Gurken-Video: Fränkische Illustrierte im Zwielicht

13.6.2017, 13:28 Uhr
Die Fränkische Illustrierte bringt alles unter einen Hut: Gurken, Globalisierung und "Wohlstandsverblödung".

© colourbox.de Die Fränkische Illustrierte bringt alles unter einen Hut: Gurken, Globalisierung und "Wohlstandsverblödung".

War Franz Hagn, der unterfränkische Landwirt aus dem viralen Gurken-Video, für den selbsternannten Journalisten Werner Krieger nur Mittel zum Zweck? Wer sich auf dessen Seite Fränkische Illustrierte etwas umsieht, könnte zumindest zu diesem Schluss kommen. Denn Krieger, der nach eigenen Angaben "abseits des Mainstreams" und ohne "political correctness" Missstände anprangert, führt seit Jahren einen Kampf gegen diverse Lebensmittelkonzerne.

"Die freien, selbstständigen Landwirte werden von der Lobby ausgerottet, aber auch von uns deutschen Dummferssern (sic!)", ist etwa in einem Beitrag vom 20. August 2015 zu lesen. Und weiter: "Erzogen zu hirnlosen Fressschafen die nicht einmal mehr blöcken (sic!). Billigfressen und Konsummanipulation haben uns zu Sklaven der internationalen Lebensmittelkonzerne, sowie gewissenloser Dicountgeier (sic!) und Lebensmittelbörsenmakler werden lassen."

Für Kriegers Online-Portal Fränkische Illustrierte jedenfalls ist das Gurken-Video ein Hit. Nicht einmal drei Tage nach Veröffentlichung wurde der Clip über 92.000 Mal geteilt, über 3,5 Millionen Aufrufe verzeichnete bis Dienstagfrüh der Beitrag, in dem zu sehen ist, wie Landwirt Hagn vor laufender Kamera kistenweise Gurken auf einen Acker kippt und dann mit einem Traktor unter die Erde pflügt. "RIESENSAUEREI IM LEBENSMITTELHANDEL", steht in Großbuchstaben über dem Posting. In dem rund siebenminütigen Clip erzählt Landwirt Hagn, er müsse seine Ware vernichten, weil "die großen, bekannten Handelsketten nur noch in Plastikfolie verpackte Gurken annehmen." Die Genossenschaft, der Hagn angehört, stehe nicht auf der Liste dieses "Abpackprogramms", sagte er gegenüber nordbayern.de. Dieser Darstellung widerspricht Rewe, eine der im Video angeprangerten Supermarktketten, vehement. Nach wie vor würden die Märkte sowohl unverpackte Minigurken von lokalen und regionalen Erzeugern als auch Minigurken in der Pappschachtel mit einer Folie drum verkaufen. "Im Übrigen", schiebt Rewe hinterher, "hat uns die Erzeugergenossenschaft versichert, dass die gesamte Minigurken-Ernte des Landwirts über sie hätte vermarktet werden können."

Die Fränkische Illustrierte reduziert die ausführliche Gegendarstellung auf den Nebensatz: "Der Landwirt ist uns nicht bekannt..." Der Betreiber schiebt via Facebook eine eigene Stellungnahme hinterher. "Die Stellungnahme von z.B. REWE ist Standardt (sic!) wie immer bei Konzernen", schreibt Krieger in einem Beitrag auf seiner Seite. "Man fädelt alles so ein, dass man hinterher immer so antworten kann", behauptet er. "Genossenschaftsbosse, Großhändler, AgrariIndustrie (sic!) und Einkäufer sitzen an 'anderen Tischen' wie Gärtner und Bauer", deutet er an. "Wie und was da so abläuft würde den Rahmen dieses Themas und dieser Runde sprengen." Er selbst sei überrascht gewesen vom Hype um das Gurken-Video und "überglücklich, so eine Masse an Menschen damit erreicht zu haben".

"Zunehmender Islamismus"

Der Hype kommt Krieger nicht ungelegen: Noch in diesem Jahr will er ein Buch herausbringen. "95 Thesen 2.0 - Gegen die Wohlstandsverblödung" lautet der Titel, den er in der Facebook-Chronik der Fränkischen Illustrierten zwischen weiteren Anti-Lebensmittelhändler-Postings und dem Gurken-Video bewirbt. Laut der verlinkten Leseprobe geht es in dem Buch um ein breites Themenspektrum, von Europa über Globalisierung, Weltordnung, Patriotismus, Ausländer, Flüchtlinge, Multikultur bis hin zu Wahlbetrug. Die umstrittene Internetseite "Politically Incorrect", die laut Recherchen des Spiegel intensive Kontakte ins rechtsradikale Milieu pflegt, veröffentlichte unter der Überschrift "Stimme eines kritischen Journalisten" im September 2008 einen Gastbeitrag Kriegers, in dem dieser einen "zunehmenden Islamismus" beklagt und "den Medien" Propaganda vorwirft.

Auf eine schriftliche Bitte um Stellungnahme von nordbayern.de hat Krieger zwar reagiert, sich aber nicht weiter geäußert. Glaubt man den letzten Facebook-Einträgen der Fränkischen Illustrierten, hat er aktuell vermutlich genug damit zu tun, Kommentare auf seiner Seite zu beantworten oder zu löschen.

Die Diskussionen würden teilweise "skurile (sic!) Formen" annehmen, schreibt er zudem. Der Grund dafür seien Leute, die keine Ahnung hätten "von dem knallharten Verteilungskampf immer größer werdenden (sic!) Agrarfabriken und den Kleinen und Mittleren". Er werde weitermachen, kündigt Krieger an und es scheint so, als sei seine Mission noch lange nicht beendet. Um Landwirt Hagn hingegen dürfte es bald wieder ruhig werden. Er hatte nicht geahnt, dass das Video solche Wellen schlagen würde. Sonst hätte er sich darauf gar nicht eingelassen.

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