Die Weisendorfer Hauptstraße im Wandel der Zeit

15.6.2014, 14:17 Uhr
Die Weisendorfer Hauptstraße im Wandel der Zeit

© Ingrid Jungfer

So ist am Marktplatz eben erst ein Gastro-Betrieb in die leeren Schulungsräume der Fahrschule Klaus Schulz eingezogen. Hauseigentümer Schulz hatte den Standort vor eineinhalb Jahr verlassen. Der nunmehrige Pächter Minhas Raja Faisel - er lebt und arbeitet seit acht Jahren in Deutschland - bringt reichlich Erfahrung aus seiner Tätigkeit in der Metropolregion mit. Entsprechend groß ist das Angebot aus italienischer, indischer und demnächst wohl türkischer Küche, obwohl er seinen Betrieb schlicht „Peperoni“ nennt. Der Geschäftsmann beschäftigt in der Küche vier Angestellte, dazu einen Fahrer. Denn zum Sieben-Tage-Service per Straßenverkauf gehört auch die Lieferung nach Hause. Bereits im November 2013 hatte „Peperoni“ in zweiter Reihe südlich der Hauptstraße im Birkenhof begonnen, bevor er jetzt an die belebtere Durchgangsstraße gezogen ist.

Im Birkenhof, wo unter gleicher Adresse schon die „Kaminbar“ mit Bar und Bistro in Betrieb gegangen ist, hat jetzt auch das Billardcafé „The 80's Trend“ eröffnet. Die Betreiber Jessy und Martin Lerche kommen aus Fürth und begeben sich mit ihrer Idee einer 80er-Style-Bar mit Musik und Videos aus dieser Zeit auf Neuland. Billardtisch, Bar und Kuschelecken auf der Galerie gehören dazu, um täglich von 17 bis 5 Uhr morgens ein gemischtes Publikum aus der gesamten Region zu unterhalten. Weiter ist im Nebenraum eine Spielothek geplant, noch fehlt die Konzession.

Die Weisendorfer Hauptstraße im Wandel der Zeit

© Ingrid Jungfer

Vor Jahrzehnten bereits gab es unter der Adresse Birkenhof eine bekannte und stark frequentierte Diskothek. Später wechselten sich dann verschiedenste Wirtsleute ab. Auch in den Räumen der Fahrschule florierte noch zu Beginn der 1980er ein gut sortierter Lebensmittelmarkt, im Obergeschoss konnte man Kleidung erstehen. Weiter westlich verkaufte man ebenfalls Lebensmittel, nebenan Wolle, Kurz- und Schreibwaren, Süßigkeiten, was besonders die Schüler auf dem Heimweg schätzten. Beide Ladenflächen sind inzwischen in Wohnraum umgewandelt. Zusätzliche Kolonialwaren gab es eingangs der Kirchenstraße und einige Häuser weiter auf dem Prechtel-Grundstück die Haushaltswaren der „Gusti“. Sie, echtes Original und emsige Geschäftsfrau, hatte nicht nur ein großes Sortiment für Haushalt, Garten, Handwerk, sondern besorgte zuverlässig auf Bestellung, was der Kunde begehrte. Und im Hinterhof florierte die Schmiede.

Geblieben vom vielfältigen Angebot der südlichen Hauptachse ist im Westen die Traditionsmetzgerei Gimberlein. Heute sind in Gustis Laden, ehemals Treffpunkt für Klatsch und soziale Kontakte, ein Bestattungsunternehmen und ein Lernladen untergebracht. Und wo Kolonialwaren samt Salzheringen vom Fass verkauft wurden, residiert seit Jahren eine stark nachgefragte Boutique für Damenmode. Im Osten nahe dem heutigen Kreisel sind von der damaligen Geschäftsmeile das Hotel und Restaurant Zink, die Metzgerei Zink und die Seebach-Apotheke übrig geblieben. In deren Hinterhof gab es bis in die 1990er-Jahre ebenfalls eine alte Schmiede, die von Meister Meyd.

Etwas besser davon gekommen ist die Nordseite der Hauptstraße. Im Westen, gegenüber dem großen Parkplatz, musste nur das Bistro „Galerie“ nach etlichen Pächterwechseln schließen. Der benachbarten Kindermoden-Boutique folgte später ein Versicherungsbüro. Ein Friseursalon hat sich dagegen behauptet.

Bäcker Reuthlingshöfer versorgt wie seit Generationen die Kunden, der altehrwürdige „Goldne Engel“ in der Mitte erfreut sich nach Sanierung und Pächterwechsel großer Beliebtheit. Und am Marktplatz lockt im traditionsreichen früheren Gasthaus Lunz die „Trattoria Pippo Cardelli“. Im ersten Stock hat die Marktschänke seit Jahren ihre Stammgäste, und gleich daneben ist die Bäckerei Gumbmann weiter halbtags mit ihrer Filiale für die Kunden präsent.

Die Kleinigkeit zwischendurch

Neu und mit dem Angebot voll im Trend sind im Zentrum nahe dem Kreisel die beiden Tagescafés. Besonders vom „Brothaus“ aus, das optisch zur Hauptstraße zählt, lässt sich bei Snacks und kleinen Mahlzeiten das Leben in und um den Kreisel beobachten. Denn die Essgewohnheiten haben sich geändert. Eine Kleinigkeit zwischendurch genügt. Deshalb haben - trotz vieler Bemühungen - inzwischen alle Lokale der Hauptstraße unter der Woche den Mittagstisch eingestellt.

Gescheitert ist auch der Versuch, auf der Nordseite der Straße dauerhaft den ehemaligen Standort eines Drogeriemarktes zu beleben. Dorthin war ein Schreibwarengeschäft aus der Neustadter Straße gezogen, mit stark erweitertem Sortiment und neuen Serviceangeboten. Im Sommer gehörte sogar Obst und Gemüse dazu.

Die Nachfrage der Kunden war jedoch zu bescheiden, der durchfahrende Verkehr übersah das seitlich gelegene Geschäft. So scheiterte das ehrgeizige Projekt, die Räume standen wieder leer. Jetzt haucht der neue Pächter, ein Galerist, ihnen mit Ausstellungen wieder Leben ein.

Was ist von der Hauptgeschäftsmeile geblieben? Selbstständige Bäcker und Metzger sind weiter gefragt. Darüber hinausgehendes wie Kolonialwaren gibt es im Zentrum nicht mehr. Dafür sind zwei Damenmode-Boutiquen eingezogen – die zweite liegt in der Neustadter Straße. Das einstmals quirlige Leben der Hauptstraße ist vorbei.

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