Hochwasser in der Region auf dem Rückzug

4.6.2013, 19:16 Uhr
Hochwasser in der Region auf dem Rückzug

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Ganz Deutschland ist vom Hochwasser betroffen, auch Nürnberg ist nicht ungeschoren davon gekommen. Mittlerweile entspannt sich in der Region die Lage, dennoch haben die Überschwemmungen für schwere Schäden gesorgt:

Die S-Bahn Linie S1 zwischen Lauf links der Pegnitz und Hartmannshof war am Montag zwischenzeitlich gesperrt. Das Hochwasser der letzten Tage hat an der Strecke offenbar derart große Schäden angerichtet, dass eine schnelle Reparatur nötig war. Ein Schienenersatzverkehr wurde eingerichtet.

In Allersberg bei Roth wurde am Montag in der Hochwasser führenden "Kleinen Roth" eine männliche Leiche entdeckt.

Weingarten: Verbindungsstraße unterspült

Am frühen Samstagabend unterspülten Wassermassen die Verbindungsstraße LIF7 zwischen Weingarten und Hausen - gegen 22.30 Uhr waren Straße und Hang bereits um zwei Meter abgesackt. Die Straße wurde weiträumig abgesperrt. Der Regen vor Ort hat mittlerweile aufgehört.

Große Bäume sind bereits am Samstagabend in den Main gestürzt und drohten, das nahegelegene Wasserkraftwerk zu blockieren. Die noch stehenden Bäume konnten wegen des hohen Risikos für die Einsatzkräfte nicht kontrolliert gefällt werden. Mitarbeiter des Technischen Hilfswerks haben einen nahegelegenen Zeltplatz evakuiert.

Die Einsatzkräfte deckten den Hang mit Folien ab, um zu verhindern, das weiter Wasser in die Felsspalten dringt. Auch am Sonntag hatte sich der Hang weiter abgesetzt. In Absprache mit einem Geologen soll vor Ort entschieden werden, ob ein kontrollierter Felssturz eingeleitet wird.

Auch die Feuerwehren aus anderen Teilen der Region sind seit Freitag im Dauereinsatz und rufen die Bevölkerung auf, Sperrgebiete zu meiden und notfalls selbst mit der Dämmung ihrer Grundstücke zu beginnen.

Mit einem Krisentreffen reagierte die Staatsregierung auf die sich zuspitzende Hochwasserlage im Freistaat. Ministerpräsident Horst Seehofer verfolge mit großer Sorge die Entwicklung, teilte die Staatskanzlei am Sonntag mit. Am Montag machte sich Seehofer ein Bild der Ausmaße der Überschwemmungen in Rosenheim, am Dienstag wird er gemeinsam mit Kanzlerin Angela Merkel in Passau eintreffen. Die Staatsregierung sichert den vom Hochwasser Betroffenen bestmögliche Unterstützung zu.

In Nürnberg bereiteten vor allem der Fischbach und die Gründlach Probleme: An mehreren Stellen gab es hier jeweils Überschwemmungen, teils waren auch Gebäude davon betroffen. An der Schultheissallee trat etwa der Fischbach über die Ufer. Angesichts der Wassermassen war das Kanalnetz zeitweise derart überlastet, dass das Wasser dort von unten in eine Tiefgarage drückte.

Den Samstagnachmittag über kämpften die hauptberuflichen Einsatzkräfte und die Freiwillige Feuerwehr darum, dass die Schule an der Hainstraße nicht überflutet wird. Trotzdem gelangte Wasser in den Heizungskeller und die Turnhalle.

Der Nürnberger Einsatzleiter Hans Kraus zeigte sich am Samstagabend vorsichtig optimistisch. "Wenn das alles war, sind wir in Nürnberg mit einem blauen Auge davon gekommen", sagte er. Die Feuerwehr Nürnberg appellierte zudem eindringlich an die Bevölkerung, Hochwassersperren zu respektieren.

Das Erfahrungsfeld zur Entfaltung der Sinne auf der Wöhrder Wiese bleibt dennoch bis einschließlich Donnerstag, 6. Juni 2013, geschlossen. Sollte der Wasserstand der Pegnitz wieder sinken, nimmt das Erfahrungsfeld den Betrieb am Freitag, 7. Juni, wieder auf. Das Erfahrungsfeld hatte erstmals in seiner Geschichte geschlossen werden müssen.

Im Nürnberger Land hat der Dauerregen am Sonntagabend und am Montagmorgen die Pegel der Flüsse noch einmal stark anschwellen lassen. Das Röthenbacher Freibad bleibt bis einschließlich Donnerstag gesperrt, da das Kinderbecken und die Liegewiese komplett überschwemmt waren.

Verhältnismäßig glimpflich davongekommen ist der Landkreis Hersbruck. Kreisbrandrat Norbert Thiel: "Wir hatten zwar allein in der Nacht auf Montag rund 40 Einsätze, aber Gottseidank keine schlimmeren Schäden."

Auch in Gunzenhausen und Umgebung haben die Überschwemmungen keine größeren Schäden angerichtet. Hier haben die Seen ihre Funktion erfüllt, überschüssiges Wasser wurde in den Brombachsee übergeleitet.

Hochwassersperrung missachtet

Was passieren kann, wenn jemand Straßensperrungen nicht beachtet, zeigte am Freitagabend ein Familienvater in der Stadelner Straße in Fürth: Trotz ausdrücklicher Hochwassersperrung fuhr er mit seinem Wagen in die überschwemmte Straße. Der Mann, seine Frau und sein Sohn blieben mit ihrem Auto auf halbem Weg stehen, weil der Motor kaputt ging. Die Feuerwehr barg das Auto - die Kosten für den Einsatz wird die Familie tragen müssen.

Die Pegel der Flüsse sinken auch in der Kleeblattstadt langsam: Während die Ritzmannshofer Straße schon am Dienstagmorgen freigegeben wurde, bleiben die Talübergänge in Stadeln und Dambach noch für längere Zeit gesperrt. Der Hintergrund: Die Ritzmannshofer Straße liegt an der Zenn, deren Wasserstand schon seit Samstag stetig zurückgeht.

Die Rednitz und die Regnitz hingegen ließ eine zweite Hochwasserwelle in der Nacht zum Montag erneut anschwellen. Nach Auskunft von Bauhofleiter Franek Kitowski bleiben die Talübergänge in Stadeln und Dambach daher mindestens noch am Mittwoch und am Donnerstag geschlossen. Auch im Landkreis verbessert sich die Lage: In Wilhermsdorf ist die Hubstraße seit Dienstag wieder befahrbar. Fest im Griff des durch die Bibert verursachten Hochwassers bleiben dagegen noch die Verbindungsstraßen von Ammerndorf nach Buttendorf und zwischen Vincenzenbronn und Fernabrünst.

Die Fürther Feuerwehr hat einen Hochwasserkoordinator eingesetzt, der die Pegelstände beobachtet.

Glück hatte ein junger Mann bei Gutenstetten (Kreis Neustadt a.d. Aisch), der ebenfalls eine wegen Hochwassers gesperrte Straße mit dem Auto überqueren wollte. Der Wagen drohte von der Strömung über eine Böschung gespült zu werden, der 22-Jährige rettete sich auf das Autodach, wie die Polizei mitteilte.

Ein Anwohner bemerkte die missliche Lage des Mannes und rief die Rettung. Die gestaltete sich den Angaben zufolge als schwierig, da das Auto zu kippen drohte. Mit einem Radlader gelang es den Hilfskräften, den Mann zu befreien.

In Herzogenaurach missachteten drei Autofahrer die Sperrung eines Parkplatzes. Ihre Wagen wurden von der Aurach unter Wasser gesetzt und mussten geborgen werden.

55 Einsatzkräfte der Feuerwehr Erlangen/Höchstadt kämpften am Samstagnachmittag in Höchstadt mit Sandsäcken gegen den weiter ansteigenden Pegel der Aisch, der am Samstagabend etwa 3,20 Meter erreicht hatte. Eine Wohnsiedlung, Teile der Altstadt und einige Industriebetriebe wurden überflutet und das Wasser drohte, auch die Kulturfabrik am Ortseingang zu überschwemmen.

Vereinzelt sei Wasser in Keller gelaufen, berichtete der Sprecher des Feuerwehrkreisverbandes Erlangen/Höchstadt, Thomas Birkner. In Höchstadt selbst habe sich die Lage laut Birkner entspannt. 

Auch in Adelsdorf war die Hochwasserlage angespannt. Da eine Hebeanlage der Kläranlage ausgefallen war, wurde ein Fachberater des Technischen Hilfswerks angefordert, um den Fehler zu beheben. Ersatzweise wurden mehrere Großpumpen eingesetzt, um den Wasserpegel in der Kanalisation zu senken.

Keine Rettung für drei Störche

Aufgrund der andauernden Niederschläge wurden die Brutplätze auf Schornsteinen kontrolliert, um die Störche in Sicherheit zu bringen. Leider konnten nur sieben Störche gerettet werden, drei Tiere waren bereits verstorben.

In Bad Windsheim mussten die Hunde aus dem Tierheim evakuiert werden. Die Aisch erreichte dort am Samstagmorgen den höchsten Wasserstand seit den neuen Pegelaufzeichnungen, die es seit 1981 gibt.

Die Lage im östlichen Landkreis Erlangen/Höchstadt habe sich laut Birkner dagegen am Samstag wieder entspannt. In der Gemeinde Eckental im Ortsteil Forth war die Büg über die Ufer getreten. In Uttenreuth versuchten die Einsatzkräfte am Freitag, die Schwabach bei Erlangen mit Sandsäcken in Schach zu halten. Insgesamt stapelten die Einsatzkräfte am Freitag und Samstag 15.000 Sandsäcke allein in Erlangen/Höchstadt.

In Weissenburg und Umgebung kann ebenfalls Entwarnung gegeben werden. Zwar ist die Rezat bei Pleinfeld über die Ufer getreten, hat aber vor allem die Auwiesen geflutet.

Auch die Lage in Baiersdorf und Igelsdorf, die der Feuerwehr am Freitag Sorgen bereitete, hat sich am Samstag entspannt. Seit dem frühen Freitagmorgen hatten  Feuerwehrleute und Mitarbeiter des Technischen Hilfswerks dort Sandsäcke gestapelt. Insgesamt waren am Freitag derzeit zirka hundert Feuerwehrleute im Landkreis Erlangen/Höchstadt im Einsatz.

In Erlangen musste der Dechsendorfer Weiher so kontrolliert wie möglich abgelassen werden, berichtete der dortige Einsatzleiter Achim Ande.

Wegen des Hochwassers bleibt das Freibad-West noch bis mindestens Donnerstag geschlossen. Der Technikkeller des Bades war durch die Regnitz überflutet worden. Prognosen des Hochwasser-Nachrichtendienstes sehen für die nächsten Tage einen weiteren Anstieg des Pegels vor.

In Oberfranken standen zahlreiche Keller unter Wasser. Häuser seien bisher jedoch nicht evakuiert worden, betonte ein Polizeisprecher am Freitag. In der Nacht auf Freitag hatte die Feuerwehr gemeldet, Anwohner aus zwei Häusern im Kreis Lichtenfels seien in Sicherheit gebracht worden.

Nahe Pottenstein (Landkreis Bayreuth) stürzte laut Polizei ein rund ein Kubikmeter großer Felsbrocken auf eine Gemeindestraße.

In Kirchehrenbach (Landkreis Forchheim) hat sich die Lage mittlerweile wieder entspannt. Am Freitagmorgen war dort die Ehrenbach über die Ufer getreten und hatte und den Ortskern erreicht.

Veldenstein: Anwohner warten nach Felssturz weiter auf Rückkehr

In Veldenstein warten die Anwohner, die sicherheitshalber wegen eines Felssturzes ihre Häuser verlassen mussten, weiterhin auf Entwarnung.

Der Hochwassernachrichtendienst des Landesamtes für Umwelt berichtete von einer unveränderten Lage im Maingebiet. Die Hochwasserwelle verlagerte sich weiter flussabwärts. Im Bereich des Oberen Main und der Fränkischen Saale kam es den Angaben zufolge verbreitet zur Überschreitung der Meldestufen 1 und 2, vereinzelt zu Meldestufe 3.

Auch in Forchheim bereiteten überflutete Straßen Anwohnern und Einsatzkräften Sorgen. Am Samstag hingegen beruhigte sich die Lage vor Ort wieder.

Hochbetrieb in Bamberg

Hochbetrieb herrschte am Freitag auch im Bauhof in Hallstadt bei Bamberg: Dort lässt der Landkreis Bamberg zentral die Sandsäcke befüllen, die die Menschen im Fall der Fälle vor Hochwasser schützen sollen. Feuerwehren und Mitarbeiter des Technischen Hilfswerks seien seit Donnerstagnacht im Einsatz, sagte der Verantwortliche für den Katastrophenschutz im Landkreis, Rüdiger Heusinger. „Und jetzt warten wir ab, wie es weitergeht.“

Nicht nur Mittelfranken ist vom Hochwasser betroffen, auch im restlichen Teil des Freisstaats bleibt die Lage angespannt.

Die aktuellen Pegelstände der Flüsse in Bayern sind auf der Internetseite des Hochwassernachrichtendienstes abrufbar.

Eine Übersicht überschwemmungsgefährdeter Gebiete finden Sie auf der Seite des Bayerischen Umweltamts.

Ratschläge für Hochwassergeschädigte finden Sie hier.

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