalt: Zwei Kinder, Pepicek und Aninka, wollen Milch für die kranke Mutter und singen auf einem Marktplatz. Dies missfällt dem Leierkastenmann „Brundibár“, der die Kinder vertreibt. Dank des Zusammenhalts vieler Kinder und Tiere wird im Gegenzug der Leierkastenmann vertrieben und das Geld für Milch eingesungen. Die Kinderoper von Hans Krása, einstudiert von Stellario Fagone, steht für gelebte Mitmenschlichkeit und Mut. Zum Schluss erhielten die Mitwirkenden tosenden Beifall.

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