Hatte NSU-Trio Kontakt mit Organisation "Blood & Honour"?

7.10.2014, 18:30 Uhr
Hatte NSU-Trio Kontakt mit Organisation

© dpa

Es war weniger der Zeuge, ein Neonazi aus Chemnitz, der am Dienstag im NSU-Prozess neue Erkenntnisse über den «Nationalsozialistischen Untergrund» brachte. Neuigkeiten gab es dagegen aus der Verteidigung und mutmaßlich von Beate Zschäpe selber. Sie legen nahe, dass das Leben des NSU-Trios nicht immer so harmonisch verlief, wie es bisher aussah. Einmal soll Uwe Mundlos seine beiden Gefährten Beate Zschäpe und Uwe Böhnhardt verlassen und sich bei einem Freund einquartiert haben - dem Mann, der am Dienstag Zeuge war.

Sie besitze eigene «Erkenntnisse», sagte Zschäpes Verteidigerin Anja Sturm nach einer Verhandlungspause, die sie beantragt hatte, um sich mit Zschäpe abzusprechen. An den Zeugen gewandt erklärte sie: «Nach meinen Erkenntnissen soll Herr Mundlos mehrere Wochen bei Ihnen gewohnt haben.» Dann fragte sie: «Kommt da eine Erinnerung?» Die Antwort fiel einsilbig aus: «Nö.» An anderer Stelle hatte der Zeuge schon einmal gesagt, es hätten häufiger Leute bei ihm übernachtet.

Auch die zweite brisante Erkenntnis dieses Prozesstages stammt aus einem Verteidiger-Vorhalt. Rechtsanwältin Nicole Schneiders, die den wegen Beihilfe angeklagten Ralf Wohlleben vertritt, hatte aus den Tausenden Seiten mit Polizeiprotokollen eine Passage aus einer Vernehmung eines anderen Chemnitzer Neonazis herausgesucht. «Die haben sich nach dem Abtauchen in Chemnitz ganz normal in der Szene bewegt», las sie daraus vor. «Beispielsweise gab es mal einen wöchentlichen rechten Treff, da waren die ganz normal». Auch daran erinnerte der Zeuge sich nach eigenen Angaben nicht und antwortete: «Dann müssen die da gewesen sein, wo ich nicht gewesen bin».

An andere Details erinnerte er sich dann doch, wenngleich oft erst nach vielen Nachfragen. Wohlleben sei ein «Freund» gewesen. Die beiden hätten - nach dem Abtauchen des Trios - immer wieder Radtouren unternommen. Manchmal hätten sie Videospiele getauscht. Gelegentlich habe Mundlos ihm am Computer geholfen, etwa, wenn er Untergrundzeitschriften für die Neonazi- und Skinheadszene gestaltete.

Außerdem habe er der inzwischen verbotenen Organisation «Blood & Honour» als «Anwärter» angehört und «zwei oder drei Konzerte» veranstaltet, sagte der Zeuge. Aber auch hier waren ihm angeblich wieder viele Details entfallen, vor allem darüber, was mit den Einnahmen passierte und ob das untergetauchte NSU-Trio Geld aus dem Verkauf von Konzertkarten oder CDs erhalten hat. Als die Nebenkläger an dieser Stelle nachbohrten, entbrannte ein lauter Streit zwischen den Prozessparteien.

Zschäpes Verteidiger Wolfgang Stahl und Bundesanwalt Herbert Diemer protestierten gegen derartige Fragen, weil sie nichts mehr mit dem Anklagevorwurf zu tun hätten - also der Frage, ob Zschäpe für die zehn Morde und zwei Sprengstoffanschläge des NSU und die vier Mitangeklagten wegen Beihilfe zu bestrafen seien. «Wir werden das Verfahren nicht zu Ende bringen, wenn das so weitergeht», rief Diemer. Die Nebenkläger konterten, es gehe immerhin um eine terroristische Vereinigung und um die Frage, ob die Mitglieder von «Blood & Honour» dabei geholfen hätten.

Keine Kommentare