Schwammspinner macht Gunzenhäuser Wald zu schaffen

15.12.2018, 06:20 Uhr
Schwammspinner macht Gunzenhäuser Wald zu schaffen

© Jürgen Eisenbrand

Der Anblick war nahezu apokalyptisch: Mitten im schönsten Frühling war ein Gutteil des Burgstallwalds komplett entlaubt. Dafür verantwortlich waren die überall herumwuselnden Raupen des Schwammspinners, die deutlich vernehmbar über die Blätter der Eichen herfielen. Ein leises Rascheln war in der ansonsten gespenstischen Stille zu vernehmen.

Noch einmal möchte man das eigentlich nicht erleben. Doch im kommenden Jahr könnte es sogar noch schlimmer kommen. Die unzähligen Gelege, die fast an jedem Baum kleben, wecken bei den Experten schlimmste Befürchtungen, wie im Gespräch mit dem Leiter des Gunzenhäuser Forstamts Jürgen Stemmer, dessen Stellvertreter Ludwig Schmidbauer, dem Gräfensteinberger Revierleiter Bernhard Leidel und Franz Eitel, bei den Bayerischen Staatsforsten in Allersberg zuständig für den Raum Gunzenhausen, deutlich wurde.

Unwahrscheinlich hohe Anzahl

Bereits bei einem Eigelege auf den unteren zwei Metern eines Baumstamms wird von einer deutlich erhöhten Dichte gesprochen. Die aktuellen Gelegezahlen im Burgstall spotten dem jeglicher Beschreibung, das sieht selbst der Laie. Franz Eitel spricht von einer "unwahrscheinlich hohen Anzahl", aufgrund derer man mit "einem absoluten Kahlfraß rechnen" müsse.

Auch die Landesanstalt für Wald und Forst hat den Ernst der Lage in Gunzenhausen erkannt und jüngst zu einer Dienstbesprechung geladen. Dort wurde nun das weitere Vorgehen angesichts der beunruhigenden Häufung der Gelege besprochen. Zunächst soll mit Hilfe eines deutlich differenzierten Monitorings die tatsächliche Gefährdungsflächen abgegrenzt werden, Mitarbeiter der Landesanstalt werden sich vor Ort ein Bild von der Lage machen.

Anschließend wird die Umweltverwaltung eingeschaltet, die die betroffenen Gebiete naturschutzfachlich bewertet. Am Ende einer ganzen Kette von Schritten werden gegen Ende März sogenannte Bekämpfungsflächen feststehen, in denen man gegen den Schwammspinner gezielt vorgehen könnte.

Schwammspinner macht Gunzenhäuser Wald zu schaffen

© Forstamt

Ob im Burgstall dann aber tatsächlich eines der in Frage kommenden chemischen Mittel zur Bekämpfung der Schwammspinnerraupe zum Einsatz kommt, steht noch vollkommen in den Sternen. Denn es spricht einiges dagegen. So liegen die befallenen Bäume sehr nahe am Stadtgebiet und grenzen an einer Seite an ein Wasserschutzgebiet, aus dem Gunzenhausen sein Trinkwasser bezieht. Auch das "Waldbad" hat seinen Namen nicht von ungefähr und mit der Hensoltshöhe und dem Lindenhof liegen zwei Kliniken im Einzugsgebiet. Schließlich ist der Forst noch ein sogenanntes FFH-Gebiet.

Aus forstwirtschaftlicher Sicht jedoch wäre es für Franz Eitel ein "Horrorszenario", wenn ein weiterer Kahlfraß tatsächlich dazu führen würde, dass Teile der Eichen absterben. Bernhard Leidel hält einen zweiten Kahlfraß für ein "sehr großes Risiko" und betont: "Unser Ziel ist es, die Eichenwälder nicht zu verlieren". Wenn der Schwammspinner nicht bekämpft wird, könnte sich der Burgstall "massiv verändern", hält auch Schmidbauer für möglich.

Zwar ragt der Burgstallwald aufgrund des zu erwartenden enorm hohen Raupenaufkommens und seiner Insellage etwas aus der Menge heraus, doch er ist bei weitem nicht der einzige betroffene Forst. Der Schwammspinner breitet sich in ganz Nordbayern aus, war auch bereits heuer und im Vorjahr in Unterfranken sowie rund um Uffenheim und Neustadt/ Aisch ein Problem.

Im Landkreis Weißenburg-Gunzenhausen hatten die Experten noch Dorsbrunn im Blick, auch dort ließ die Zahl der Gelege im Frühjahr Schlimmes befürchten, schildert Stemmer die Situation. Doch wider erwarten gab es dort "keinen nennenswerten Fraß", was für Stemmer und die anderen Fachleute "nicht erklärbar" war und ist. Dafür offenbarte sich quasi über Nacht ein weiterer Hotspot westlich von Unterasbach, mit dem dortigen Kahlfraß hatte niemand gerechnet.

"Räumlich weiterentwickelt"

Mittlerweile hat sich der Schwammspinner "räumlich weiterentwickelt", so Stemmer. So fand Bernhard Leidel bei seinen Kontrollgängen rund um Gunzenhausen im Dreieck zwischen Pfofeld, Theilenhofen und Dornhausen Flächen mit einer erhöhten Anzahl an Eigelegen, und auch bei Dittenheim und Gnotzheim gab es Auffälligkeiten.

Ob und wo tatsächlich bekämpft wird, diese Entscheidung wird am Ende tatsächlich erst kurz vor dem Schlüpfen der Raupen getroffen. Das letzte Wort hat hier nicht das Forstamt, sondern die Landesanstalt. Und die werde, ist sich Stemmer sicher, "alle erdenklichen Risiken vermeiden".

Inwieweit sich die Gelege im Frühjahr tatsächlich in ein Heer hungriger Raupen verwandeln, hängt auch entscheidend vom Wetter ab. Ein kühles, regnerisches Frühjahr kann den Raupen schwer auf den Magen schlagen. Sie schlüpfen entweder so spät, dass sie kein junges, zartes Grün mehr vorfinden sondern eher unverdauliche, weil schon leicht ledrige Eichenblätter. Oder aber die Kälte schränkt die Raupen in ihrer Mobilität deutlich ein — und sie verhungern. Eine Gefahr für die Gelege sind auch Parasiten. Ob die im Burgstall davon betroffen sind, das wird im Labor der Landesanstalt untersucht.

Über den aktuellen Stand der Dinge können sich Interessierte Bürger jederzeit an Jürgen Stemmer wenden, er sei auch gerne zu einem persönlichen Gespräch bereit, betont er.

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