Abi-Kapitäne setzen gut gerüstet die Segel für die Zukunft

24.6.2016, 18:24 Uhr
Bei der Abifeier war am Freitagabend in Herzogenaurach natürlich auch Musik drin.

© André DeGeare Bei der Abifeier war am Freitagabend in Herzogenaurach natürlich auch Musik drin.

Oberstufenbetreuer Matthias Engel spielt dazu eingangs ein passendes Lied von Obermusikmatrose Udo Lindenberg ein: "Der Tag X ist da — ich hab’ lange gewartet und jetzt bist Du da". Dass es just an diesem Tag so heiß wird, hat keiner geahnt. "Ich hoffe, Sie sind locker-flockig bekleidet in dieser Sauna", meint Engel zu Schülern, Eltern und Verwandten.

"Ab 11.15 Uhr hitzefrei und die Zeugnisse einfach versenden" ist auch für Norbert Schell keine wirkliche Alternative. In seiner Abituransprache nimmt der Schulleiter den Gedanken vom "Captain" auf und nennt die Absolventen "die zukünftigen Führungskräfte unserer Gesellschaft".

Was Schell aber nicht nur auf die Chance zu wirtschaftlicher oder wissenschaftlicher Kompetenz beschränkt sehen will. "Mitmenschlichkeit und soziale Kompetenz" seien gerade in der heutigen Gesellschaft wichtig. Und: Die Diskussion über Werte sei in den letzten Jahren zunehmend vernachlässigt worden.

Warnung vor werteloser Gesellschaft

Mit Blick auf die Flüchtlingsströme der vergangenen Monate müsse gefragt werden, "welche Werte wir von den Flüchtlingen einfordern sollen". Und können. Denn Schell warnt vor einer wertelosen Gesellschaft. Der Schulleiter fordert die Abiturienten auf, solche Fragen auf dem Weg zum Kapitänsdasein nicht zu vergessen.

Der Blick in die Zukunft soll an diesem Tag aber nicht die Festlaune verderben. "Sie können stolz sein", sagt Norbert Schell zu den Schülern, aber genauso zu den Eltern, die einen großen Anteil am Erfolg gehabt hätten. 133 Schüler haben das Abi geschafft (Gesamtnotendurchschnitt: 2,3). 37 Abiturienten erreichten einen Notendurchschnitt mit einer 1 vor dem Komma. Das sind immerhin 28 Prozent. Unter den 37 sind auch fünf Schüler, die über die Mittlere Reife zum Abitur gekommen sind.

Ein bisschen gegen die Hitze gestern in der Sporthalle hilft die coole musikalische Umrahmung der Abiturfeier. "I am sailing" singt der Oberstufenchor unter der Leitung von Ronald Scheuer. Das passt inhaltlich hervorragend zum Abi-Motto, und auch das Orchester unter der Leitung von Florian Grzeschik (mit selbstkomponiertem Abisong) und das Love Medley von Marc Hoschek, Maximilian Serger und Tom Wagner lässt die stickige Atmosphäre vergessen.

Hacker nimmt Bezug auf Brexit

Den Dank und die Anerkennung von Landkreis und Stadt überbringen Landrat Alexander Tritthart und Bürgermeister German Hacker. Da gestern der Ausstieg der Briten aus der EU bekannt wird, appellieren die Kommunalpolitiker an die Jugendlichen, weiterhin ein Europa der Freizügigkeit zu unterstützen. Hacker begrüßt die Abi-Gäste sogar mit "Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger der Europäischen Union".

Für den Freundeskreis übernimmt Stefan Bieger die Aufgabe, den Schülern zu gratulieren. "Jeder hat seine persönliche Hürde überwunden." Genauso zollt Susanne Haupt vom Elternbeirat Respekt. Neben den Noten gelte: "Das Engagement des Jahrgangs war beachtlich."

Nicht nur Matthias Engel hat ein Lied gewählt. Zu Songs ihrer Wahl schreiten dann die Absolventen gruppenweise nach vorne, um ihr Zeugnis – endlich – in Empfang zu nehmen.

Es ist noch kein Kapitänspatent, aber dass die Absolventen bereits die Fähigkeit besitzen, konstruktiv Kritik zu üben, beweisen zum Abschluss der offiziellen Feier Benjamin Malessa und Simon Hestermann bei ihrer Abirede. Ohne Namen zu nennen, kritisieren sie manchen Lehrer, die nur Fachjargon weitergeben würden, betonen aber, dass die Abiturienten auch "Vertrauen in bestimmte Gesichter" gewonnen hätten. Erwünscht seien Lehrer als "persönliche Expeditionsleiter" auf dem individuellen Weg ins Leben.

Genug Diplomatie also auf dem Abi-Schiff, um anschließend entspannt die Segel setzen und die abendliche Bordparty feiern zu können.

 

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