„Aischgründer“ erreicht die Isar

26.7.2015, 16:05 Uhr
„Aischgründer“ erreicht die Isar

© Foto: Christian Enz

Die kleinbäuerlichen Fischereibetriebe, so betonte Martin Oberle am Samstag in München, stellen ein Kleinod in der Landwirtschaft dar. „Hier hat der Strukturwandel zum Glück noch nicht stattgefunden“, so der Leiter des Instituts für Karpfenteichwirtschaft in Höchstadt. Dies ermögliche es, ein hochwertiges Nahrungsmittel zu produzieren. „Der Karpfen wird ausschließlich mit Naturnahrung aufgezogen. Diese entsteht durch Sonneneinstrahlung in den Weihern.“ Auf Zusätze wie sie sonst auch in der Fisch-Mast zum Einsatz kommen, etwa Fischmehl, kann deshalb verzichtet werden. „Deswegen sind sich sogar IWF und Greenpeace einig, dass der Aischgründer Karpfen der einzige Fisch ist, der mit gutem Gewissen gegessen werden kann.“

Gleichzeitig steige die Nachfrage nach hochwertigen, regionalen Produkten, wie Richard Balling, Leitender Ministerialrat im Staatsministerium für Ernährung, ausführte. Scheinbar ideale Bedingungen für die Karpfenbauern also. Doch dem ist nicht so, wie Teichwirt Leonhard Thomann berichtete. „Viele Leute denken, der Karpfen lebt in der Pampa, da muss man nichts machen. Die viele Handarbeit ist ihnen nicht bewusst.“ Dies führe dazu, dass für Karpfen nur Dumping-Preise bezahlt werden. Solchen Entwicklungen will man in München durch die bessere Vermarktung hochwertiger regionaler Produkte begegnen. „Schließlich ist Bayern das Land der Spezialitäten. Da müssen wir uns vor Trittbrettfahrern schützen“, meinte Balling. Deshalb begleitete das Landwirtschaftsministerium nicht nur die Zertifizierung des Aischgründer Karpfens als geografisch geschützte Angabe, man bahnte auch den Kontakt des Karpfenland Aischgrund e.V. mit Jürgen Lochbihler an.

Eben jener Lochbihler, der im Jahr 2005 aus der zuvor neun Jahre leerstehenden Freibank-Halle am Münchner Viktualienmarkt das In-Lokal „Der Pschorr“ entwickelte. Insgesamt 96 Mitarbeiter, darunter zehn Auszubildende, sorgen für bayerische Gastlichkeit. Das schmucke Lokal mit großem Biergarten in der Landeshauptstadt steht für hochwertige, bürgerliche Küche. Dieser Erfolg, so erläuterte Jürgen Lochbihler, komme nicht von ungefähr. „Wir setzen auf hochwertig erzeugte Nahrungsmittel, die nicht erst tausende Kilometer transportiert werden.“

Direkt beim Erzeuger

In der aufwändig produzierten Speisekarte finden sich deshalb vor allem saisonal wechselnde Angebote. „Die dazu notwendigen Produkte kaufen wir direkt beim Erzeuger“, betonte der Gastwirt. „Da bin ich auch schon einmal beim Schlachten dabei, um zu klären, wie der optimale Schnitt für uns sein muss.“ Eines fehlte jedoch bislang auf dem Speiseplan – ein nachhaltiger, gesunder Fisch. „Über das Landwirtschaftsministerium bin ich dann auf den Aischgründer Karpfen aufmerksam geworden“, erinnert sich Lochbihler. „Dieser passt tatsächlich optimal zu uns. Denn die Aischgründer Teichwirte haben es geschafft, einen modernen, mageren Karpfen zu züchten – ohne Qualitätsschwankungen über alle Weiher hinweg.“ Noch habe, so Jürgen Lochbihler, der Münchner Großhandel den Aischgründer Karpfen nicht für sich entdeckt. Deshalb müsse bislang der Opa selbst nach Mühlhausen fahren und die Fische abholen. Trotzdem ist man in München vom Interesse der Gäste am fränkischen Karpfen überzeugt – und ließ sich deshalb als erstes Restaurant außerhalb des Aischgrundes als Karpfenküche zertifizieren.

Grund für Höchstadts Bürgermeister Gerald Brehm in seiner Funktion als Vorsitzender des Vereins Karpfenland Aischgrund, mit einer Delegation in den „Pschorr“ nach München zu reisen. Feierlich wurde dabei im Beisein von Karpfenkönigin Katrin I. und der künftigen Höchstadter Bierkönigin Dorothea I. eine Karpfen-Plakette übergeben. Diese zeigt den Gästen, wo der hochwertige Original Aischgründer verarbeitet wird. Karpfen blau, erklärte der „Pschorr“-Wirt, werde es in München dennoch erst einmal nicht zu essen geben. „Das ist doch eher etwas für Insider. Wir setzen auf im Bierteig gebackene Fische.“

Filet hat das meiste Potenzial

Und Lochbihler kennt sein Publikum, ist er doch Gastwirt aus Leidenschaft. „Das Gefühl, zu sehen, wie ein gutes Essen, ein geselliges Beisammensein den Gästen ein Glänzen in die Augen treibt, ist unvergleichlich.“ Deshalb steht er mindestens einmal die Woche selbst in seinem Lokal. Der frühere Unternehmensberater weiß auch um die Bedeutung eines Angebotes für die Nachfrage. Deshalb wird man neben der Zubereitung auch die Portionen an den großstädtischen Markt anpassen. „Neben dem klassischen halben Karpfen werden wir auch vierteln“, plant Lochbihler. Am meisten Potenzial sieht er aber für Filet. „Im Aischgrund lernt man das Entgräten schon von Kindesbeinen an. Unseren Gästen wäre das zu unbequem und der Service kann das in Menge auch nicht leisten.“

Zu essen gab es den Aischgründer Karpfen an diesem Tag weder auf die eine noch die andere Art. „Denn diesen Fisch isst man nur in Monaten mit einem R im Namen“, erklärte Gerald Brehm den zahlreichen Schaulustigen im „Pschorr.“ „Denn nur dann hat der Fisch den hervorragenden Geschmack.“

Eine Erklärung die manchen sichtlich verwunderte – aber man akzeptierte klaglos. Überhaupt scheint das Interesse an fränkischen Gepflogenheiten in der Landeshauptstadt schon jetzt groß zu sein. So gab es tosenden Applaus für Martin Oberle und Regina Dukart. Die beiden Höchstadter umrahmten die Übergabe der Karpfenküchen-Plakette mit Trompete und Akkordeon und dem bei diesem Anlass unvermeidlichen Karpfenlied.

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