Ausflug ins Reich der 1000 Kräuter

20.6.2017, 08:00 Uhr
Ausflug ins Reich der 1000 Kräuter

© Hanna Hofmann

Am Stoff der Hängematte flattern Schmetterlinge und den Menschen, die unter dem Blätterdach des Kirschbaumes ruhen, zeichnet die Sonne lustige Muster ins Gesicht. In so einer Schaukelposition im Abteil Obstbestand lässt es sich wohl sein im Garten der Familie Hofmann.

Apfel- und Kirschbäume und kleinere Sauerkirschbäume kommen vor und dazu hübsches Mobiliar: Stühle und Tische aus zierlichem Schmiedeeisen, Hängematten und die Gartenbank. Alles vor einem Boot aus Metall, das Karl Hofmanns Bruder zu Studienzeiten gefertigt hat und aus dem jetzt, zum Beweis, dass es endgültig vor Anker gegangen ist, die Zierpflanzen quellen.

Die Hofmanns, das sind der ehemalige Beamte Karl, seine Frau Esmat, die Töchter Hanna und Ellen und der Großvater, der zwar nicht mehr so mobil sein kann, der vom Balkon aus aber alles im Blick hat. Nicht die Geringsten unter den Anwesenden sind die Katzen Mausi und Sherlock.
Hier hat jeder seinen Vorteil von einem Stück Grün, das nicht nur Pflanzen- und Blumenfreunde, sondern auch Menschen mit Sinn für Geometrie beeindruckt. Denn der Hofmannsche Garten ist ein gleichschenkeliges Dreieck auf etwa 1800 Quadratmetern. Die Seitenschenkel sind etwa 130 Meter lang, am breiten Teil, oben beim Haus, wurden 25 Meter gemessen, an der schmalsten Stelle unten etwa zwölf Meter. Man könnte auch sagen, es ist ein Garten wie ein Stück Torte.

Parallel zur südlichen Gartengrenze führt ein geschotterter Weg in die Landschaft, auf der gegenüberliegenden Seite grenzen ein Weizenfeld und ein Pappelwald eines benachbarten Landwirts den Garten ein.

Die jungen Pappeln werden immer wieder abgeholzt und zur Produktion von Biogas und als Pellets verwendet. Karl Hofmann liebt diesen Wald am meisten, wenn die Bäume noch jung sind: „Wenn der Wind in den Blättern rauscht, klingt es wie Musik.“

Karl Hofmanns Vater handelte mit Baustoffen, aus dieser Zeit steht auf dem Grundstück mit der ungewöhnlichen Form eine Halle, in der Herrn Hofmann seniors Auto parkt sowie ein Anhänger und diverses andere, das gerade nicht gebraucht wird.

Die Metallbauweise wird bald nicht mehr auszumachen sein, denn die Hofmanns lassen hier dem grünen Daumen freie Wirkung. Knöterich, Clematis und verschiedene Weinarten ranken hoch hinaus.

Grünzeug ersetzt Medizin

Esmat Hofmann, die aus dem Iran stammt, erntet manchmal morgens die jungen Weinblätter, blanchiert und füllt sie. Der Spaziergang mit Esmat zu den Kräuterbeeten ist ein Ausflug in einen Zaubergarten, denn die studierte Biologin weist fast jedem Kraut, das mal üppiger, mal unscheinbarer sprießt, Bedeutung zu.

So hat man aus dem Wurzelsud des Beinwell, mit Bienenwachs zur Salbe vermischt, ein Heilmittel gegen Grinde, Narben und Warzen. Gegen Schmerzen aller Art, speziell gegen Migräne, hilft ein Heilöl, gewonnen aus den Blütenkapseln des Johanniskrauts und Sonnenblumenöl. An dunklem Ort lässt man die Mischung ein paar Tage stehen, bis sie sich granatrot gefärbt hat und seiht sie dann ab. Auch das fertige Heilöl sollte nicht im Tageslicht stehen, rät Esmat.

Gulasch mit sieben Kräutern

Aus ihrer persischen Heimat hat sie viele feine Kochrezepte mitgebracht. Zum Beispiel ein Gulasch mit Namen „Ghorme Sabsih“, das aus Lamm-, aber auch aus Hähnchen- oder Schweinefleisch bereitet werden kann und dem sieben Kräuter Raffinesse geben. Das Würzgrün wächst im Garten und Esmat führt zu Estragon, Minze und Koriander. Zu Schnittlauch, Majoran und Thymian, Dill und mehr.

Es will kein Ende nehmen und Esmat verrät noch das Rezept einer Tortilla aus dem Morgenland mit Ei und Kartoffeln und Bockshornklee und Schnittlauch. An ein feines Hähnchenragout kommen fruchtig säuerliche Berberitzenbeeren, die bei uns achtlos in den Hecken hängen. Man kriegt Tipps für Salbeibutter und für Erkältungstee aus Thymian.

Es war die kräuterkundige Esmat Hofmann, die Angelika Schiffer und Jutta Sulzer vollends überzeugte, den Hofmannschen Garten zugänglich zu machen. Eine sehr gute Entscheidung, denn mit welchen Erwartungen auch immer man im Dreieck spazieren geht, zum Abschied fühlt sich jeder reich beschenkt.

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