Praxis-Schüler haben gute Perspektiven

7.7.2015, 12:00 Uhr
Praxis-Schüler haben gute Perspektiven

Die Praxisklasse an der Stephani-Mittelschule leistet dazu einen Beitrag: Sie richtet sich an Schüler, die künftigen Arbeitgebern ihre Fähigkeiten nicht mit dem Zeugnis, sondern durch praktische Arbeit direkt im Betrieb beweisen wollen.

Binnen eines Schuljahres hat sich ihr Notendurchschnitt von 4,0 auf 2,0 verbessert. Jessica Eller ist stolz, stolz auf sich selbst – in Bezug auf schulische Leistungen wohl zum ersten Mal seit Langem. Jessica besuchte in diesem Schuljahr die Praxisklasse der Stephani-Mittelschule in Gunzenhausen. Die Praxisklasse bietet Schülerinnen und Schülern die Möglichkeit, sich praktisch zu beweisen. Zu beweisen, dass jemand, dem der Deutsch­aufsatz oder die Englischvokabeln pauken vielleicht nicht ganz so liegt, trotzdem ein guter Bäcker, Maler oder Altenpfleger werden kann. Oder Automobilkauffrau – wie Jessica. In zahlreichen Praktika in verschiedenen Autohäusern hat sie ihren Traumjob gefunden und den Ausbildungsvertrag bereits in der Tasche.

Sabrina Zabka wollte ebenfalls irgendwo in den Verkauf. Aber wo? Dank des Praktikumstages, den die Schüler während des gesamten Schuljahres einmal pro Woche haben, konnte sie einiges ausprobieren. Bäckerei, Drogerie, am Ende wird es nun eine Ausbildung in einem Supermarkt werden. „Ich bin sehr stolz auf mich selbst“, sagt die 16-Jährige. Auch ihre Eltern sind stolz. Hing bis vor einigen Monaten der Haussegen doch des Öfteren mal wegen der schulischen Leistungen schief.

Auch Dogukan Solak haben der Praktikumstag und die zusätzlichen Blockpraktika, die ein Drittel des Schuljahres in der Praxisklasse ausmachen, bei der Berufsorientierung geholfen. Maler sei jetzt nicht so sein Ding gewesen, sagt er, aber auch das wäre natürlich eine Erfahrung. Der 14-Jährige wusste nach dem Praktikum zumindest, dass er in seinem künftigen Job mehr Kontakt mit Menschen haben möchte, und will sich nun auch mehr in Richtung Verkauf orientieren. Einen Baumarkt könnte er sich gut vorstellen.

Jede Menge Kontakt mit Menschen wird auch Sarah Besold haben. Ab September beginnt ihre Ausbildung bei einer Seniorengruppe in Gunzenhausen. Nach zahlreichen Praktika in Kindergärten und bei der Diakonie im Bereich der Pflege und Betreuung war für sie klar, dass es etwas Soziales werden soll. Dafür hatte es ihr auch nichts ausgemacht, mal um fünf Uhr morgens aufstehen zu müssen oder mit den öffentlichen Verkehrsmitteln etwas länger zur Arbeit zu fahren. „Das gehört eben dazu“, sagt die 16-Jährige, der schnell bewusst wurde, dass sie jetzt zwar Glück hat, in Gunzenhausen arbeiten zu können, aber dass das keinesfalls selbstverständlich ist.

Vielleicht deshalb ist Leonora Sari schnell aufgefallen, dass Schule eigentlich viel entspannter ist als Arbeiten. Erst recht, seitdem sie keine einzige Fünf mehr im Zeugnis hat und den Schulstoff problemlos versteht. „Es wird einfach alles viel besser erklärt“, sagt die 16-Jährige, für die acht Stunden Arbeit am Tag eine große Umstellung waren. Trotzdem ist sie froh, sich für die P-Klasse entschieden zu haben. „Sonst würde ich jetzt wohl zu Hause sitzen, ohne Ausbildungsvertrag.“

Die Praxisklassen werden aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds (ESF) gefördert. Als Maßnahme zur Verbesserung der Ausbildungs- und Berufsreife von Jugendlichen leisten sie im Rahmen des ESF-Programms „Regionale Wettbewerbsfähigkeit und Beschäftigung Bayern 2007–2013“ einen Beitrag zur Stärkung der Chancen der jungen Generation. Für die Stephani-Mittelschule steuert außerdem der Schulverband Gunzenhausen einen beträchtlichen Teil bei. 14 von 16 Schülern, die in diesem Schuljahr die P-Klasse in der Stephani-Mittelschule besuchten, haben bereits eine Ausbildungsstelle, die sie ab September antreten. Lehrer Gunther Schindhelm ist zufrieden: „Es ist schön, zu sehen, wie aus schüchternen, wenig selbstbewussten Schülern selbstsichere Jugendliche werden, die erkennen, dass sie Erfolge erzielen können.“

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