Die Musik gab 2015 klar den Ton an

5.1.2016, 16:19 Uhr
Die Musik gab 2015 klar den Ton an

© Foto: Draminski

So ist der Dechsendorfer Weiher sozusagen der „Hotspot“ der etablierten bürgerlichen Musikszene geworden. Klassik am See mit Beteiligung des Herzogenauracher Philharmonischen Chors lockte die Klassikfreunde aus dem ganzen Großraum, Jazz am See, im Juli mit den Hochkarätern Torsten Goods, Nils Landgren und Till Brönner eine bejubelte Premiere, zieht die Jazzfans an.

Am Ufer eines anderen Weihers, dem von Poppenhof, feierte schon zum sechsten Mal eine ganz andere Szene sich und ihre elektronisch erzeugte Musik. Das Open Beatz-Festival zog 15.000 Elektro-Fans zu dem Weiler bei Herzogenaurach, wo die DJ-Elite aus ganz Europa auflegte.

Der Schlosshof als „Gral“

Und für die ebenfalls nicht unbedingt gutbürgerlichen Freunde des Mittelalter-Rock ist der Höchstadter Schlosshof sozusagen die Stätte des Grals — vergangenen August bereits zum neunten Mal.

Die Veranstaltungsreihen, getragen von Gemeinden, Vereinen oder engagierten Privatpersonen, bieten immer mehr Hochkarätiges. Die Herzogenauracher Kulturtage zum Beispiel, die mit ihrer Themenreihe der Kontinente in Asien angelangt waren, warteten als Publikumsrenner mit dem Chinesischen Staatszirkus auf.

Schwer zu toppen. Bei den Verantwortlichen wird eine neue Struktur des von der Stadt getragenen herbstlichen Kulturfests überlegt.

Der Großenseebacher Herbst mit seiner wirklich bunten Auftrittspalette, die alle Geschmäcker bedient, hat genau deswegen nicht dieses Problem. Im vergangenen Jahr gab es im Oktober und November Literatur, Pantomime, Kabarett und Musik von der Weltmusik für Kinder bis zu alten Hits der Peterlesboum und kaum noch offene Wünsche.

Im 26. Jahr seines Bestehens hat auch der Verein Spielraum Kultur in Hemhofen und Röttenbach für spannende Abende gesorgt. Er setzt auf publikumsträchtige „Acts“, wie Wolfgang Buck zum Jahresabschluss, die den Überschuss einbringen, den der Verein dann wiederum für Experimente mit weniger bekannten Künstlern ausgeben kann.

Ernstes im Kloster

Den Münchauracher Klosterfrühling kennt man inzwischen im ganzen Großraum. Und trotz seines nicht wirklich massentauglichen Programms aus zeitgenössischer Ernster Musik hat die Reihe, deren Medienpartner unsere Zeitung ist, Zuspruch. Vergangenes Jahr im Mai wartete der Klosterfrühling auch mit einer Uraufführung auf: Heinrich Hartls „Wojna i pokój“.

Der künstlerische Leiter des Klosterfrühlings, Gerald Fink, ist vielfältig tätig im musikalischen Geschehen des Landkreises. Er leitet die Chöre des Herzogenauracher Liederkranz, ist Kreischorleiter, Kantor der evangelischen Kirchengemeinde, Komponist und Konzertorganist von hohen Graden. Selbst ihn als Insider versetzt die Vielfalt des musikalischen Angebots in Erstaunen.

Chöre im Aufwind

Selbst Chöre, vor Jahren noch tot gesagt, erleben Aufschwung. Der Trend, so Fink, geht dabei zu kleineren Ensembles und zum speziellen, etwas ausgefallenen Repertoire. Als Kreischorleiter könne er auch sagen, dass in der Jugend wieder mehr gesungen wird. Auch das Interesse an Orgelmusik steigt, so Fink, und dies mit jedem Instrument, das im Landkreis neu gebaut oder saniert wird. Er selbst ist hochzufrieden mit dem Echo auf seine eigene Reihe „Orgelzeit“ und dass ein Weltstar wie Christian Schmitt im Januar ein Konzert auf der Metzler-Orgel in Herzogenaurachs Kirche Sankt Magdalena gegeben, der junge Ludwig Orel im Wettbewerb Jugend musiziert reüssiert hat , spricht nur dafür.

Die Musik gab 2015 klar den Ton an

© Foto: Giulia Iannicelli

Im Jazz gab es den 80. Geburtstag des Alt- und Großmeisters Thomas Fink inklusive fulminanter Live CD zu feiern, aber nicht nur dies. Auch die Jazz!3-Konzertreihe von Ariane Ranger in Höchstadt fällt unter die trendige Kategorie „klein, fein und etwas außergewöhnlich“ und hat ihr Stammpublikum aus dem ganzen Landkreis und darüber hinaus gefunden. Vergangenes Jahr unter anderem mit dem großartigen, aus Höchstadt stammenden Pianisten Florian Höfner und Sunna Gunnlaugs aus Island, die man ohne die rührige Veranstalterin wohl kaum ohne Fahrt nach Nürnberg oder München hätte hören können.

Übergreifend, wie Rainer Glas‘ Universal Ensemble, im November in der evangelischen Kirche von Herzogenaurach zu hören, ist auch die Veranstaltungsreihe des Arbeitskreises „kultur grenzenlos“ in Herzogenaurach.

Was selbst den Experten Gerald Fink verblüfft: Auch Klassiker im kulturellen Jahreslauf bleiben 2015 gefragt — trotz der genannten Trends. Das Festliche Konzert in Herzogenaurach quasi überfüllt, wie auch die Veranstaltungen des Höchstadter Freundeskreises Pro Musica, der Volksmusiker des dortigen Heimatvereins, das jährliche Gastspiel des Bamberger Streichquartetts, der Blasorchester der Musikvereine und die vielen Bands aus Pop und Rock, die unter anderem von Vereinen wie der Herzogenauracher Musikinitiative oder der Höchstadter Jugendarbeit in der Fortuna gefördert werden.

Auch Kulturarbeit in diesem Zusammenhang: Die Artikelserie unserer Zeitung über die Geschichte der Rockmusik und ihrer Protagonisten im Landkreis.

NN-Preis nach „Seebach“

Es ist in der Tat ein Musikland, ERH. Aber nicht nur. Der Herzogenauracher Kunstverein bespielt mit wechselnden Ausstellungen kontinuierlich den KunstRaum. Der Maler Werner Tögel aus Großenseebach gewinnt erneut einen der renommierten NN-Kunstpreise — und das einzigartige Puppentheater von Stephan Kügel in Heppstädt feiert mit einem Festival im Sommer 25 Jahre Bestehen: ein Kuckucksheim, aber kein Wolkenkuckucksheim.

Die Fortuna Kulturfabrik in Höchstadt erweist sich als Bereicherung des Angebots, das — auch was die Theaterszene vom Kabarett bis zum Laienspiel betrifft — 2015 so vielfältig war wie noch nie.

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