Die Sektenkinder von Lonnerstadt: eine Chronologie

3.3.2013, 18:07 Uhr
25. Oktober 2012: Mit einer Reportage des WDR fängt die Diskussion um die Sektenkinder in Lonnerstadt an. Seit der Ausstrahlung des Films "Sektenkinder" kommt der kleine Ort im Landkreis Höchstadt nicht mehr zur Ruhe.
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"Sektenkinder von Lonnerstadt"

25. Oktober 2012: Mit einer Reportage des WDR fängt die Diskussion um die Sektenkinder in Lonnerstadt an. Seit der Ausstrahlung des Films "Sektenkinder" kommt der kleine Ort im Landkreis Höchstadt nicht mehr zur Ruhe. © WDR

Filmemacherin Beate Greindl porträtierte die Sekte "Neue Gruppe der Weltdiener". Der Guru und die fünfköpfige Familie lebten unter einfachsten Verhältnissen in einem Bauernhaus in Lonnerstadt. Die drei Kinder müssten täglich um 3.30 Uhr aufstehen und bereits vor der Schule mehrere Stunden meditieren.
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Reporterin Beate Greindl deckt auf

Filmemacherin Beate Greindl porträtierte die Sekte "Neue Gruppe der Weltdiener". Der Guru und die fünfköpfige Familie lebten unter einfachsten Verhältnissen in einem Bauernhaus in Lonnerstadt. Die drei Kinder müssten täglich um 3.30 Uhr aufstehen und bereits vor der Schule mehrere Stunden meditieren. © David Ebener

Der Guru lebt in einem gewöhnlichen Einfamilienhaus in Ailsbach, während die Familie in einem heruntergekommenen alten Bauernhaus in Lonnerstadt wohnte, in dem es noch nicht einmal fließendes Wasser gibt. 2002 waren bereits drei der Kinder aus der Gemeinschaft geflohen.
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Das "Guru"-Haus

Der Guru lebt in einem gewöhnlichen Einfamilienhaus in Ailsbach, während die Familie in einem heruntergekommenen alten Bauernhaus in Lonnerstadt wohnte, in dem es noch nicht einmal fließendes Wasser gibt. 2002 waren bereits drei der Kinder aus der Gemeinschaft geflohen. © André de Geare

Dem Guru der "Neuen Gruppe der Weltdiener", Gerhard L., hat die Familie ihr gesamtes Vermögen vermacht (im Hintergrund sitzt der Vater der Familie). Kinder sollten nicht spielen, sondern an der Seele arbeiten, ist die Philosophie der Sekte. Kinder sind "erwachsene Seelen in Kinderkörpern", deshalb die Eltern ihren drei Kindern das Spielen verboten haben.
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Der Guru der "Neuen Gruppe der Weltdiener"

Dem Guru der "Neuen Gruppe der Weltdiener", Gerhard L., hat die Familie ihr gesamtes Vermögen vermacht (im Hintergrund sitzt der Vater der Familie). Kinder sollten nicht spielen, sondern an der Seele arbeiten, ist die Philosophie der Sekte. Kinder sind "erwachsene Seelen in Kinderkörpern", deshalb die Eltern ihren drei Kindern das Spielen verboten haben. © Michael Müller

31.10.2012: Der Landrat des Landkreises Erlangen-Höchstadt, Eberhard Irlinger, gerät unter Druck und beruft eine Pressekonferenz ein. Irlinger bezeichnet den Film als „etwas tendenziös“ und „schwarz-weiß“ gezeichnet. Die dort gezeigten Umstände träfen nicht zu. Seine Behörde hätte die Familie seit 2004 im Blick. Fünf Hausbesuche, 33 andere Amtsaktivitäten, elf Kontakte zur Schule, die die drei Kinder besuchen sowie sieben Kontakte zu den Großeltern listet Irlinger auf. Trotzdem hat das Landratsamt in Abstimmung mit dem Familiengericht ein Gutachten in Auftrag gegeben, das die Situation der Familie klären soll.
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Irlinger in Erklärungsnot

31.10.2012: Der Landrat des Landkreises Erlangen-Höchstadt, Eberhard Irlinger, gerät unter Druck und beruft eine Pressekonferenz ein. Irlinger bezeichnet den Film als „etwas tendenziös“ und „schwarz-weiß“ gezeichnet. Die dort gezeigten Umstände träfen nicht zu. Seine Behörde hätte die Familie seit 2004 im Blick. Fünf Hausbesuche, 33 andere Amtsaktivitäten, elf Kontakte zur Schule, die die drei Kinder besuchen sowie sieben Kontakte zu den Großeltern listet Irlinger auf. Trotzdem hat das Landratsamt in Abstimmung mit dem Familiengericht ein Gutachten in Auftrag gegeben, das die Situation der Familie klären soll. © David Ebener

Der stellvertretende NZ-Chefredakteur Stephan Sohr bezeichnete die Pressekonferenz als "denkwürdig". Irlinger bot damals alle Fachleute im Haus auf, die mit Recht und Kindeswohl zu tun hatten. Denn die Behörde geriet aufgrund der Berichterstattung gewaltig unter Druck.
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Denkwürdige Pressekonferenz

Der stellvertretende NZ-Chefredakteur Stephan Sohr bezeichnete die Pressekonferenz als "denkwürdig". Irlinger bot damals alle Fachleute im Haus auf, die mit Recht und Kindeswohl zu tun hatten. Denn die Behörde geriet aufgrund der Berichterstattung gewaltig unter Druck. © Edgar Pfrogner

4. November 2012: Besorgte Dorfbewohner organisieren eine Mahnwache vor dem Haus des Gurus. Rund 150 Menschen standen seitdem regelmäßig mit Plakaten vor dem Haus und machen auch ihrem Ärger gegenüber dem Landratsamt Luft. Dieses hätte sich zu wenig um die drei Kinder im Alter von 14, elf und acht Jahren gekümmert. Landrat Eberhard Irlinger bittet am 17. November darum, die Mahnwachen einzustellen. "Die Aktion sollte sich nicht so sehr gegen die Familie richten", sagte Irlinger gegenüber der dpa.
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Mahnwache vor dem Guru-Haus

4. November 2012: Besorgte Dorfbewohner organisieren eine Mahnwache vor dem Haus des Gurus. Rund 150 Menschen standen seitdem regelmäßig mit Plakaten vor dem Haus und machen auch ihrem Ärger gegenüber dem Landratsamt Luft. Dieses hätte sich zu wenig um die drei Kinder im Alter von 14, elf und acht Jahren gekümmert. Landrat Eberhard Irlinger bittet am 17. November darum, die Mahnwachen einzustellen. "Die Aktion sollte sich nicht so sehr gegen die Familie richten", sagte Irlinger gegenüber der dpa. © André De Geare

1. Februar 2013: Die Staatsanwaltschaft Nürnberg-Fürth ermittelt sowohl gegen den Guru als auch gegen seine Lebensgefährtin. Der Vorwurf lautet "Misshandlung von Schutzbefohlenen". Den Kindern soll eine ärztliche Behandlung verwehrt worden sein. Die Fälle reichen bis zum Jahr 2002 zurück. So soll es etwa nach einem Fahrradunfall keine ärztliche Behandlung gegeben haben. Zudem sollen die Kinder im Jahr 2002 im Rahmen eines Heilfastens drei Wochen lang keine Nahrung erhalten haben. Wie sich später herausstellte wurden auch dem unter Mukoviszidose leidenden Sohn Medikamente vorenthalten.
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Ermittlungen gegen Gerhard L.

1. Februar 2013: Die Staatsanwaltschaft Nürnberg-Fürth ermittelt sowohl gegen den Guru als auch gegen seine Lebensgefährtin. Der Vorwurf lautet "Misshandlung von Schutzbefohlenen". Den Kindern soll eine ärztliche Behandlung verwehrt worden sein. Die Fälle reichen bis zum Jahr 2002 zurück. So soll es etwa nach einem Fahrradunfall keine ärztliche Behandlung gegeben haben. Zudem sollen die Kinder im Jahr 2002 im Rahmen eines Heilfastens drei Wochen lang keine Nahrung erhalten haben. Wie sich später herausstellte wurden auch dem unter Mukoviszidose leidenden Sohn Medikamente vorenthalten. © dpa

8.Mai 2013: Das gerichtsspsychologische Gutachten ist fertiggestellt und liegt dem Gericht vor. Dem Vater wurde das Gutachten zugeschickt. Es soll ihm die Gelegenheit gegeben werden, Stellung zu nehmen.
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Gutachten ist fertig gestellt

8.Mai 2013: Das gerichtsspsychologische Gutachten ist fertiggestellt und liegt dem Gericht vor. Dem Vater wurde das Gutachten zugeschickt. Es soll ihm die Gelegenheit gegeben werden, Stellung zu nehmen. © dpa

Juni 2013: Der Sorgerechtsstreit zwischen Familie und Jugendamt soll vom Amtsgericht in Erlangen entschieden werden. Die Eltern wohnen den Gerichtsterminen in der typischen Sektenkluft bei. Die für den 2. Juli angesetzte Urteilsverkündung wird zunächst aufgehoben.
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Der Gang zum Amtsgericht Erlangen

Juni 2013: Der Sorgerechtsstreit zwischen Familie und Jugendamt soll vom Amtsgericht in Erlangen entschieden werden. Die Eltern wohnen den Gerichtsterminen in der typischen Sektenkluft bei. Die für den 2. Juli angesetzte Urteilsverkündung wird zunächst aufgehoben. © News5 / Grundmann

5.Juli 2013: Das Gericht entscheidet, dass den Eltern der Sektenkinder in wesentliche Teilen das Sorgerecht entzogen wird.
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Sorgerecht wird entzogen

5.Juli 2013: Das Gericht entscheidet, dass den Eltern der Sektenkinder in wesentliche Teilen das Sorgerecht entzogen wird. © Michael Müller

Die Kinder werden bereits drei Tage nach dem Urteil in Lonnerstadt abgeholt und in eine Einrichtung gebracht. Als die Kinder geholt wurden, hätten sich Vater und Mutter kooperativ gezeigt, bestätigte Gerichtssprecher Michael Hammer.
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Kinder kommen in Einrichtung

Die Kinder werden bereits drei Tage nach dem Urteil in Lonnerstadt abgeholt und in eine Einrichtung gebracht. Als die Kinder geholt wurden, hätten sich Vater und Mutter kooperativ gezeigt, bestätigte Gerichtssprecher Michael Hammer. © Michael Müller

4. August 2014: Das Landgericht Nürnberg-Fürth verurteilt den "Guru von Lonnerstadt" und seine Lebensgefährtin wegen schwerer Misshandlung Schutzbefohlener für schuldig befunden und zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren ohne Bewährung verurteilt. Sie hatten ihrem an Mukoviszidose erkrankten Sohn die notwendigen Medikamente vorenthalten, sodass dieser auf 30 Kilo abmagerte.
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Drei Jahre Freiheitsstrafe

4. August 2014: Das Landgericht Nürnberg-Fürth verurteilt den "Guru von Lonnerstadt" und seine Lebensgefährtin wegen schwerer Misshandlung Schutzbefohlener für schuldig befunden und zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren ohne Bewährung verurteilt. Sie hatten ihrem an Mukoviszidose erkrankten Sohn die notwendigen Medikamente vorenthalten, sodass dieser auf 30 Kilo abmagerte. © dpa

August 2014: Anfang August legte der 55-jährige Guru Revision gegen das Urteil des Landgericht Nürnberg-Fürth ein.
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Revision eingelegt

August 2014: Anfang August legte der 55-jährige Guru Revision gegen das Urteil des Landgericht Nürnberg-Fürth ein. © dpa

Der Bundesgerichtshof Karlsruhe wird sich nun ab 7.Juli 2015 in einer mündlichen Verhandlung mit dem Fall beschäftigen. Da der BGH als Revisionsinstanz tätig ist, werden keine neuen Beweise zugelassen.
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Ein Fall für den BGH

Der Bundesgerichtshof Karlsruhe wird sich nun ab 7.Juli 2015 in einer mündlichen Verhandlung mit dem Fall beschäftigen. Da der BGH als Revisionsinstanz tätig ist, werden keine neuen Beweise zugelassen. © Michael Müller

Der "Guru von Lonnerstadt" und seine Lebensgefährtin sind nach eigener Ansicht zu krank fürs Gefängnis. Die Mutter des Jungen und ihr Lebensgefährte stellten am 9. Februar 2016 einen Antrag auf Strafaufschub. Ein erster solcher Antrag ist bereits eine Woche zuvor abgelehnt worden.
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Haftaufschub beantragt

Der "Guru von Lonnerstadt" und seine Lebensgefährtin sind nach eigener Ansicht zu krank fürs Gefängnis. Die Mutter des Jungen und ihr Lebensgefährte stellten am 9. Februar 2016 einen Antrag auf Strafaufschub. Ein erster solcher Antrag ist bereits eine Woche zuvor abgelehnt worden. © dpa

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