Veronika Schmalz: Internet ist Erwachsenenstatus

25.2.2017, 18:25 Uhr
Veronika Schmalz: Internet ist Erwachsenenstatus

© Tina Ellinger

Vom Spielen auf dem Smartphone ist es nur ein kleiner Schritt ins Internet, weiß Veronika Schmalz, die seit Mai 2010 im Landratsamt als Jugendsozialarbeiterin an Schulen tätig ist. Sie betreut den Standort Weißenburg der Altmühlfranken-Schule und die Grundschule in Weißenburg. "Die kinderleichte Bedienung ist sehr verführerisch", erklärt sie und schiebt die Warnung gleich hinterher: "Der frühe Zugang zu diesen Medien ist sehr gefährlich!"

Soziale Kompetenzen lernen

Grundschulkinder, so die Fachfrau, durchlaufen viele verschiedene, ganz sensible Entwicklungsschritte. Sie erlernen Fähigkeiten wie Lesen, Schreiben und Rechnen. Sie lernen, anderen zuzuhören, sie ausreden zu lassen, sich angemessen zu begrüßen. Und sie lernen, mit anderen mitzufühlen, sich in sie hineinzuversetzen — die vielzitierte soziale Kompetenz eben. Kommen die Jungen und Mädchen aber zu früh (ungehindert und unkontrolliert) ins Netz, werde das verhindert. "Kommunikation kann in den sozialen Netzwerken nicht erlernt werden", betont sie. "Mit der Löschtaste kann man ja alles wieder wegmachen. Die Konsequenzen sind ihnen gar nicht bewusst."

Lästern und Mobben via WhatsApp ist ein Thema, mit dem sich auch Thomas Pfaffinger nahezu täglich auseinandersetzen muss. Er ist Mitarbeiter des Diakonischen Werks Weißenburg-Gunzenhausen und als Schulsozialarbeiter Ansprechpartner für die Schüler der Gunzenhäuser Stephani-Mittelschule, also die Jahrgangsstufen fünf bis zehn. Nach seinen Worten ist nichts einfacher, als sich Beleidigungen von Display zu Display zu schicken. Ganz abgesehen von den nicht immer jugendfreien Fotos, die in den Chatgruppen herumgeschickt werden, ein Problem, das an den Schulen verstärkt um sich greift, samt den dadurch ausgelösten Schlägereien auf dem Pausenhof.

Man sieht schließlich nicht von Angesicht zu Angesicht, was eine solche Nachricht beim Gegenüber auslöst, sieht nicht die Tränen in den Augen. "Man muss sich nicht mit den Reaktionen auseinandersetzen. Das ist einfach und bequem", ergänzt seine Kollegin. Das Einzige, das hilft, ist, die Jugendlichen von der virtuellen in die reale Welt zurückzuholen. Sprich, sie an einen Tisch zu setzen, weiß Thomas Pfaffinger aus seiner täglichen Arbeit mit den jungen Leuten.

Dazu kommt, da ist er mit Veronika Schmalz einer Meinung, die Gefahr, die ein Zugang zum weltweiten Netz mit sich bringt. Der Nachwuchs könne ohne weiteres auf Seiten landen, auf denen Kinder nichts zu suchen haben. Jedes dieser Geräte hat außerdem eine Kamera. "Vielen ist gar nicht bewusst, dass man dadurch selbst auch fotografiert werden kann", gibt Veronika Schmalz zu bedenken. Sie kennt die große Verunsicherung der Eltern, die ihren Sprösslingen den Wunsch nach einem Smartphone nicht abschlagen wollen — jeder hat eines, jeder benutzt eines.

Aber: "Kinder sollen Kinder sein dürfen, und das Internet ist nun mal Erwachsenenstatus", bringt es die Mutter dreier Kinder auf den Punkt. Ihrer Erfahrung nach können Jungen und Mädchen unter zehn Jahren nicht verantwortungsvoll mit dem Medium umgehen. Nicht von ungefähr sehen die beiden Schulsozialarbeiter den Anstieg von Kindern mit ADHS und depressiven Erkrankungen mit Sorge. "Viele Kinder sitzen viel zu viel, es fehlt das Erleben mit allen Sinnen in der Natur. Das ist gegen ihre Entwicklung."

Chats kontrollieren

Eine ganz andere Geschichte sind Lernspiele am Computer und auch die i-Pads, die für die Wirtschaftsschule in Gunzenhausen angeschafft werden. Zum einen geht es hier um Jugendliche ab der 7. Klasse, zum anderen werden die Tablets nicht als Spielzeug, sondern als Arbeitsmittel eingesetzt. "Da wird das Medium in einem geschützten Raum genutzt," erklären die zwei Fachleute und verweisen zum Beispiel auf den Schulfilter, der bestimmte Internetseiten sperrt, sodass die Schüler keinen Zugriff darauf haben. So wird das auch an der Stephani-Mittelschule gehandhabt, wo ebenfalls Notebooks und Tablets in den Klassenzimmern im Einsatz sind.

Technische Sperren oder auch die Kontrolle der Chats sind für Veronika Schmalz und Thomas Pfaffinger übrigens durchaus auch für zu Hause legitim. Zum Schutz der Kinder, die — auch das ist klar — mit den neuen Medien umgehen lernen müssen.

Aber der Zeitpunkt ist für beide ganz entscheidend: "Wenn Sie Ihrem Kind zutrauen, mit 20 Euro in der Tasche alleine mit dem Zug nach Nürnberg zu fahren und abends wieder pünktlich daheim zu sein, dann hat es die entsprechenden Kompetenzen." Dann kann es auch mit dem Smartphone umgehen, sind Veronika Schmalz und Thomas Pfaffinger überzeugt: "Erst die Grundkompetenzen, dann das Handy. Das läuft einem ja nicht weg."

 

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