Blutig gekratzt: Herzogenauracherin verurteilt

11.1.2018, 06:59 Uhr

Am Anfang wirkt alles so, als hätte die Angeklagte einiges auf dem Kerbholz. "Gefährliche Körperverletzung" lautet einer von mehreren Anklagepunkten, sie wird von Polizisten in schusssicheren Uniformen ins Gericht geführt. Aber die Verhandlung macht klar: Die 19-Jährige hat in ihrem Leben tatsächlich schon viel erlebt, die Vorwürfe gegen sie lassen sich aber etwas relativieren.

In Herzogenaurach wächst die Angeklagte auf, hier besucht sie die Schule. Aber schon bald beginnen die Probleme. Im Alter von 13 Jahren raucht das Mädchen ihren ersten Joint. "Man kann sagen, sie war noch ein Kind", meint ihr Verteidiger Wolfgang Wehr. Das Verhältnis zur Mutter ist zerrüttet und Zuhause gibt es so viel Streit, dass das Jugendamt sie als 14-Jährige in Obhut nimmt. Sie kommt in eine stationäre Jugendhilfeeinrichtung. Dort haut sie ab, lebt ohne festen Wohnsitz. Später kommt sie in die Erwachsenen–Psychatrie, fängt Schulmaßnahmen und Jobs an, bricht aber alles wieder ab. Dreimal landet sie im Jugendarrest, unter anderem wegen Diebstählen. Am Ende steht sie ohne Schulabschluss da und gerät an einen falschen Freund.

Mit ihm zusammen begeht sie die gefährliche Körperverletzung am Nürnberger Hauptbahnhof. Ihr Freund, gegen den ein eigenes Verfahren läuft, droht einem Bekannten: "Ich stech dich ab" — dann gehen beide auf das Opfer los. Die Angeklagte packt den Teenager, kratzt sein Gesicht blutig. Ihr Begleiter schlägt und tritt selbst dann noch, als der Geschädigte am Boden liegt.

Gegen die junge Frau wird das Verfahren eröffnet. Das hält sie nicht von weiteren Straftaten ab.

Sie wird mit einer geringen Menge Marihuana erwischt. Als noch eine Anzeige wegen dreifachen Schwarzfahrens hinzu kommt, landet sie in Untersuchungshaft. Seit 15. November 2017 sitzt die 19-Jährige in der Justizvollzugsanstalt in Nürnberg — deshalb die Polizeieskorte zum Erlanger Amtsgericht.

Richter Christian Kretschmar verurteilt sie dort zu einer Jugendstrafe von sieben Monaten. Sie verlässt den Gerichtssaal aber auf freiem Fuß. Denn es gibt die Möglichkeit auf Bewährung. Wenn sie nachweislich keine Drogen mehr nimmt, ihre ambulante Therapie weiterführt, ihren Hauptabschluss wie geplant in Nürnberg nachholt und weitere Auflagen erfüllt, kann die Strafe noch zur Bewährung ausgesetzt werden. "Es liegt jetzt einzig und allein an Ihnen", sagt Kretschmar zum Schluss.

 

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