Abschied mit Wehmut von einer Weisendorfer Institution

24.8.2017, 16:33 Uhr
Abschied mit Wehmut von einer Weisendorfer Institution

© Foto: Horst Linke

"Mir hat das immer so viel Spaß gemacht, der Kontakt mit den Kunden und mit den Ortsburschen. Wenn’s nicht sein müsst, ich würde nicht aufhören", erzählt Gretl Trebisch beim Kaffee am Küchentisch. Natürlich hat sie zwei Kerwakrapfen dazugelegt. Bei ihr muss keiner hungern. Das wissen fast alle im Dorf. "Ich kann halt nicht Nein sagen. Wenn jemand was braucht, dann kriegt er es. Ich danke dem Herrgott, dass ich so bin."

Vor rund 50 Jahren kam sie, die in Münchaurach aufgewachsen ist, nach Weisendorf. Zusammen mit ihrem Mann Richard, der vor drei Jahren gestorben ist, hat sie dann 1972 mitten im Dorf einen Getränkemarkt eröffnet. Da hatte sie schon vier Kinder, drei Buben und ein Mädchen.

Auch sonntags zu Diensten

"Ich hab immer viel gearbeitet", berichtet sie. Privat habe sie ihren mittleren Sohn, der seit einem Unfall als Fünfjähriger schwer behindert ist, 28 Jahre lang gepflegt, und der Laden war immer von Montag bis Samstagmittag geöffnet. Und wenn am Sonntag jemand Getränke brauchte, war das auch nie ein Problem. Mit dem Verladen schwerer Getränkekisten ins Auto musste auch kein Kunde ein Problem haben. Hilfe dabei gehörte stets zum Service bei Gretl Trebisch.

Das wissen ihre Kunden zu schätzen, aber auch die Vereine im Dorf. Die Freiwillige Feuerwehr hat sie erst kürzlich zum Ehrenmitglied ernannt: Mit Urkunde, einer Statue von St. Florian und einem dicken Blumenstrauß — als Dank dafür, dass sie seit 30 Jahren bei allen möglichen Anlässen den Ausschank gemacht hat. "Ich wusste gar nichts von der Ehrung. Ich war so überrascht, ich war dann fix und fertig."

Auch die Ortsburschen haben Gretl Trebisch viel zu verdanken. Seit 35 Jahren schon bewirtet die quirlige Frau jedes Jahr die Männer beim Kerwasbaum-Aufstellen. So wird es auch an diesem Kerwa-Wochenende sein. "Sonst hat es immer Gehäck-Brote gegeben, aber der Metzger hat zu, deswegen gibt es diesmal Bratwürste. Zu trinken gibt’s aber bloß Radler vorm Baumaufstellen. Die sind sonst immer so besoffen, das halt ich heuer nicht aus", sprudelt sie heraus. "Erst wenn der Baum gerade steht, gibt es Bier", hat sie beschlossen. Die Kerwasburschen werden sich fügen, denn sie verehren ihre Gretl. "Die sagen immer zu mir: So was wie dich gibt es in Weisendorf nicht mehr", erzählt sie.

Die Ortsburschen seien ja so goldig. Neulich erst hätten sie miteinander gescherzt. "Ich hab gesagt, wenn ich sterbe, müssen sie einen Kranz für mich kaufen. Dann haben die gesagt. Nee, das machen wir nicht. Wir lassen dich lieber einbalsamieren und stellen dich im Dorf auf", erzählt sie schmunzelnd. Dann wird sie wieder ernst.

Denn heuer wird sie die Kerwasburschen zum letzten Mal bewirten. Zum 1. September schließt sie ihren Getränkeladen in der Vorstadtstraße, den sie zusammen mit ihren Söhnen Alfred und Helmut betreibt. "Der Alfred kann wegen seiner Hüfte nicht mehr so arbeiten und der Helmut ist jetzt auch so krank. Ihm stehen vier Operationen bevor und danach darf er ein Jahr lang nichts Schweres heben", erzählt sie weiter. Man könne die Behandlungen nicht mehr aufschieben, deswegen werde jetzt der Laden geschlossen.

Auch Gretl Trebisch selbst, die zwar einen putzmunteren Eindruck macht, ist nach einem Treppensturz im Mai schwer angeschlagen. "Jetzt wird dicht gemacht, es geht einfach nicht mehr." Der Schritt falle ihr und ihren Söhnen sehr schwer. "Seit Kindheit an habe ich im elterlichen Getränkemarkt mitgearbeitet. Ich kenn ja nichts anderes", sagt Helmut Trebisch, der hofft, nach seiner Genesung einen Job in dem Metier zu finden, bei dem er nicht so schwer heben muss.

Ab 1. September ist der alteingesessene Getränkemarkt geschlossen. Am Sonntag, 17. September, wollen sich die Trebischs aber von ihrer treuen Stammkundschaft persönlich verabschieden: "Ab 12 Uhr gibt es Essen, Kaffee und Kuchen." Das sei ihr eine Herzensangelegenheit, versichert Gretl Trebisch.

Und was kommt danach? "Ich weiß noch nicht so recht. Ich werde das Leben genießen und auf jeden Fall mal mit der AIDA verreisen", verrät die muntere Seniorin — und dann lädt sie die beiden Pressevertreter gleich noch ein: "Wenn ich jetzt Zeit hab, dann könnt ihr gern auf einen Kaffee und Kuchen vorbeikommen. Das ist kein Scherz, das mein ich ernst." So ist die Gretl.

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