"Wir sind hier am Kleinen Brombachsee verwurzelt"

31.8.2017, 06:06 Uhr

© Daniel Hertwig

ABSBERG — Schon auf der kurzen Fahrt von Gunzenhausen zur Badehalbinsel im Kleinen Brombachsee kann man an einem Vormittag ein Dutzend Wohnmobile auf der Straße zählen. Ganz normal, erklärt Michael Walther. Der Hafenmeister — wobei "Hausmeister" die treffendere Jobbeschreibung wäre, wie Walther selbst sagt — kümmert sich mit seinem Kollegen um die Gäste und den Platz. Bis zehn Uhr müssten die Camper, die nicht länger gebucht haben, abreisen. Also sei entsprechend viel los um den Brombachsee.

"Das ist ein ständiges Kommen und Gehen." Klar, dass dabei auch mal ein Schaden zu beklagen sei, wenn beispielsweise ein Fahnenmast oder eine Stromsäule auf dem "Reisemobilhafen" genannten Platz angefahren werden. Viele der Wohnmobile sind sehr groß, nicht alle Fahrer haben die entsprechende Routine im Steuern. "Was angefahren werden kann, wird auch angefahren", ergänzt Dieter Hofer. Der Geschäftsführer des Zweckverbands Brombachsee (ZVB), der den Platz verwaltet, nimmt es locker: Die meisten Pannenfahrer meldeten sich, der Schaden — der bei einer 2500 Euro teuren Stromsäule nicht unerheblich ist — wird dann von der Haftplichtversicherung des Wohnmobilisten übernommen. "Dass einer abhaut, kommt sehr selten vor", so Hofer. Vielleicht einer von 30, schätzt er. Und selbst dann könne er oft ermittelt werden, weil ein anderer Urlauber die Kollision mit dem Stellplatzinventar beobachtet hat, fügt Hafenmeister Walther hinzu. "Am Platz sind viele Augen."

Ein — im wahrsten Sinne des Wortes — häufiges Ärgernis seien Hundehaufen auf den Wegen oder am Badestrand. Wer die Hinterlassenschaften des Vierbeiners nicht in die am Platz ausgegebenen Beutel eintütet und sich dabei erwischen lässt, fliege hochkant raus, beteuert Walther. "Da kennen wir keine Gnade."Ansonsten gebe es, berichten die beiden, aber wenig Probleme. Fast alle hielten sich an die einfachen Regeln für gelungenes nebeneinander Campieren: Kein Grillen mit Kohle, keine laute Musik, keinen Müll hinterlassen. Platzverbote aussprechen müsse man nur sehr selten, so Hofer.

Das ist nicht selbstverständlich, kommen an Wochenenden doch mal 600 bis 700 Reisemobile auf den Platz. Vor allem in den Pfingstferien, wenn die Camper nach der kühlen Jahreszeit endlich wieder ins Freie wollen, und in den ersten Wochen der Sommerferien gebe es Spitzen nach oben, erläutert Geschäftsführer Hofer. Dann werden neben den 250 Stellplätzen mit Stromanschluss und eigener Parzelle auch die Ausweichwiesen benötigt — einige Gäste fragen laut Walther aber auch gezielt nach diesen Flächen, auf denen sie sich ausbreiten und auch als Gruppe mit anderen "Womos" in einer Art Wagenburg zusammenstehen können.

Um der hohen Nachfrage gerecht zu werden, hat der ZVB letztes Jahr ein zweites Sanitärhaus bauen lassen. Es bietet auch für Rollstuhlfahrer barrierefreie Eingänge und Duschen, auf dem Dach befinden sich, wie auch auf dem älteren Waschgebäude, Solarthermie-Zellen, die warmes Wasser erzeugen. Obwohl sie einige Tausend Liter schaffen, reicht das im Sommer bei entsprechendem Andrang nicht aus, erklärt der Hafenmeister. Doch immerhin ein Teil der Energiekosten und CO2-Emissionen lässt sich so einsparen. Der übrige Strombedarf wird laut Chef Hofer aus erneuerbaren Quellen gedeckt, über den Ökostromtarif eines regionalen Anbieters.

© Daniel Hertwig

Der gebürtige Franke Eberhardt Lange (Höchstadt an der Aisch) kommt seit 1971 immer wieder hierher. Bei seinen ersten Besuchen habe es die Brombachseen noch gar nicht gegeben, erinnert sich der Rentner. Seine Eltern seien aus beruflichen Gründen nach Baden-Württemberg gezogen, wo er größtenteils aufwuchs — was man auch an seinem Dialekt hören kann. Doch für Kurzurlaube kommen der Rentner und seine Frau Waltraud, die im württembergischen Sachsenheim noch als Friseurin aktiv ist, gern nach Franken, vor allem an den Kleinen Brombachsee. Die Gegend und die Natur hier gefallen ihm einfach, erklärt Lange — am Altmühlsee sei es ihm hingegen zu flach und zu kahl. Außerdem kennt er hier viele Leute, andere Camper und die Hafenmeister, seine sechs Enkel waren oft dabei, haben auf dem See Surfen gelernt. "Wir sind hier verwurzelt", so Lange. In einigen Wochen wird er 70, den Geburtstag wolle er auf jeden Fall auch auf der Badehalbinsel feiern.

Stammgäste wie Lange gibt es auf dem Platz viele. Die meisten der Gäste stammten aus Deutschland, insbesondere aus Baden-Württemberg — einerseits wegen der geografischen Nähe, andererseits wohl auch wegen der im Vergleich günstigeren Preise für gutes Essen und Bier, glaubt Hofer. Auch aus Bayern sind viele Womo-Fahrer da, aus dem Alpenvorland, aber auch aus dem Landkreis oder aus Roth.

Dass trotz der vielen Womo-Chauffeure aus nah und fern kein Chaos ausbricht, daran hat auch Marianne Krach ihren Anteil. Seit 29 Jahren bewacht sie mit ihren Leuten die Zufahrt zu den Park- und Stellplätzen, kassiert, erklärt, gibt Tipps für Ausflüge. Während sie von ihrer Arbeit erzählt — bei der es für die Subunternehmerin des ZVB viele Auf und Abs gebe, so dass es ihr nicht immer leicht falle, ihre Mitarbeiter zu bezahlen — kommen zwei kleine Kinder, um sich von ihr zu verabschieden. Sie sind ein wenig traurig, denn es ist ihr letzter Urlaubstag. Krach umarmt sie und sagt, sie sollen nächstes Jahr wiederkommen. Sie selbst lebt für den Kleinen Brombachsee, beteuert sie. Der habe ihr nach dem Tod ihres Mannes und weiteren Schicksalsschlägen seelisch sehr geholfen. Für Marianne Krach ist der See weit mehr als nur der Ort, dem sie ihren Arbeitsplatz verdankt.

 

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