So funktioniert die Technik unter dem Brombachsee

26.4.2018, 06:00 Uhr
So funktioniert die Technik unter dem Brombachsee

© Foto: Viola Bernlocher

"Wir leben in bewegten Zeiten." Thomas Bauer, der mittelfränkische Regierungspräsident, setzt zur Begrüßung gleich das Thema. Gerade hat Bayern eine neue Staatsregierung bekommen, ein Landesamt für Asyl ist in Planung, viele andere Projekte warten auf die Bezirke.

"Bei diesem Arbeitstreffen wollen wir die handwerklichen Grundlagen für die Verwirklichung der politischen Ziele legen", erklärt Bauer. Bevor die Regierungspräsidenten und -präsidentinnen aber an die Arbeit gehen, wartet auf sie noch ein kleines Programm, bei dem sie die Gegend kennen lernen sollen. Vielleicht lässt sich so auch Inspiration mit nach Hause nehmen. Schließlich ist der Brombachsee der Lieblingssee der Deutschen, zumindest wenn man es von der Besucherfrequenz her betrachtet. Und von seiner Wasserfläche kann er mit dem Tegernsee mithalten.

In der Mandlesmühle, die neben der Seemeisterstelle für den Brombachsee auch das touristische Infozentrum für das Fränkische Seenland beherbergt, geht es los. Der Leiter des Wasserwirtschaftsamtes Ansbach, Thomas Keller, erklärt, wie es zum Seenland überhaupt kam.

Ganzer Landstrich versank

Schon in den 1960er-Jahren gab es erste Überlegungen. Denn der Norden Bayerns ist weit wasserärmer als der regenreiche Süden, im Sommer führten die Bäche wenig Wasser, zusammen mit den Einleitungen aus den Kläranlagen wurde das zum Problem. Zudem sollte mit dem Rhein-Main-Donau-Kanal eine schiffbare Verbindung über die europäische Hauptwasserscheide entstehen und so begann 1976 eines der größten Infrastrukturprojekte des vergangenen Jahrhunderts.

Besonders der Brombachsee, der rund neun Quadratkilometer Fläche einnimmt, ließ einen ganzen Landstrich versinken. Wie groß das Ausmaß ist, zeigt sich in der Mandlesmühle plastisch. In der ehemaligen Scheune, die jetzt das Infozentrum beherbergt, ist eine ganze Wand dem Vorher/Nachher gewidmet. Auf drehbare Würfelelemente sind zwei Luftbilder gedruckt, eines vor Bau und Flutung des Sees und eines wie es heute ist.

Zwölf Mühlen im Tal des Brombach versanken damals im See. Einzig die Mandlesmühle blieb übrig. Heute liegt sie knapp unterhalb des großen Staudamms, der das Brombachtal auf zwei Kilometern Länge absperrt. 1996 war der Bau des großen Erdwalls vollendet und die Flutung begann.

Genau diesen Damm schauen sich die Politiker von innen an. Er ist seit den Anschlägen des 11. Septembers 2001 in New York nicht mehr für die Öffentlichkeit zugänglich, zu groß sind die Bedenken, dass eine Sabotage stattfinden könnte. Nur zum 25. Jubiläum des Seenlands konnten einige Besuchergruppen hinein.

Ein kleiner Weiher liegt unterhalb des Auslasses. Über ein Wehr fließt das Wasser des aufgestauten Brombachs langsam wieder aus dem See. Derzeit rund 300 Liter in der Sekunde, der normale Durchfluss des Bachs. Damit das ausfließende Wasser nicht ungenutzt bleibt, läuft es durch zwei Ossberger-Durchstromturbinen, die eine Leistung von 1,2 Kubikmetern in der Sekunde und 230 Kilowattstunden in der Spitze haben, wie Helga Pfitzinger-Schiele, Abteilungsleiterin für die Donau-Main-Überleitung beim Wasserwirtschaftsamt , erklärt. Die Wassermenge, die aus dem See abgegeben wird, wurde inzwischen dem Klimawandel angepasst, berichtet Thomas Keller. Inzwischen werde lieber weniger dafür länger Wasser aus dem See gelassen, so dass dieser auch bei längeren Trockenphasen einen für den Freizeitnutzen angenehmen Füllstand behält, aber die Bäche trotzdem nicht auf Niedrigwasser fallen.

Im großen Turbinenhaus kann man die in rot und blau lackierten Turbinen sehen. Wie zwei sehr dicke, lange Rohre sehen sie aus, in ihnen drehen sich die Propeller, die Strom erzeugen. Der Lärm in der großen Halle ist betäubend, die Erklärungen von Pfitzinger-Schiele gehen im lauten Getöse fast unter.

Ausgeklügeltes Innenleben

Über eine Treppe geht es hinunter in den Gang, der in den Damm hinein führt. Während es draußen noch sommerlich warm war, wird es hier unten feucht, klamm und kalt. Neun Grad nur hat es, ohne Jacke läuft die Gänsehaut über die nackten Oberarme. Helga Pfitzinger-Schiele drückt auf einen Lichtschalter. Flackernd gehen die fahlen Neonlichter an und tauchen den langen Gang in ihr grelles Licht.

Die schmucklose Betonröhre geht es entlang, ins Innere des Damms. Am Ende liegt einer der Entnahme-Türme, aus dem das Wasser aus dem See abgezapft wird. Beim Gang durch den Tunnel sind die Barometer kontinuierlich angestiegen, auf 3,1 Bar. "31 Meter Wassersäule liegen jetzt über uns", sagt Helga Pfitzinger-Schiele, bevor sie den Besuchern das ausgeklügelte Pumpen-System erklärt.

Ein Stück im Tunnel zurück führt eine Eisentreppe ein Stockwerk höher. Der Tunnel, in den man nun nach rechts und links blickt, ist ohne gleichen. 900 Meter geht es in die eine Richtung, 890 Meter in die andere, erklärt Thomas Keller. Direkt im Damm kann man von einem Ende zum anderen laufen. Weil das ziemlich lange dauert, steht hier für die Mitarbeiter ein Fahrrad.

Es ist ein unwirkliches Gefühl, hier zu stehen. Beklemmend, wenn man über und neben sich rund 56,4 Millionen Kubikmeter Wasser weiß. Nicht auszumalen, wenn der dicke Erdwall nicht mehr halten sollte. Das ist aber äußerst unwahrscheinlich, schließlich wird er regelmäßig überprüft und Kontrollsysteme schlügen sofort Alarm, wenn etwas nicht stimmt, erklärt Keller.

Trotzdem, als es durch den Tunnel zurück geht und man wieder in der warmen Sonne steht, verschwindet ein leichtes Unbehagen. Auch wenn es für die Regierungspräsidenten jetzt erst einmal heißt: "An die Arbeit!"

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