Schlungenhof: Heftiger Streit um Umgehung

1.12.2017, 18:23 Uhr
Schlungenhof: Heftiger Streit um Umgehung

© Jürgen Eisenbrand

Rund 200 Interessierte, darunter etliche Stadträte, waren in den Bethelsaal der Hensoltshöhe gekommen, um sich über die diversen Umgehungs-Varianten zu informieren (siehe Berichte unten), sich Landkarten dazu anzusehen und um ihre — wenig kompromissbereiten — Standpunkte darzulegen. Wobei die Laubenzedeler, die um ihre weitgehend verkehrslärmfreie Ruhe fürchten, deutlich zahlreicher und entschiedener auftraten als die von täglich 12 000 Fahrzeugen geplagten Schlungenhöfer.

Eingeladen auf die "Höh" hatte Heinrich Schmidt, der Leiter des Staatlichen Bauamts in Ansbach (Stbaan). Seine Behörde hat die Aufgabe, jene drei Umgehungen an der B 13 zu bauen, die im aktuellen Bundesverkehrswegeplan (BVWP) als "vordringlicher Bedarf" auftauchen: die in Merkendorf, in Stadeln/Muhr am See — und eben in Schlungenhof.

"Das ist Neuland auch für uns", räumte der Leitende Baudirektor zu Beginn des dreieinhalbstündigen "Bürgerdialogs" offen ein. "Die Politik verlangt zwar eine ,frühzeitige Bürgerbeteiligung’, aber keiner sagt uns, wie das geht", so Schmidt.

Klar sei aber: "Bürgerbeteiligung heißt nicht, dass wir abstimmen lassen", dämpfte er womöglich allzu hohe Erwartungen. Man werde auch nicht alles ausdiskutieren können, aber Anregungen "einsammeln und in die Entscheidungsfindung einfließen lassen". Und trotz der Einrichtung einer Arbeitsgruppe, in der neben Behörden- auch vier Vertreter aus den beiden Ortsteilen mitwirken, wisse er auch: "Wir werden es nicht allen recht machen können; unsere Aufgabe ist es, die verträglichste Lösung zu finden."

Schlungenhof: Heftiger Streit um Umgehung

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Schon zuvor hatte Bürgermeister Karl-Heinz Fitz appelliert, den "Bürgerdialog" als Chance für die bestmögliche Lösung" zu begreifen; diese Form der Beteiligungsmöglichkeit sei "nicht typisch. Normalerweise plant das Staatliche Bauamt alleine". Er wisse, dass bei diesem Thema "die Emotionen hochkochen" und dass es natürlich "verschiedene Blickwinkel" darauf gebe. Aber der Rathaus-Chef warb auch darum, das Interesse "der Gesamt-Stadt, des Landkreises und aller anderen Menschen" nicht außer Acht zu lassen: eine gute Verkehrsanbindung.

Werner Ott, der Abteilungsleiter Planung beim Stbaan, erläuterte sodann den Ablauf einer Straßenplanung sowie deren Dauer (10 bis 15 Jahre). Und erklärte, was bei diesem Projekt "erschwerend hinzukommt: die Absicht der Deutschen Bahn, mehrere beschrankte Bahnübergänge in diesem Bereich zu beseitigen". Das bedeute nicht, dass man sich deshalb auf eine bestimmte Variante festlegen müsse, es biete jedoch "die Chance für eine terminliche Abstimmung". Aber es setze die Straßenplaner auch etwas unter Zeitdruck: Die Bahn brauche eine Entscheidung über die Trassenführung möglichst bis Ende 2018.

Diesen Zeitdruck beklagte Beate Steinweg-Pitsch, die für Laubenzedel bereits zwei Workshops der Arbeitsgruppe bestritten hat. Sie sei zwar "sehr beeindruckt" über die offene und intensive Arbeit, die dort geleistet werde, aber manches gehe ihr "zu schnell". Sie habe "das Gefühl, ich bin nicht auf Augenhöhe mit den Experten" und komme sich "etwas überfahren" vor: "Ich wünsche mir mehr Bürgervertreter in der Arbeitsgruppe." Ein Wunsch, dem spontan entsprochen wurde: Künftig werden je drei Ortsteilbewohner mitarbeiten.

Die Schlungenhöfer Ortssprecherin Ella Reichardt bekannte offen, in der Arbeitsgruppe die Interessen ihres Ortsteils zu vertreten. Und auch, dass sie ihre Arbeit dort "mit Bauchgrummeln" verrichte, weil sie "noch keine befriedigende Lösung für alle" gefunden habe. Klar sei jedoch, dass den Schlungenhöfern eine Trasse, die die Landschaft durchschneide, angesichts der knappen landwirtschaftlichen Flächen "nicht zumutbar" sei.

"Weniger belastend"

Die Siedlung sei ohnehin "eingekesselt von Gunzenhausen, dem See und zwei Bundesstraßen", sodass "für Schlungenhof nur die ,Holzbauertrasse’ in Frage kommt. Die schmiegt sich an die Bahn an und hat den geringsten Flächenverbrauch". Sie sei damit "weniger belastend als die B 13 durch den Ort".

Eine Haltung, die bei den Laubenzedlern naturgemäß auf Widerspruch stieß. Sie lehnen die "Holzbauertrasse", die bei den Planern als "Variante 1" firmiert, rundweg ab — und favorisieren stattdessen die "Nullvariante", also den Ausbau der bisherigen Ortsdurchfahrt, oder die sogenannte "Westtangente", die ab Triesdorf — vorbei an Ornbau, Mörsach, Streudorf, Mooskorb und Schweina zur B 466 bei Unterwurmbach verlaufen soll. Ein kühner Entwurf, der freilich bei den Planern auf vehemente Ablehnung stößt (siehe unten links).

An der seit Jahren totgeglaubten "Holzbauer-Trasse" lassen die Laubenzedler generell kein gutes Haar. Sie beschere ihnen massiven Straßenlärm und lenke zudem den Verkehr in Richtung Weißenburg/Ingolstadt falsch: hin zur Staatsstraße 2222 und weg von der Bundesstraße 13. Das sei in der Tat "eine Achillesferse, die man berücksichtigen muss", räumte Stbaan-Leiter Schmidt ein. Und auch Fitz betonte, es sei "wichtig, wo die Umfahrung auf die B 466 trifft. Je weiter im Westen, desto mehr Entlastung bringt sie".

"Vorzugsvariante"

Warum die "Holzbauer-Trasse" dann überhaupt noch im Rennen sei, wollten einige hörbar erregte Schlungenhöfer wissen. "Sie ist die Vorzugsvariante des Bundes", antwortete Schmidt. Deshalb könne man sie — ebenso wie die "Nullvariante" nicht sofort aus dem Meinungsbildungsprozess entfernen, sondern müsse sie untersuchen.

Dem Vorwurf der Kritiker, diese Variante nütze nur der Bahn, und Fitz habe bei einem Gespräch über die Bauabsichten des Staatskonzern in Laubenzedel verschwiegen, dass die "Holzbauer-Trasse" wieder im Gespräch sei, widersprach der Rathaus-Chef: Damals sei "der Bundesverkehrswegeplan noch kein Thema" gewesen. Und auch wenn die Variante darin aufgeführt sei, bedeute das "keine Festlegung auf die ,Holzbauer-Trasse’". Und Schmidt ergänzte trocken: "Die Bahn plant elektronische Stellwerke und die Abschaffung aller Bahnübergänge — ob Laubenzedel damit Probleme hat, interessiert die nicht."

Am Ende eines langen Abends, an dem auch der Vorschlag gemacht wurde, erst einmal abzuwarten, ob nicht allein die flächendeckende Einführung der Lkw-Maut auf Bundesstraßen am Juli 2018 eine spürbare Entlastung für Schlungenhof bringe, bedankten sich die Behördenvertreter beim Publikum für die sachliche Diskussion. Stbaan-Chef Schmidt versprach, bis zum nächsten Termin Lärmberechnungen zu veranlassen und deren Ergebnisse mitzubringen.

Und seine Projektleiterin Nadine Kießling beteuerte noch einmal, was etliche der Anwesenden augenscheinlich nicht vorbehaltlos glauben wollen: "Wir haben keine bevorzugte Variante!"

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