Streit über Straßenausbau-Beiträge in Gunzenhausen

11.8.2017, 06:00 Uhr
Streit über Straßenausbau-Beiträge in Gunzenhausen

© Marianne Natalis

Die Landkreis-Politik in Gestalt von Landrat Gerhard Wägemann, dem Gunzenhäuser Bürgermeister Karl-Heinz Fitz (beide CSU) und dem Weißenburger OB Jürgen Schröppel (SPD) fügen sich in das wohl Unvermeidliche und werden Hausbesitzer wie Gewerbetreibende für den innerstädtischen Straßenbau künftig zur Kasse bitten. Vermutlich in Form von Einmalbeiträgen, weil diese Variante rechtssicher sei und der Verwaltungsaufwand niedriger.

Die Vertreter der Wirtschaft, Karl-Friedrich Ossberger (Ehrenvorsitzender des IHK-Gremiums Weißenburg-Gunzenhausen) und IHK-Vizepräsidentin Erika Gruber, ließen hingegen kein gutes Haar an der Straßenausbaubeitragssatzung (SABS) und kündigten an, politisch weiter gegen sie mobil zu machen: "Im Interesse der Wirtschaft, aber auch der Bürger", wie Ossberger betonte, "denn davon ist schließlich jeder betroffen".

Und die IHK-Vertreter zeigten sich auch nicht völlig davon überzeugt, dass die Einmalbeiträge, bei denen Hausbesitzer durchaus auch mal mit fünfstelligen Summen dabei sind, wirklich die bessere Alternative zu wiederkehrenden Beiträgen sind. Die sind zunächst niedriger, müssen aber über längere Zeit geleistet werden.

Forderung: Keine neuen Gebühren

"Wir haben eine grundsätzlich ablehnende Haltung", stellte Ossberger gleich zu Beginn seiner Ausführungen klar. Und lieferte dafür auch einige Argumente: Die Haushaltslage der öffentlichen Kassen sei gut, weshalb Gebühren eher gesenkt als neu erhoben werden sollten. Der Verwaltungsaufwand für die Straßenausbaubeiträge sei hoch ("Manche sprechen gar von einem Monster!"), und schließlich gebe es sie anderswo auch nicht - womit er auf das "gut mit Bayern vergleichbare Baden-Württemberg" anspielte. Für Unternehmen im Grenzgebiet zu den Nachbarn im Westen sei die Lage deshalb "besonders misslich".

Ossberger monierte zudem die nach IHK-Berechnungen vergleichsweise geringen Einnahmen durch die Beiträge, die maximal rund 6 Prozent des gesamtbayerischen Gundsteueraufkommens von 1,6 Milliarden Euro betrügen. Und er verwies auf die Landeshauptstadt München, die eine bereits eingeführte SABS wieder abschaffte, weil die Stadtkasse der Isarmetropole auch ohne die Beiträge prall gefüllt ist. Grundsätzlich hielt er fest: "Wir halten die Satzung für nicht sinnvoll, und unser Ziel bleibt ihre Abschaffung!"

Gesetzeslage ist eindeutig: SABS muss sein

Weil aber die Gesetzeslage eindeutig ist und die Gemeinden im Landkreis gezwungen sind, eine SABS einzuführen, "können wir derzeit nur über das Wie reden - und nicht mehr über das Ob", so Ossberger. Sein IHK-Gremium favorisierte dabei zunächst, ebenso wie die Politik, die Einmalbeiträge. Auf Drängen von Erika Gruber allerdings debattiere man derzeit darüber, ob die wiederkehrenden Beiträge, mit denen man etwa "in Rheinland-Pfalz gute Erfahrungen gemacht" habe, nicht doch vorzuziehen seien.

In jedem Fall appellierte er an die Stadträte der Landkreisgemeinden, "Lösungen zu finden, die akzeptabel und einfach zu verstehen sind". Er regte an, als Ausgleich für die neuen Belastungen, die Grund- und die Gewerbesteuer zu senken, zudem sollten die Kommunen die Spielräume, die ihnen das Gesetz einräumt, großzügig zugunsten der Bürger nutzen, sprich: die Anteile der Gemeinden an den jeweiligen Baukosten möglichst hoch und den der Bürger und Gewerbetreibenden (die einen Extra-Aufschlag zahlen sollen) möglichst klein zu halten.

Brief an Seehofer

In diesem Zusammenhang verwies er auch auf einen Briefwechsel zwischen Gruber und Ministerpräsident Horst Seehofer, in dem dieser auf das Selbstbestimmungsrecht der Kommunen in dieser Frage verwies. "Wir wollen nicht, dass Gewerbetreibende wegen der Belastungen durch den Straßenneubau eigene Investitionen nicht durchführen können."

Ossbergers Appell traf bei den anwesenden Kommunalpolitikern auf offene Ohren. Einmütig versicherten Fitz und Schröppel, die auch von ihnen ungeliebte Satzung stets im Sinne der Beitragszahler auslegen zu wollen: keine rückwirkenden Forderungen, möglichst hohe kommunale Kostenanteile, Härtefallregelungen, Stundungen und Deckelungen. "Wir werden unsere Spielräume nutzen", versprach der Weißenburger Oberbürgermeister, allerdings müsse man auch noch im Rahmen des Gesetzes bleiben und dürfe "nicht überreizen" (Fitz).

"Wir können nicht so tun, als gebe es das Gesetz nicht"

Wichtig war den beiden Rathaus-Chefs, noch einmal darauf hinzuweisen, dass sie die SABS nicht etwa deshalb einführen müssen, "weil wir Kredite aufnehmen" (Schröppel), sondern "weil wir gezwungen sind, es zu tun", so Fitz: "Wir können nicht so tun, als gebe es das Gesetz nicht." Das Problem für die Kommunen: Führen sie die SABS nicht ein, kann das Landratsamt als Aufsichtsbehörde dem nächsten Haushalt die Genehmigung versagen.

Ohnehin ist der Landkreis Weißenburg das "SABS-Schlusslicht" im Freistaat: Landesweit haben etwa 75 Prozent aller Gemeinden die Satzung bereits in Kraft, in den Landkreisen Roth und Erlangen-Höchstadt sind es jeweils weit über 90 - in Altmühlfranken hingegen nur 26 Prozent, also sieben von 27 Gemeinden.

Für die anderen 20 streben Fitz und Schröppel nun dringend eine gemeinsame Lösung an, und die wird wohl auf die genannten und in Bayern weit verbreiteten Einmalbeiträge hinauslaufen. Bei diesen sei die Rechtslage seit Jahren klar, wohingegen man sich mit den wiederkehrenden Beiträgen auf juristisch höchst unsicheres Terrain begebe. Zudem, so die beiden Stadtchefs, sei der Verwaltungsaufwand bei dieser Variante "ein Wahnsinn", so Schröppel: "Wir müssten jedes Jahr 6.000 Bescheide rausschicken!" Und Fitz schätzt, dass er allein dafür "zwei bis drei Mitarbeiter zusätzlich in der Verwaltung" benötigen würde.

"Da leben auch noch alle"

So scheint also alles auf die Einmal-Straßenausbaubeiträge hinauszulaufen. Und auch die grundsätzliche Opposition der IHK gegen die SABS verspricht derzeit wenig Erfolg. Denn: Alle Landtagsfraktionen halten laut Schröppel die Gebühren für "unverzichtbar". Und von jenen Kommunen, die die Satzung bereits eingeführt haben, ist kein Widerstand mehr zu erwarten. Denn, so Gerhard Wägemann: "Die, bei denen das Geld schon in die Kassen fließt, wollen es natürlich nicht mehr hergeben." Der Landrat hat für alle Skeptiker freilich noch einen Trost parat: "Drei Viertel aller bayerischen Gemeinden haben die Satzung schon eingeführt. Und da leben auch noch alle."

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