Adelsdorf: "Vokalprojekt" sorgt für Romantik

5.10.2016, 11:00 Uhr
Adelsdorf:

Spricht man mit Vertretern regionaler Chöre, so mangelt es überall an Sängernachwuchs. Egal ob Ortrud Günther, Vorsitzende der Cäcilia Großenseebach oder Irina Konjaev, musikalische Leiterin des Liederkranz Höchstadt, alle würden sich über stimmkräftige neue Mitglieder freuen. Doch das Interesse an wöchentlichen Proben und weiteren, schwer planbaren zeitlichen Verpflichtungen sinkt – gerade bei jüngeren Menschen. Anders verhält es sich bei sogenannten Projektchören. Zeitlich befristet, finden sich hier Sänger zusammen, etwa um Konzerte vorzubereiten.

Wurzeln in Weppersdorf

Ein solches Ensemble ist „Das Vokalprojekt“. Seit dem Jahr 2013 finden sich hier Berliner Studenten zusammen, um gemeinsam zu singen. Die Leitung des Projektchores liegt bei Julian Steger. Seine musikalische Grundausbildung erhielt der gebürtige Forchheimer beim Windsbacher Knabenchor. Und da seine Großeltern in Weppersdorf leben, zieht es den Mathematikstudenten immer wieder in die fränkische Heimat.

Bereits vor zwei Jahren hatte er dabei einmal seinen Chor dabei und man gastierte in der Adelsdorfer St.-Stephanus-Kirche. „Eine Kirche wie geschaffen für einen Chor. Hier wirkt der Klang warm und schön“, betont der musikalische Leiter. „Und auch das große Publikumsinteresse ist uns sehr positiv in Erinnerung geblieben“.

In der vergangenen Woche hatte sich „Das Vokalprojekt“ nun im oberpfälzischen Kaltenbrunn getroffen und dort sein aktuelles Programm „Abendschimmer“ einstudiert. „Ein Chor funktioniert nur richtig, wenn neben dem Musikalischen auch das Menschliche passt“, erläutert Steger. Deshalb hatten sich die Musiker dort in ein Jugendhaus eingemietet. Neben gemeinsamen Proben stand auch Kochen auf dem Programm. „Den Küchendienst haben wir sortiert nach Stimmlagen absolviert“, erzählt der Chorchef schmunzelnd. Und weil man nun schon einmal in der Nähe war, nutzte man die Gelegenheit für ein zweites Gastspiel in Adelsdorf.

Ein Blick in das am Erntedankabend mit gut 200 Zuhörern hervorragend gefüllte Kirchenschiff zeigte, die Rechnung von „Das Vokalprojekt“ war aufgegangen. Das Interesse am Abendschimmer-Konzert, dem achten Projekt des Ensembles, war groß. Auf dem Programm standen Werke von Max Reger, Anton Bruckner, Felix Mendelssohn und Petr Eben. Garniert wurde der Reigen durch solide herausgespielte Cello-Impressionen des Solisten Lukas Jedeck.

Zum ersten Mal hatte sich der Chor mit „Abendschimmer“ ausnahmslos der Romantik verschrieben. Musikalisch gesehen ein richtiger Schritt. Der feine A capella-Sound korrespondierte hervorragend mit den Kompositionen. Bei Brahms Vineta hatte man den heraufziehenden Abendnebel förmlich vor Augen. Auch an Agilität fehlte es der Formation nicht.

Bei Petr Ebens Assisi-Vertonung tänzelte der Chor perfekt abgestimmt durch die Amplitude, als wäre er der behände Bogen eines Contra-Bassisten. Dennoch, es fehlte dem Programm die Variation. Waren romantische Klänge zur Abendzeit ein dankbares Thema und der Vortrag gekonnt, so konnte — der similaren Tonlage geschuldet — beim Zuhören doch Ermüdung einsetzen. Hier wären ein strafferes Programm oder epochenübergreifende Interpretationen die bessere Wahl gewesen. Dem

setzte Steger mit seiner Zugabe — dem „Abschied“ des fränkischen Komponisten Fred Schecher — entgegen, und setzte so einen wohltuend bunten Schlusspunkt. Auch dafür gab es noch einmal tosenden Applaus. Sowie sicher die eine oder andere Spende. Denn das Chorprojekt finanziert sich nur durch freiwillige Gaben. Der Eintritt bei den Konzerten ist frei.

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