Von Nürnberg nach Ansbach: Linker Gesundheitsexperte Weinberg im Wahlkampf

15.9.2017, 17:59 Uhr
Von Nürnberg nach Ansbach: Linker Gesundheitsexperte Weinberg im Wahlkampf

© Harald Baumer

Seit 2009 sitzt Harald Weinberg im Bundestag, beim letzten Urnengang trat er noch im Wahlkreis Nürnberg-Nord an. Doch Nürnberg ist nicht mehr Weinbergs Terrain: Zwar hat er dort ein Büro, das er auch im Falle seines Wiedereinzugs ins Parlament nicht aufgeben möchte - schließlich müssten die insgesamt vier Linken-Parlamentarier aus Bayern irgendwie den ganzen Freistaat abdecken. Als Kandidat kämpft Weinberg aber um Stimmen aus dem Wahlkreis Ansbach (und damit auch aus Weißenburg-Gunzenhausen).

Denn 2012 ist der gebürtige Bonner, der als Jugendlicher mehrere Jahre in den Niederlanden lebte und 1977 in Hessen Abitur machte — wo er auch gleich einen Schulstreik mitorganisierte -, in die mittelfränkische Regierungshauptstadt umgezogen. Nicht etwa aus wahltaktischen Gründen habe er die Großstadt Nürnberg verlassen, sondern "der Liebe wegen": Weinbergs Ehefrau ist Ansbacherin und arbeitet an der Rangauklinik.

Die Kleinstadt gefällt ihm durchaus: Die Wege sind kurz, manche Leute treffe man immer wieder und komme schnell ins Gespräch. Nur mit der Mentalität fremdelt er manchmal noch, wie er zugibt. Der Ansbacher "moppert" zwar gern, findet Weinberg, dem dann auch noch das eher fränkische "Granteln" einfällt, doch er gehe dabei nicht so aus sich heraus, werde nicht laut. "Das war halt eine Markgrafenstadt", so die Erklärung des studierten Soziologen. In Nürnberg, aber auch Städten wie Dinkelsbühl, die früher freie Reichsstädte mit freiem Handwerkerstand waren, sei das Selbstbewusstsein gegenüber der Obrigkeit ausgeprägter.

Schwer macht es Weinberg - wie den anderen Kandidaten - auch der Wahlkreis selbst: Er ist groß und ländlich geprägt. Da habe sein Konkurrent von der CSU, der Weißenburger Landwirt und Bundestagsabgeordnete Artur Auernhammer, natürlich Vorteile. Der habe den Bauernverband hinter sich und gehe "tiefenentspannt" in den Wahlkampf, beobachtet Weinberg. Zudem, lobt der Linke, sei Auernhammer ein "umgänglicher Mensch". "Aber wir greifen schon an", bekräftigt er. Und setzt auf ein gutes Ergebnis seiner Partei bei den Zweitstimmen. Er selbst habe gute Kontakte zu alternativen Bauernvertretern aufbauen können, und auch an den Infoständen in Gunzenhausen und anderswo habe er das Gefühl, dass er sich "einen gewissen Namen" erarbeitet habe.

Früher Arbeitsmarkt, heute Gesundheit

Inhaltlich punkten will der ehemalige Verdi-Bildungsberater vor allem mit seinem Spezialthema, der Gesundheitspolitik. Ärztemangel und Pflegenotstand, das hätten viele andere Parteien früher doch gar nicht auf dem Zettel gehabt, kritisiert er. Und auch heute wollten die einen aus der Gesundheit ein Geschäft mit möglichst viel Wettbewerb machen, während er für eine "gemeinwohlorientierte" Versorgung ohne "Profitlogik" eintrete. Da komme er auch gut mit Bürgermeistern kleiner Gemeinden, beispielsweise im Hahnenkamm, ins Gespräch - über Parteigrenzen hinweg.

Dabei ist Weinberg das Gesundheitsthema zu Beginn seiner ersten Bundestagslegislatur 2009 auf eher "banale" Weise in den Schoß gefallen: Damals habe er sich vor allem für Arbeitsmarktpolitik interessiert - schließlich war er 2003 wegen Schröders Agenda 2010 nach 23 Jahren aus der SPD ausgetreten -, doch da sich hier schon viele Linke-Abgeordnete tummelten und die Partei zudem einen Gewerkschafter im Gesundheitsausschuss brauchte, arbeitete er sich eben ein.

Heute ist es Weinbergs Leib-und-Magen-Thema. Er will mit Krankenhaus- und Pflegepersonal über den Arbeitsalltag sprechen und das in die Berliner Politik einbringen. Die habe sich zu sehr von den Menschen "entfremdet". "Das sehe ich als meine wesentliche Aufgabe an." Helfen kann ihm dabei auch eine seiner zwei erwachsenen Töchter: Sie arbeitet als Physiotherapeutin. Gleicher Meinung seien sie aber trotzdem nur manchmal.

Mehr Informationen und kurze Videos einiger Direktkandidaten aus dem Wahlkreis Ansbach-Weißenburg-Gunzenhausen finden Sie hier:

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