Chefarzt Laugwitz geht nach 22 Jahren in Rente

29.10.2014, 08:59 Uhr
"Positive Rückmeldung vom Patienten ist für mich wie der Applaus für den Künstler": Chefarzt Hans-Joachim Laugwitz bei einem seiner Patienten im Kreiskrankenhaus St. Anna in Höchstadt.

© Edgar Pfrogner "Positive Rückmeldung vom Patienten ist für mich wie der Applaus für den Künstler": Chefarzt Hans-Joachim Laugwitz bei einem seiner Patienten im Kreiskrankenhaus St. Anna in Höchstadt.

Patienten klatschen nicht. „Für mich sind positive Rückmeldungen wie der Applaus für den Künstler“, sagt Hans-Joachim Laugwitz. Am liebsten sieht der Chefarzt von St. Anna die Menschen, die er entlässt erstmal nicht wieder. Dann weiß er, er hat seine Arbeit wohl ganz gut gemacht hat.

Die Zahlen geben dem 64-Jährigen Recht. Seit er im Jahr 1992 in Höchstadt angefangen hat, haben sich die Patientenzahlen mehr als verdoppelt. Im laufenden Jahr zeichnet sich nochmal eine Steigerung um acht Prozent ab. „Ich denke, unser Haus ist aktuell sehr gut aufgestellt“, sagt Laugwitz.

Und er hat in den vergangenen Jahren auch einiges dafür getan. 70-Stunden-Woche war die Regel, Nacht- und Wochenend-Dienste inklusive. Nebenbei hat er vor Jahren außerdem ein Zweitstudium gestemmt — mit dem Abschluss Diplom-Gesundheitsökonom. Als Laugwitz, der in Celle geboren wurde, 1992 von Cuxhaven nach Höchstadt kam, gab es im Kreiskrankenhaus noch keine Intensivstation. Er hat Ärzte und Pflegepersonal geschult. „Wir haben die Station gemeinsam eingerichtet – das hat Spaß gemacht,“ erinnert er sich. Manche Kollegen aus dem Team von damals sind auch heute noch im Dienst.

Laugwitz zählt, wie er selbst sagt, zur „Generation Generalist“, sprich der Facharzt für Innere Medizin ist von seiner Ausbildung her ist er breit aufgestellt, hat sich erst nach und nach spezialisiert. So konnte er in Höchstadt auch die Kardiologie und die Gastroenterologie (Diagnostik und Therapie bei Magen-Darmerkrankungen) ausbauen. „Auch Chemotherapien wurden hier früher nicht angeboten“, sagt Laugwitz.

"Infusion ist keine Zuneigung"

Leichten Gegenwind hat der Chefarzt verspürt, als er eine Palliativstation in Höchstadt vorschlug. „Es gab schon Bedenken im Team“, sagt Laugwitz, „weil wir alle darauf getrimmt sind zu heilen.“

Doch irgendwann, sagt er, sei jeder Arzt am Ende. Weil das Leben eben endlich ist. Dann sei es nötig loszulassen und dem Patienten beim Sterben zu begleiten. Denn: „Eine Infusion ist keine Zuneigung.“

Überhaupt legt er viel Wert auf Menschlichkeit in seinem Haus. „Ich habe immer versucht, darin auch ein Vorbild zu sein.“ „Everybody‘s darling“ könne er sicher nicht spielen, aber ein Vertrauensverhältnis zum Patienten sei wichtig. Dabei hat er nie geschafft, Erlebnisse aus der Arbeitswelt an sich abperlen zu lassen. „Ich nehme die Sachen immer mit nach Hause“, sagt er. Und: „Ich habe mir schon immer ein dickeres Fell gewünscht.“ Sicher habe die Erfahrung über vieles hinweggeholfen. „Man merkt schnell, dass man die Schuld nicht immer bei sich suchen kann.“

Es gibt aber auch positive Erlebnisse. Eine Patientin, die Mitte der 90er Jahre in lebensbedrohlichem Zustand ins Kreiskrankenhaus kam, behandelt Laugwitz heute noch. Er hatte damals eine spezielle Autoimmunkrankheit diagnostiziert, die viele Kollegen vor ihm nicht erkannt hatten. Überhaupt kommen momentan viele Patienten noch einmal zu ihm, um sich zu verabschieden und zu besprechen, wie die Behandlung weitergeht.

Viele fragen ihn, ob er nicht weitermacht. Das hat auch sein Arbeitgeber getan. „Aber es ist gut, wenn ich jetzt mit dem Krankenhausdienst aufhöre“, sagt Laugwitz – trotz aller Wehmut. Ab März wendet der zweifache Familienvater sich erstmal einer weiteren großen Liebe zu: Der Sahara. Mehr als 20 Wüstentrips hat der Chefarzt schon hinter sich.

Wenn er dann zurück kommt, will er überlegen wie und ob er weitermacht in seinem Beruf – wenn auch nicht mehr im Krankenhaus. Denn den frischen Wind, den er gerne entfacht, den spürt man immer noch.

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