"Wir dürfen das Grauen nicht vergessen"

17.11.2014, 04:00 Uhr

© Jürgen Eisenbrand

Es gebe leider immer wieder Tendenzen, die Gräuel aus der Zeit der Weltkriege zu verschweigen oder zu verharmlosen. Nach dem Motto: Das sei doch nun schon so lange her, nun müsse es doch auch einmal gut sein. „Doch man muss sich die Tatsachen immer wieder ins Gedächtnis rufen“, mahnte Malcher. Und fügte hinzu: „Die toten Soldaten sind keine Helden – aber erinnern können wir uns an sie.“

Natürlich, so der Pfarrer, müsse es auch so großartige Erinnerungen geben wie an den 9. November 1989, als in Berlin die Mauer fiel. Die schlimmen Erinnerungen, die es an den 9. November des Jahres 1938 gebe, dürften daneben freilich nicht in Vergessenheit geraten. Deshalb fand er es gut, dass am 9. November 2014 Schüler der Stephani-Schule die Namen der Opfer der Pogromnacht in Gunzenhausen verlesen hätten: „Denn sie dürfen nicht vergessen werden.“

Schon zuvor hatte Gunzenhausens Bürgermeister Karl-Heinz Fitz vor Delegationen von – unter anderem – Bundeswehr, Polizei, THW und BRK an die Toten der beiden Weltkriege erinnert: Den Ersten Weltkrieg, dessen Beginn sich heuer zum 100. Mal jährte, nannte das Stadtoberhaupt die „Urkatastrophe des 20. Jahrhunderts“, die „mit dem Einsatz bisher nicht gekannter Waffen wie Maschinengewehren, aber auch Giftgas, einherging“. Die Weimarer Verfassung habe nicht verhindern können, so Fitz, „dass mit dem Ersten Weltkrieg und den nachfolgenden Intrigen und tatsächlichen Konflikten der Keim für die späteren Entwicklungen gelegt wurde. Diese mündeten letztlich in den Zweiten Weltkrieg, der unsägliches Leid nicht nur über Deutschland, sondern über Europa brachte“.

Fitz forderte dazu auf, „auch derjenigen Soldatinnen und Soldaten zu gedenken, die im Einsatz für den Frieden gefallen sind oder verwundet wurden“, und er machte deutlich, dass auch Deutschland bereit sein müsse, „den Frieden und die demokratische Grundordnung zu verteidigen“. Die Bundeswehr habe diese „Aufgabe für uns alle übernommen“, wofür den Soldaten „Dankbarkeit und Respekt“ gebühre.

Und Fitz griff an dieser Stelle ein derzeit aktuelles und kontrovers diskutiertes Thema auf: „Zu diesem Respekt gehört nach meiner Überzeugung auch das Recht und die Verpflichtung von Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr, über ihren Auftrag und ihre Erfahrungen in Schulen zu berichten.“

Der Vorsitzende des VdK-Ortsverbandes Gunzenhausen, Werner Seifert, erinnerte bei der Veranstaltung, die vom Posaunenchor Gunzenhausen und dem Sängerbund 1861 Gunzenhausen musikalisch gestaltet wurde, ebenfalls an die beiden Weltkriege, die  vielen Millionen Toten, die sie gefordert hatten, und ihre traurigen Jubiläen: 100 Jahre Erster, 75 Jahre Zweiter Weltkrieg. „Der Tod jedes Einzelnen erscheint sinnlos, so wie Kriege im Nachhinein immer sinnlos erscheinen.“

„Die Deutschen setzen sich mit ihrer Geschichte auseinander“, lobte Seifert, „und das ist gut so. Denn wenn wir das Geschehen verdrängen, schließen wir diese Kapitel nie ab.“ Er erinnerte daran, dass das in der Nachkriegszeit ganz anders gewesen sei; damals habe man geschwiegen und verdrängt, weshalb manche Zeitgenossen noch heute traumatisiert seien: „Ihre schlimmen Erinnerungen kommen immer wieder hoch.“

Und der örtliche VdK-Chef schlug eine weitere Brücke in die Gegenwart: Noch nie seit 1945 habe es so viele Flüchtlinge gegeben wir zurzeit. Der Staat gewähre zwar Hilfe“, sagte Seifert, „aber die reicht nicht aus. Es wäre schön, wenn wir alle mithelfen würden – und sei es auch nur mit ein wenig Freundlichkeit“. Denn, so Seifert weiter: „Der Frieden hat einen Anfang – und das ist die Menschlichkeit.“

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