Weniger Straftaten und ein grausames Verbrechen

25.3.2015, 13:00 Uhr
Weniger Straftaten und ein grausames Verbrechen

© Jürgen Eisenbrand

Dass sich die Polizeispitze um den Leitenden Polizeidirektor Alfred Kühnl und den Ansbacher Kripo-Chef Hermann Lennert bei der Präsentation der Kriminalstatistik 2014 dennoch sehr zufrieden zeigte, wirkt durchaus befremdlich, zumindest auf den ersten Blick.

Die Steigerungsrate bei den „Straftaten gegen das Leben“, wie es im Fachjargon heißt, bedeutet nicht etwa, dass sich Altmühlfranken zu einem Hort der Schwerkriminalität entwickelt. Vielmehr hat sie vor allem mit einem spektakulären Fall zu tun: Im Frühjahr 2014 hatte ein Vater in Treuchtlingen versucht, seine drei Kinder zu töten, indem er sie aus dem Fenster warf. Alle drei überlebten, der „Säugling wird jedoch lebenslang behindert bleiben“, sagte Lennert. Und der Vater brachte sich in der U-Haft um.

Die insgesamt sieben einschlägigen Verbrechen – darunter der Mord an einem Obdachlosen in Gunzenhausen – können freilich die insgesamt positive Entwicklung der Sicherheitslage im Landkreis nicht beeinträchtigen, so der einhellige Tenor der Experten. Der Nürnberger Polizeidirektor Kühnl sprach gar von „richtig guten Nachrichten“ für die Region, die dem Herzenswunsch jedes Ermittlers entsprächen: Die Zahl der Delikte sinkt, und die Aufklärungsquote steigt. „Das Risiko, hier zum Opfer einer Straftat zu werden, ist im Vergleich zu anderen Gegenden gering.“

Die Gesamtzahl der Straftaten sank demnach 2014 von 3656 (2013) auf 3537 – ein Minus von 119 Fällen oder 3,3 Prozent. Im langfristigen Vergleich wird der Trend noch deutlicher: 2005 verzeichnete die Statistik noch 4444 Delikte, im Rekordjahr 2008 sogar 4896; seit 2010 (3500) sind die Zahlen in etwa konstant. Damit liegt der Landkreis „deutlich unter der durchschnittlichen Kriminalitätsbelastung in Bayern, die im bundesweiten Vergleich am niedrigsten ist“, wie es in der Kriminalstatistik heißt.

Parallel zu den sinkenden Fallzahlen stieg erfreulicherweise die Aufklärungsquote – von 69,4 Prozent im Jahr 2011 über 70,7 (2012) und 73,7 (2013) auf zuletzt 74,9 Prozent. Ein Spitzenwert, mit dem die Beamten der Polizeiinspektionen in Gunzenhausen, Weißenburg und Treuchtlingen um satte zehn Prozent über dem bayernweiten Durchschnitt liegen.

Noch etwas höher, bei 77,9 Prozent, liegt die Aufklärungsquote der von der Ansbacher Kriminalpolizei bearbeiteten Fälle von Schwerkriminalität, also etwa (versuchte) Tötungsdelikte, Sexualverbrechen, Raub und räuberische Erpressung. Hermann Lennert und seine Kripokollegen hatten es neben den bereits genannten „Straftaten gegen das Leben“ mit 37 Sexualdelikten (2014: 50) zu tun, von denen nahezu alle (97,3 Prozent) geklärt werden konnten.

Bei makellosen 100 Prozent lag 2014 die Aufklärungsquote bei den 17 (2013: 15) Raub-, die zu den so genannten „Rohheitsdelikten“ gehören. Deren Zahl stieg insgesamt um 4,8 Prozent auf 657, von denen 96,5 Prozent geklärt wurden. Bei Straftaten wie Körperverletzung, Nötigung und Bedrohung, die ebenfalls unter dieser Rubrik geführt werden, spielen laut Kripochef Lennert „häufig Alkohol und das soziale Milieu eine Rolle“, zum Teil handele es sich auch um Beschaffungskriminalität, wenn sich etwa Drogenabhängige Geld für den nächsten „Schuss“ besorgten.

Stark zurück, um 7,9 Prozent auf 938, ging die Zahl der Diebstähle, bei denen die Polizei knapp die Hälfte (49,5 Prozent) der Täter schnappen konnte: „Eine erfreuliche Quote“, so Kühnl, die selten erreicht werde. Allerdings verbirgt sich in diesem Bereich auch das große Sorgenkind der Ermittler: die stetig steigende Zahl der Wohnungseinbrüche, „die die Menschen sehr beunruhigen“, wie der Leitende Polizeidirektor weiß (eigener Bericht folgt).

Besonders interessant in der Kriminalitätsstatistik ist eine Zahl, die im 27-seitigen, mit zahlreichen Kurven und Tabellen illustrierten Bericht fast unterzugehen droht: die der Rauschgiftdelikte. Deren Gesamtzahl änderte sich 2014 (166) im Vergleich zum Vorjahr (164) zwar kaum, es wurden jedoch um 92,9 Prozent weniger illegale Einfuhren von Drogen verzeichnet (1 statt 14). Dafür stieg die Zahl der „Konsumentendelikte“, also die der aufgeflogenen User, um satte 23,1 Prozent – in Gunzenhausen sogar um 86,5 Prozent. „Die Drogenkriminalität ist ein Kontrolldelikt“, erklärt dazu Hermann Lennert. „Je mehr Energie man als Ermittler investiert, desto mehr Erfolg hat man.“ Hinzu komme ein „herausragender Fall in Gunzenhausen und Weißenburg“, der sogar bundesweit Schlagzeilen machte (wir berichteten).

Auffällig ist auch die Entwicklung der politisch motivierten Kriminalität. Hier sank die Zahl der Delikte binnen Jahresfrist von 36 auf 22 (Lennert: „Ein positives Signal.“), wobei nach wie vor die Mehrzahl davon (17) den rechten Lager zuzuordnen ist. Lediglich fünf Täter stammen aus der linken Szene; ihnen werden unter anderem Schmierereien wie „No Nazis“ vorgeworfen. Besonders erfreulich: Politisch motivierte Gewalttaten registrierte die Polizei keine, 2012 waren es noch sieben gewesen.

Zerstörungswut der jungen Leute

Erfreulich auch, dass der Anteil jugendlicher Tatverdächtiger um 1,6 auf 22,8 Prozent gesunken ist. Damit entspricht er – anders als noch 2012 (26,9 Prozent) – in etwa dem Anteil an der Gesamtbevölkerung (21 Prozent). Allerdings: Bei Straßendiebstahl (41,8 Prozent) und Sachbeschädigungen (75) ist der Anteil Jugendlicher an der Zahl der Tatverdächtigen insgesamt erschreckend hoch.

Auf den ersten Blick scheint auch die Statistik ausländischer Tatverdächtiger erschreckend zu sein, weist sie doch – bei einem Bevölkerungsanteil von nur 5,8 Prozent – eine Quote von 19,3 Prozent aus (2013: 17,6). Rechnet man sogenannte „ausländerspezifische Delikte heraus – also etwa Straftaten gegen das Aufenthaltsgesetz –, liegt die Quote noch immer bei irritierend hohen 18,1 Prozent.

Allerdings, so betont Polizeidirektor Kühnl, „ruinieren dabei durchreisende ausländische Straftäter den Ruf der hier lebenden Ausländer“. In vielen Bereichen seien nichtdeutsche Tatverdächtige aus der Region nicht oder nicht wesentlich häufiger vertreten als deutsche. Lediglich bei Eigentumsdelikten (schwere Diebstähle, Ladendiebstähle) sei das anders. Das Problem der Statistik sei aber vor allem, dass fast 40 Prozent der ausländischen Tatverdächtigen, die in Altmühlfranken aufflogen, überregional tätig sind oder im Ausland leben. Die flössen in die allgemeine Statistik ein und verfälschten so gehörig das Bild.

Alles in allem bleibt das Fazit der Polizei positiv: Der Landkreis gehöre zu den „Top 10 im Freistaat“, freute sich Kühnl und machte dafür „die Gemeinschaftsleitung“ der Ordnungshüter vor Ort verantwortlich. Diesen dankte auch Landrats-Stellvertreter Robert Westphal, der an die Polizei appellierte, weiter kräftig „Präsenz zu zeigen“. Das sei wichtig – und bringe Erfolge, wie die Statistik zeigt.

1 Kommentar