Ei-Direktvermarktung: Verrückte Hühner in Adelsdorf

6.9.2017, 09:02 Uhr
Ei-Direktvermarktung: Verrückte Hühner in Adelsdorf

© Fotos: Ralf Rödel

Die Schnürsenkel wirken wohl wie Regenwürmer: Ein knappes Dutzend Hennen pickt nach den Schuhen der Reporterin. Aber, Verzeihung, wir müssen genau sein. Es sind nicht einfach nur verrückte Hühner, es sind Bertas. Bei "crazy chicks", der neuen Firma von Claudia Brandt-Pecher, haben alle Hühnchen Namen. Genauer gesagt heißen alle Berta. Bis auf Waldi, aber dazu kommen wir später.

Erst mal zum Ober"chick". Am 18. August hat Tierliebhaberin Claudia Brandt–Pecher zwei mobile Hühnerställe aufgebaut. "Ei like Adelsdorf" ist das Motto, denn die erste Station für die vollautomatischen Container ist die Grabenäckerstraße im Industriegebiet von Adelsdorf (neben Reifen Luther). Hier hat die 37-Jährige Land gepachtet, damit je knapp 190 Bertas in zwei Freilaufgehegen Gras picken, scharren und im Staub baden können.

Kunde zahlt selbstständig

Wenn alles gut läuft, möchte die Unternehmerin mit ihren mobilen Hühnerställen irgendwann weiterziehen in neue Flecken der Region, die dann Hennen-Zuhause werden. Aber das ist noch Zukunftsmusik. Jetzt startet erst mal der erste Versuchsballon. Bis zur offiziellen Einweihung mit dem Landrat am Donnerstag, 7. September um 15.30 Uhr soll die Verkaufshütte stehen, damit sich Kunden im Direktverkauf LeckerEIen mit dem Siegel "original regional" sichern können. Ähnlich wie beim "Blumen selber schneiden" wird eine Kasse installiert, damit jeder selbstständig zahlt. "Ich bin gespannt, ob das funktioniert", sagt Brandt-Pecher. Sie möchte natürlich nicht nur einen Appel fürs Ei. Die 10er Packung gibt es für drei Euro, das Sixpack für zwei.

Ei-Direktvermarktung: Verrückte Hühner in Adelsdorf

"Transparenz ist mir sehr wichtig", sagt die 37–Jährige. Schließlich gleiche nicht ein Ei dem anderen. Vielmehr möchte die Witwe und zweifache Mutter eine Alternative bieten zu Betrieben mit Massentierhaltung. Deshalb plant sie, auch Kindergarten- und Schulkindern die ganze Geschichte von Henne und Ei näherzubringen. Dazu ist sie in Kontakt mit einer Pädagogin.

Bei ihren eigenen Kindern ist dieser der Ansatz schon jetzt das Gelbe vom Ei. Ole und Malte lieben es, Zeit mit Berta zu verbringen. Seit sie die Tiere vor etwa drei Wochen aus einer Brüterei geholt haben, sind die Hennen schon viel zutraulicher geworden. "Besonders Waldi", erzählt der achtjährige Malte, "er ist eigentlich wie ein Hund." Weil das verrückte Huhn den Jungs immer hinterherläuft und auch gerne mal auf den Arm kommt, hat es eben einen eigenen Namen bekommen.

Claudia Brandt-Pecher hat ihre Liebe zu Tieren und zur Landwirtschaft von ihren Eltern vermittelt bekommen. Die 37-Jährige hat zwei Jagdhunde und ein eigenes Revier, außerdem ist sie Vorführfahrerin für eine zehn Tonnen schwere Maisraupe. Neben ihrer Arbeit als Sekretärin am Lehrstuhl für angewandte Mathematik der Uni Erlangen macht sie an der Abendschule eine dreijährige landwirtschaftliche Ausbildung.

Sie hofft, dass die Eier einen guten Nebenerwerb für die Familie bringen. Deshalb setzt sie nicht nur auf den Direktverkauf. Sie arbeitet auch mit Rewe Schwalb in Adelsdorf zusammen, der ihre Produkte über die Regionaltheke vertreibt. Außerdem kochen die Gaststätte Schmidt in Neuhaus und die Wirtschaft Johann Gerner in Dannberg mit Ei-Like-Eiern.

Wenn der Fuchs kommt

Ei-Direktvermarktung: Verrückte Hühner in Adelsdorf

"Die Hennen legen bis zu einmal am Tag", erzählt Brandt-Pecher. Mehr geht nicht ohne das Hochleistungsfutter, das Industrietiere bekommen. Und darauf verzichtet sie gerne. Aber natürlich sind die Bertas jetzt schon fleißig dabei. Die Eier landen im leicht angeschrägten Nest und rollen dann gleich zur Sammelstation im Container. Dort kann sich Berta frei bewegen. Damit nachts nicht Fuchs und Marder zuschnappen, schließt sich am Abend automatisch eine Klappe — angetrieben über eine Photovoltaikanlage auf dem Dach. "Die Hühner gehen abends freiwillig zum Schlafen in den Stall." Ein Bauer übernimmt den Mist als Dung. "Auch hier ist mir die Regionalität wichtig", sagt die Unternehmerin. "Ich möchte Kreisläufe schaffen".

Aufs Ei gekommen ist sie schon im Herbst 2016, als sie mit der Maisraupe eine Messe in Hannover besucht und dort die mobilen Ställe — einer kostet rund 30 000 Euro — zum ersten Mal gesehen hat.

"Die Idee ist nicht total neu", sagt die Direktvermarkterin. "Aber mein Marketing ist frech und das kommt bei den Leuten gut an." In den sozialen Netzwerken hat sie viele Fans und einige davon kommen auch jetzt schon am Freigehege in Adelsdorf vorbei. Eine runde Sache also.

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