Schmerzliche Erinnerung an das Kriegsgeschehen

20.4.2015, 18:00 Uhr
Schmerzliche Erinnerung an das Kriegsgeschehen

© Schachameyer

Im Gottesdienst in der an jenen 70 Jahre zurückliegenden Tagen schwer getroffenen Stadtkirche sagte Stadtpfarrer Detlef Meyer, die Zerstörungswut des Krieges habe am 18. und 19. April 1945 auch die Krautstadt eingeholt. „So beschäftigen uns heute die schmerzliche Erinnerung an die Toten, aber auch der Dank für das Geschenk des Neuanfangs“, so Meyer. Im Gedenken an jene dunklen Zeiten müsse bekannt werden, dass nicht treu genug geglaubt und nicht vehement genug den dunklen Mächten widerstanden worden sei. Seiner Predigt stellte Meyer eine Passage aus dem Johannesevangelium, Kapitel 10, voran: „Ich bin der gute Hirte und meine Schafe hören meine Stimme...“
Begonnen habe in den unseligen NS-Zeiten alles damit, dass man auf die Stimme des guten Hirten nicht mehr habe hören wollen. Vielmehr sei man einem Ver-Führer und seinem Traum gefolgt, der doch von Anfang an nur ein Alptraum war. Am Ende seien das Erschrecken und Entsetzen groß gewesen. Und so bleibe bis heute die Frage, warum es so wenig Widerstand, auch aus den Kirchen, gegeben habe.

„O Land, Land, Land, höre des Herrn Wort!“, ein Spruch aus dem Buch des Propheten Jeremia, sowie „Wachet, stehet im Glauben, seid mutig und seid stark“, ein Paulus-Wort aus dem ersten Korintherbrief, seien nach der Zerstörung des Gotteshauses am Bogen des Chorraums noch zu lesen gewesen. Damit habe Gott in die Situation hineingesprochen und habe einen Neuanfang für die Stadt und das Land geschenkt. Doch sei damit nicht „alles wieder gut“, und auch wenn noch einmal 70 Jahre um sein werden, sei es nicht gut. „Das Böse ist aber aufgehoben in etwas Größerem“, gab Meyer seiner Überzeugung Ausdruck. „Der gute Hirte will, dass wir auch heute wachsam sind“, betonte der Geistliche. Dies bedeute unter anderem, Asylbewerbern „schlichte, warme Menschlichkeit“ entgegenzubringen. „Denn wir haben einen wachen, starken Herrn an unserer Seite“, bekräftigte Meyer zum Ende seiner Ausführungen.

Dem Gottesdienst, den der Kirchenchor und der Posaunenchor sehr feierlich mit ausgestalteten, folgte ein Totengedenken auf dem nahen Friedhof, wohin die Vereinsabordnungen mit ihren Fahnenträgern vorneweg sowie die Gemeinde zogen. Am Sammelgrab der Kriegstoten legte der Vorsitzende der Soldatenkameradschaft, Merkendorfs 3. Bürgermeister Hans Fleischner, gemeinsam mit Stadtoberhaupt Hans Popp einen Kranz nieder. Fleischner rief die Geschehnisse des 18. und 19. April 1945 in Erinnerung, wie sie im Buch „Krieg und Frieden in Merkendorf“ von Zeitzeugen beschrieben sind. „Noch in vielen, die heute hier anwesend sind, werden die Ereignisse von damals wieder wach“, sagte er. Noch Jahrzehnte nach der Bestattung ihrer in jenen Merkendorfer Kriegswirren zu Tode gekommenen Angehörigen seien Verwandte zu den Gedenkfeiern hierher gekommen, um sich an ihre Familienmitglieder zu erinnern und zu trauern. „Wir haben einen Auftrag“, betonte Fleischner: „Wir müssen die Erinnerung wach halten.“

Am 18. April 1945, genau um 16.45 Uhr, sei die Kirchturmuhr stehen geblieben, herabgefallen und verglüht, berichtete Bürgermeister Hans Popp. Er umriss die Vorgänge jener beiden Tage und spürte in seinen Ausführungen dem Ausdruck „Gedenken“ nach. Darin stecke sowohl das Erinnern als auch das Nachdenken: „Eine Gruppe von Menschen hält inne und stellt sich ihrer Geschichte“, auch wenn dies Trauer, Scham oder Zorn auslöse. Denn Gegenwart und Zukunft ließen sich nur in Kenntnis der Vergangenheit gestalten, so der Bürgermeister. „Wir erlegen uns die Verpflichtung auf, uns gegen politischen Ungeist zu wehren und uns für Recht, Freiheit und Wahrung der Menschenwürde einzusetzen.“
Die Gedenkfeier auf dem Friedhof endete mit einem Gebet von Diakon Heinrich Förthner. Der Posaunenchor war hier ebenfalls mit dabei und gab der Gedenkfeier einen musikalischen Rahmen.

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