Windsbacher singen sich in die Herzen der Menschen

23.4.2018, 17:29 Uhr
Windsbacher singen sich in die Herzen der Menschen

© Reinhard Krüger

Wer sich den Windsbachern, wie sie allgemein nur genannt werden, nähert, kommt nicht umhin, die eine oder andere mehr oder minder geglückte Superlative zu bemühen. Die Rede ist dann gerne vom FC Bayern der Knabenchöre, sie singen gar in der Champions League oder gehören schlicht zu den Top Ten in der Welt der Knabenchöre. Und so weiter, und so weiter. Wie bei allen bildhaften Vergleichen und solchen markanten Superlativen – sie stimmen einerseits und andererseits beschreiben sie einen Zustand, der das Phänomen Knabenchor nur annähernd wiedergibt. Der Chor ist in der tiefsten mittelfränkischen Provinz zu Hause und erobert von hier aus die größten Musikhallen der Welt wie auch die Kirchen in der Region. Ja, das kleine Heidenheim liegt ihnen genauso am Herzen wie die riesigen Säle von Peking, Changsha, Guangzhou oder Shanghai, wo sie demnächst auf einer vierzehntägigen Tournee ihr Können unter Beweis stellen wollen.

Die Sparkasse Gunzenhausen bewies schon des Öfteren, dass sie ein Händchen für kulturelle Schmankerln besitzt, und als ihr Vorstandsvorsitzender Burkhard Druschel bei Dekan Klaus Kuhn anrief, um seine Zusage für eben dieses Konzert einzuholen, hat dieser nicht eine Sekunde gezögert und sofort fröhlich ja gesagt. Das erzählte der Kirchenmann zu Beginn des Konzertes. Der Erlös ist für das Klosterprojekt bestimmt. 

Lang gehegter Traum

Der Lohn der Mühe: Nur wenige Randplätze blieben im ansonsten proppenvollen Gotteshaus frei. "Das war schon immer ein Traum von mir, einmal die Buben von den Windsbachern zu hören", bekannte eine ältere Frau. Und die 66 Buben und jungen Männer nahmen ihren Auftritt ernst. Eineinhalb Stunden vorher sangen sie sich ein, "Das ist Routine bei uns", sagt Yannik (17), der bereits seit sieben Jahren im hochgelobten Ensemble eine feste Größe ist. "Was für eine geile Location", riefen einige Sänger etwas despektierlich, als sie das Münster samt seiner wunderbaren Akkustik sahen und sich das erste Mal darin hörten. Dirigent und Chorleiter Martin Lehmann (44) hat selbst als Kind im Dresdner Kreuzchor gesungen, hält das künstlerische Zepter seit 2012 fest in der Hand. Er hat einen gelungenen Mix aus geistlichen und weltlichen A-cappella-Chorstücken für diesen Abend ausgewählt. 

Klangfänger aus der Kaderschmiede

Zuvor hatten die "Klangfänger" der Windsbacher ihren großen Auftritt. Neun Buben im Grundschulalter sangen erste Stücke und zeigten, was sie bislang gelernt haben. In insgesamt vier regionalen "Kaderschmieden" zieht sich der große Chor hier seinen Nachwuchs. Diese kamen vom Stützpunkt aus Pappenheim. Die Freude am gemeinsamen Singen steht dabei im Vordergrund, bevor die endgültige Auswahl ansteht. Die glockenhellen Stimmen lassen ahnen, welches Talent in so manchem Knaben steckt. Und anschließend durften die Jüngsten staunen, was ihre Vorbilder zum Besten gaben. Achtstimmig wurde die Motette "Jauchzet dem Herrn, alle Welt" von Felix Mendelssohn Bartholdy gesungen, ein vierstimmiger Männerchor der älteren Knaben interpretierte "Ein neues Lied singt dem Herrn", bevor Volks- und Wanderlieder mehrstimmig erklangen. Was fällt auf? Sehr viel wurde auswendig gesungen. "Wir haben dadurch eine innigere Verbindung zum Dirigenten", erklärt Yannik. Die Sänger "klebten" förmlich mit ihren Augen an Dirigent Martin Lehmann. Keiner schaut oder duckt sich weg. Im Gegenteil. Mal sind die Münder weit aufgerissen, dann fast flüsternd kommen die letzten Silben auch noch gut verständlich beim Publikum an.

Windsbacher singen sich in die Herzen der Menschen

© Reinhard Krüger

Hartes Training

Das ist der Lohn eines harten "Trainings". Viermal die Woche und manchmal auch am Wochenende üben die Chormitglieder unter professionellen Bedingungen. Kirchenmusikdirektor Raimund Schächer aus Treuchtlingen ergänzte den Vokalabend mit verschiedenen Präludien und anderen Stücken an der Orgel des Münsters.

Es war für ihn "schwer in Worte zu fassen", was am Ende als Eindruck bleibt, so Dekan Klaus Kuhn. Er konnte nicht genau sagen, was ihn mehr beeindruckte: die Klangfülle oder die hohe Präzision der Stimmen. "Das ist Weltklasse", staunte er, der "einen wunderbaren Abend erlebt hat". "Alles war einfach sehr gut", sagte eine Konzertbesucherin, während ein anderer nur in Superlativen schwelgte: "Phänomenal, phantastisch". Die Windsbacher, das war deutlich zu erkennen, haben mehr als nur eine Visitenkarte abgegeben. Sie haben sich in die Herzen der Menschen gesungen.

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