Wirtschaftsministerin Aigner zu Besuch in Gunzenhäuser Firmen

29.10.2014, 06:00 Uhr
Wirtschaftsministerin Aigner zu Besuch in Gunzenhäuser Firmen

© Wolfgang Dressler

Weder von der Actuator Solutions GmbH (ASG) noch von der RF Plast GmbH kamen bedenkliche, kritische Äußerungen, vielmehr sehen beide Unternehmen weitere Wachstumschancen und die Möglichkeit, sich neue Geschäftsfelder zu erschließen.

Die CSU-Politikerin war nach einem Termin in Nürnberg vom hiesigen Landtagsabgeordneten Manuel Westphal (Meinheim) nach Gunzenhausen „gelotst“ worden. Erste Station war das Gewerbegebiet Scheupeleinsmühle, wo die ASG sich in dem ­früheren Bystronic-Gebäudekomplex niedergelassen hat. Geschäftsführer Mar­kus Köpfer und Markus Gebhardt, Vorstand und Gesellschafter der Alfmeier Präzision AG, gaben Auskunft.

Bei Actuator Solutions handelt es sich um ein 2011 gegründetes Gemeinschaftsunternehmen von Alfmeier (Treuchtlingen) und  SAES Getters (Italien). In der Richard-Stücklen-Straße 19 ist seit dem Frühjahr 2013 ein junges, international zusammengesetztes Team am Werk. Schwerpunkte sind Automobil, Telekommunikation und Medizintechnik. Es werden Mikro-Aktuatoren entwickelt, getestet und hergestellt: kleine Motoren, die elektrische Signale in mechanische Bewegung umsetzen. Grundlage dafür ist die geniale SMA-Technologie: Shape Memory Alloy.

Drähte aus einer speziellen Metalllegierung (Nickel und Titan) kehren bei Wärmezufuhr (Stromdurchfluss) in ihre ursprüngliche Form zurück und entwickeln dabei enorme Kräfte. Mit dieser Technologie ist die ASG der Konkurrenz weit voraus. Die leichten Mikro-Aktuatoren machen die alte Magnetventiltechnologie überflüssig. Im Automobilbau klappt das hervorragend, etwa bei Autositzen der Premiumhersteller, wo raffinierte Massagesysteme eingebaut sind. Die ASG sieht sich als Weltmarktführer bei diesen Komfortsystemen.

Die SMA-Technologie hat viele weitere Anwendungsmöglichkeiten. Große Hoffnungen setzt man aktuell auf die Zulieferertätigkeit beim Bau von Smartphones. Deren Kameras werden immer besser. Für ihren Autofokus und die Bildstabilisierung bieten sich die Mikro-Aktuatoren der ASG optimal an. Markus Gebhardt machte deutlich, dass hier aufwendige Forschungsarbeit zu leisten war und ist. Die ASG müsse viel vorfinanzieren und, bevor ein Auftrag hereinkommt, sogar die Fertigungskapazitäten nach­weisen.

Insgesamt sei der Standort Gunzenhausen auf ein hohes Niveau gebracht worden, hieß es. Im ersten Quartal 2015 solle hier die Serienproduktion aufgenommen werden, zunächst im Automotive-Bereich. Die Kosten, um diesen Stand zu erreichen, seien enorm. Die beiden Muttergesellschaften hätten in den letzten drei Jahren rund zwölf Millionen Euro investiert und weitere 3,5 Millionen Euro für Gebäude. Die Fertigungsanlagen in Bayern zu schaffen, sei ebenso kapi­tal­intensiv wie die Energiekosten. Gebhardt machte keinen Hehl daraus, dass gerade die EEG-Umlagen, die Actuator Solutions zu zahlen hat, eine Belastung darstellen.

Die ASG brauche deshalb Unterstützung von der öffentlichen Hand –  gerade mit Blick auf die weitere Finanzierung. Das habe sich bisher als nicht einfach erwiesen, weil man nicht die EU-Richtlinien für kleinere und mittlere Unternehmen erfüllen könne. Hinzu komme die Besonderheit, dass man einen italienischen Partner an der Seite habe. Man habe Technologie-Fördermittel erhalten, das erkenne man dankbar an, doch jetzt solle es weitergehen. Die Wirtschaftsministerin sagte zu, alle Möglichkeiten zu prüfen. Sie könne sich etwa vorstellen, dass über einen neuen Wachstumsfonds, den Bayern 2015 auflegt, die ASG gefördert werden kann.

Direkt danach ging es zu RF Plast in der Weinstraße 8. Der Kunststoffverarbeiter hat seine Kernkompetenz im Präzisionsspritzgießen. Zudem versteht sich das Familienunternehmen auf die individuelle Veredelung von Kunststoffteilen. Es entstehen Einzelkomponenten und Funktionsgruppen, die in der Automobilbranche wie auch in den Branchen Elektronik und Mechatronik, Umwelt und Energie, Freizeit und Bau sowie Medizintechnik zum Einsatz kommen. Ein typisches Produkt von RF Plast sind die mechanischen Komponenten für Gaspedale von Autos. Die Geschäftsführer Simon und Nadine Amesöder sowie Forschungsleiter Christoph Heinle wiesen auch auf Sensoren hin, bei denen Kunststoffe und Metalle aufwendig miteinander verbunden sind.

Man verstehe sich als Hochtechnologie-Unternehmen und besitze seit einigen Jahren auch eine eigene Forschungs- und Entwicklungsabteilung. Diese beschäftige sich sowohl mit Grundlagenforschung als auch mit Neu- und Weiterentwicklungen. Man strebe konkret umsetzbare Produkte an, die Abläufe und Technologien verbesserten. Der Gunzenhäuser Kunststoffverarbeiter arbeitet vor diesem Hintergrund eng mit Forschungseinrichtungen, Lieferanten und anderen Unternehmen aus der Branche und in der Region zusammen.

Nach den Worten von Simon Amesöder wird die eigene Belegschaft einbezogen, wenn es um bessere und neue Produkte geht. Auch das entstehende Technolgietransferzentrum in Weißenburg könne hier sehr hilfreich sein, so die Erwartung des Geschäftsführers. Er nannte die Stichworte Wissens­transfer und Kompetenzaustausch. Ganz allein hätte es RF Plast schwer, wie jeder Mittelständler dieser Größe, Produkte bis zur Serienreife zu entwickeln. Unter einem gemeinsamen Dach sehe dies schon anders aus. Der Geschäftsführer erwähnte in diesem Zusammenhang ein Projekt für LED-Hochleistungssysteme. Unterstützung durch den Freistaat wäre natürlich hochwillkommen.

RF Plast hat seine Mitarbeiterzahl in wenigen Jahren auf 140 erhöht. Es bestehen Erweiterungspläne in Form eines Anbaus. Herzstück der Produktion sind die 40 Spritzgießmaschinen. Sie werden im Dreischichtsystem betrieben. Inzwischen hat die Firma auch einen Fertigungsstandort in Rumänien aufgebaut.

Größten Wert legt man in der Weinstraße 8 auf die Ausbildung junger Leute und auf Möglichkeiten, Arbeit und Familienfreundlichkeit besser in Einklang zu bringen. Diese Anstrengungen werden inzwischen auch überregional gewürdigt. Die Geschäftsführer wollen ihre Mitarbeiter nach der Lehre im Betrieb halten, erkennen aber auch an, dass diese sich weiterqualifizieren wollen. Direkt nach der Ausbildung zur Technikerschule zu gehen, hält Simon Amesöder indes nicht für ideal. Erst wertvolle Erfahrungen im Betrieb sammeln, dann den Techniker anstreben, so lautet sein Rat, der aber nicht immer angenommen wird.

Die Ausbildung bei RF Plast wird ergänzt durch den Blockschulunterricht in Dinkelsbühl. Das hat sich eher als Nachteil erwiesen, weil der Berufsschulstandort Dinkelsbühl der Jugend nicht so attraktiv erscheint. Der Wunsch, dass eine Berufsschule im Landkreis diese Aufgabe übertragen bekommt, wird aber nur schwerlich in Erfüllung gehen. Dafür ist man bei RF Plast sehr zufrieden mit der neuen Berufsausbildungsmesse Altmühlfranken (BAM) und will auch heuer wieder voll einsteigen.

Ein Thema des Gesprächs war die Erbschaftssteuer, die möglicherweise einmal auf RF Plast zukommen wird. Die Ministerin weiß, dass diese Belastung in vielen Chefetagen gefürchtet wird. Das konnte Nadine Amesöder nur bestätigen. Bei RF Plast werde kein Geld aus der Firma herausgezogen, sondern vielmehr kräftig investiert.

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