Weisendorf: Barrierefreiheit für alle

16.8.2017, 07:53 Uhr
Weisendorf: Barrierefreiheit für alle

© Ingrid Jungfer

Bereits 2011 waren Gerhard Freunscht und der AK "Barrierefreies Miteinander" mit dem Internetportal "Hürdenlos ERH" beschäftigt, damals noch unter der Ägide von Landrat Eberhard Irlinger. Freunscht bereits als junger Mann erblindet, hatte als Erster die Initiative ergriffen, im Internet ein Portal zur Information über barrierefreie Einrichtungen im Marktort zu erarbeiten. Schließlich wusste er selbst bestens um die Probleme des Alltags und wurde folgerichtig dann auch der erste Behindertenbeauftragte im Landkreis Erlangen-Höchstadt. Kürzlich traf man sich im Rathaus zum Pressegespräch, um mit Bürgermeister Heinrich Süß und Gerhard Freunscht die bisherigen Maßnahmen zur Barrierefreiheit zu erörtern und künftige zu besprechen.

Im öffentlichen Raum war 2012/13 eine der ersten Maßnahmen die Neugestaltung der Nord-Süd-Ortsdurchfahrt. An der "Schwane"-Kreuzung wurde eine Lichtsignal-Anlage mit Bodenindikatoren und akustischen wie taktilen Signalen ausgestattet, die Sehbehinderten und Kindern beim Queren der Straße mehr Sicherheit verschafft. Auch die abgesenkten Querungsfurten tragen dazu bei.

Absenkung von Gehsteigkanten

Weisendorf: Barrierefreiheit für alle

© Ingrid Jungfer

Vorher schon hatte die Kommune auf Höhe von abzweigenden Seitenstraßen in der Erlanger Straße für die Absenkung hoher Gehsteigkanten gesorgt. Inzwischen barrierefrei sind die Bushaltestellen in der Lindenstraße, der Auracher Bergstraße und Erlanger Straße, meist mit Kasseler Bord plus Bodenindikatoren ausgestattet, um den Zuweg und Einstieg zu erleichtern. Sitze mit Armlehnen zum leichteren Aufstehen und niedriger hängenden Fahrplänen für Rollstuhlfahrer sind ebenfalls eine Hilfe.

Weisendorf: Barrierefreiheit für alle

© Ingrid Jungfer

Absolut barrierefrei ist auch der Zugang zum neu gestalteten Schlossgarten. Gemeinsam mit Gerhard Freunscht, der von der Gemeinde stets rechtzeitig in neue Planungen miteinbezogen wird, hat man dafür gesorgt, dass die dortigen Bewegungsgeräte auch mit Blindenschrift beschildert sind. Die Sitzbänke mit Armlehne sind auf Vorschlag des Behindertenbeauftragten mit 48 bis 50 Zentimetern höher als die übliche Norm und erleichtern damit ein bequemeres Aufstehen.

Hilfreich sind im öffentlichen Raum auch die Behinderten-Parkplätze für jene, die auf das Auto und dann einen nahen Zugang beispielsweise zur Apotheke oder sogar zur Kita angewiesen sind. Im Marktort sind seit einiger Zeit eine ansehnliche Zahl solch rechtsgültig beschildeter Behinderten-Parkplätze ausgewiesen. Zwei sind vor dem Rathaus, einer hinter dem Gebäude im Hof gekennzeichnet, zwei findet man vor den Bürgerstuben, zwei auf dem Marktplatz.

Öffentliche Einrichtungen haben nicht nur für einen barrierefreien Zugang, sondern zudem für Behinderten-Parkplätze gesorgt. So gibt es einen bei der Kita Gerbersleithe und zwei auf dem Terrain der katholischen Kirche, je einen beim Cabire, dem Brothaus und dem Beck-drive-in. Auch die Landgasthöfe Süß und Lunz wollen demnächst solche Parkplätze schaffen, war zu erfahren.

Plätze oft fehlbelegt

Im Einkaufszentrum im Osten war man ebenfalls aktiv. Beim Discounter Norma wurde der Behinderten-Parkplatz auf die ebene Fläche nahe dem Eingang verlegt, bei Rewe der Platz deutlicher markiert. Dennoch: Oft sind die Plätze fehlbelegt. Man parkt ja nur "kurz", man hat das Behinderten-Symbol nicht gesehen, man quetscht sich noch schnell in die Parkfläche daneben. Dass dann ein Rollstuhlfahrer oder ein Mensch mit steifem Bein nicht ein- oder aussteigen kann, interessiert meist nicht. Wäre dies wohl anders, wenn der Falschparkende wüsste, dass die rücksichtslose Fehlbelegung eines Behinderten-Parkplatzes nach Auskunft der Herzogenauracher Polizei mit 35 Euro Strafgebühr geahndet wird?

Zurück zur Barrierefreiheit. Zum einen hat man beim Rathaus spezielle Parkplätze geschaffen, zum anderen die Barrierefreiheit nicht nur per Eingangstür mit Induktionsschleife, Aufzug und Behinderten-Toilette umgesetzt, sondern auch die Bürgerstuben entsprechend ausgestattet. Sogar der jüngst angeschaffte Bürgerbus ist barrierefrei. Dies galt natürlich schon länger für die benachbarte Grundschule, wo es bereits vor Jahren die erste Rampe für einen Rollstuhlfahrer gab. Inzwischen sind eine Behinderten-Toilette und die behindertengerechte Ausstattung der Waschräume in der Schulturnhalle hinzugekommen. Auch die Kirchen beider Konfessionen im Marktort und Ortsteil Rezelsdorf haben inzwischen barrierefreie Zugänge und Induktionsschleifen, war im Rathaus zu erfahren.

Dort wurde natürlich der Wunsch nach mehr barrierefreien Wohnungen in Mehrfamilienhäusern laut. Die schon länger bezogene Wohnanlage in der Lindenstraße habe die gesetzlichen Vorschriften erstmals im Marktort erfüllt, lobte man. Denn in Gebäuden mit mehr als zwei Wohnungen muss ein Drittel der Wohnungen barrierefrei erreichbar sein, folglich auch mit Aufzug. Alles gesetzliche Auflagen, die gerade in der letzten Zeit bei Neubauten vor Ort für die Bedürfnisse von Alt wie Jung aktuell realisiert werden und bereits wurden. Schließlich koste barrierefreies Bauen "nicht viel mehr als normales Bauen", stellte dazu Bürgermeister Süß fest. Er sprach von 0,8 bis 1,2 Prozent Mehrkosten bei barrierefreiem Bauen. Barrierefreiheit ist also weiter gefragt. Auch von der Mutter, die das schreiende Baby samt Kinderwagen genauso in den zweiten Stock transportieren muss wie der ältere Herr seinen Rollator. Da ist dann der Aufzug eine echte Hilfe. Aber zum Beispiel auch das Wartehäuschen an der geplanten Buswendeschleife nahe dem Friedhof, das dort richtig platziert und ausgestattet werden will. Gerhard Freunscht hat dort bei der Planung ein wichtiges und fachmännisches Wort beigetragen.

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